Vermächtnis
Menschen bewohnt. Wenn man sie aufsuchen will, um die Bestände an Vögeln und anderen Tieren und Pflanzen zu erfassen, hat man zwei Möglichkeiten. Erstens kann man unmittelbar mit dem Hubschrauber ins Gebirge fliegen, aber einen Hubschrauber zu chartern ist in Neuguinea schwierig, und noch schwieriger ist es, im bewaldeten Gebirge eine Lichtung zum Landen zu finden. Die Alternative besteht darin, ein Dorf zu finden, das dem Gebirge so nahe ist, dass man die Ausrüstung mit dem Flugzeug, einem Hubschrauber oder einem Boot bis zu der Ansiedlung transportieren kann, um dann von dort aus zu Fuß ins Gebirge zu wandern. Die Geländeverhältnisse sind in Neuguinea so schwierig, dass es praktisch unmöglich ist, Ausrüstung zu einem Gebirgslager zu tragen, das weiter als ungefähr acht Kilometer von einem Dorf entfernt ist. Weiter stellt sich die praktische Schwierigkeit, dass die verfügbaren Landkarten im Umfeld vieler isolierter Gipfel weder die Lage noch die Meereshöhe der höchsten Erhebung oder des am nächsten gelegenen Dorfes zeigen; solche geographischen Informationen muss man sich zunächst durch einen Aufklärungsflug verschaffen.
Ich interessierte mich besonders für einen ganz bestimmten Gebirgszug, der zwar den Berichten zufolge nicht übermäßig hoch war, dafür aber ganz isoliert lag. Also charterte ich ganz am Ende einer meiner Reisen nach Neuguinea, als ich mit der Planung für die Reise des nächsten Jahres begann, ein kleines Flugzeug, flog damit zur Aufklärung längs an dem gesamten Gebirgszug entlang und identifizierte seinen höchsten Gipfel. Im Umkreis von mindestens 40 Kilometern um den Gipfel gab es kein einziges Dorf und auch keine gerodeten Gärten oder sonstige Anzeichen für die Gegenwart von Menschen. Den Gipfel von einem Dorf aus zu erreichen kam also nicht in Betracht; stattdessen war ein Hubschrauberflug notwendig, und der wiederum setzte voraus, dass wir eine natürliche Lichtung fanden, auf der man landen konnte. (Manche Hubschrauber können über dem Kronendach des Waldes schweben, während Passagiere und Fracht mit einer Winde zwischen den Baumkronen bis zum Boden abgeseilt werden, aber das erfordert Spezialhubschrauber und eine besondere Ausbildung.) Auf den ersten Blick scheinen die Wälder Neuguineas zwar eine ununterbrochene Fläche grüner Bäume zu sein, hin und wieder findet man aber natürliche Lichtungen an Stellen, wo ein Erdbeben ein Stück Wald erschüttert und einen Erdrutsch ausgelöst hat, oder an einer Marsch, einem ausgetrockneten Teich, einem Fluss- oder Teichufer oder einem ausgetrockneten Schlammvulkan. Während dieses Aufklärungsfluges machte ich zu meiner Begeisterung eine große, durch einen Erdrutsch entstandene Lichtung aus, die ungefähr 3 bis 4 Kilometer von dem Gipfel entfernt war und nahezu 1000 Höhenmeter tiefer lag. Nach neuguineischen Maßstäben war das eine so große Entfernung, dass man das Lager nicht an dem Erdrutsch einrichten und jeden Tag zur Vogelbeobachtung zum Gipfel wandern konnte. Stattdessen würde es notwendig sein, unsere Ausrüstung mit dem Hubschrauber zu einem ersten Lager an dem Erdrutsch zu bringen, dann einen Pfad zu roden und die Ausrüstung zu einem zweiten Lagerplatz im Wald in der Nähe des Gipfels zu tragen. Das war harte Arbeit, aber durchaus machbar.
Nachdem das Problem, einen Landeplatz für den Hubschrauber zu finden, potentiell gelöst war, stellte sich ein weiteres: Wir mussten uns die Genehmigungen und Unterstützung der einheimischen Grundbesitzer sichern. Aber wie sollte ich das anfangen, wo doch nirgendwo in der Nähe des Gipfels Anzeichen von Menschen zu sehen waren? An wen sollte ich mich wenden? Aus persönlicher Erfahrung wusste ich, dass im östlichen Teil des Gebietes in niedrigeren Höhen Nomaden unterwegs waren. Es gab Berichte, aber keine eindeutigen Informationen, wonach ähnliche Nomaden auch durch das Gebiet weiter westlich in der Nähe des Gipfels streiften, aber ich hatte von ihnen aus dem Flugzeug keine Spur gesehen. Ebenso wusste ich aus Erfahrung, dass Nomaden, die in abgelegenen Gebirgsregionen zu Hause sind, fast immer in niedrigerer Höhe bleiben, wo die Sagopalmen wachsen und ihnen ihr Grundnahrungsmittel liefern. In größere Höhen, in denen die Sagopalmen nicht mehr wachsen, machen die Nomaden bestenfalls hin und wieder einmal einen Jagdausflug, aber ich war schon in mehreren Gebirgen gewesen, in denen sie nicht einmal das taten; dort sind Tiere, die in größerer Höhe heimisch
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