Vermächtnis
bedeutungslos sind, aber geschätzt werden, weil sie Luxus oder Verzierungen darstellen, unterhaltsam sind oder Status verleihen wie beispielsweise Schmuck oder Fernsehgeräte. In der Grauzone dazwischen liegen Gegenstände, die materiell nützlich sind, aber entweder als möglichst billige, funktionsfähige Gegenstände ohne Prestige oder auch als teure, prestigeträchtige Gegenstände die gleiche Funktion erfüllen. Eine Synthetik-Einkaufstasche für zehn Dollar und eine Gucci-Ledertasche für 2000 Dollar eignen sich gleichermaßen gut zum Einkaufen, aber die Letztere verleiht Status, die erste nicht. Dieses Beispiel macht bereits deutlich, dass wir materiell »nutzlose« Luxusgegenstände nicht als nutzlos abtun sollten: Der Status, den sie verleihen, kann gewaltige materielle Vorteile mit sich bringen, beispielsweise in Form von Geschäftsgelegenheiten oder durch die Verführung zukünftiger Ehefrauen oder Ehemänner. Das gleiche Spektrum der »Nützlichkeit« gab es bereits in den ersten Handelsbeziehungen, die sich archäologisch nachweisen lassen: Vor Zehntausenden von Jahren handelten die Cromagnonmenschen mit Obsidian-Speerspitzen, die für die Jagd gebraucht wurden, mit Muschelschalen und Bernstein, die sich ausschließlich als Schmuck eigneten, und mit hübschen, fein bearbeiteten Speerspitzen aus durchsichtigem Quarz. Vermutlich wäre es den Cromagnons niemals eingefallen, ihre Quarz-Speerspitzen für die Jagd zu benutzen und damit zu riskieren, dass sie zerbrachen – ganz ähnlich würden auch wir unsere beste Gucci-Tasche wahrscheinlich nicht benutzen, um den frisch gekauften Fisch, aus dem der entsprechend riechende Saft tropft, vom Markt nach Hause zu tragen.
Ein letzter Aspekt der modernen Märkte ist häufig auch im traditionellen Handel anzutreffen, in anderen Fällen jedoch tritt an seine Stelle in traditionellen Gesellschaften ein Verhalten, das unter uns modernen Menschen kaum eine Entsprechung hat. Wir kaufen etwas vor allem deshalb, weil wir den erworbenen Gegenstand haben wollen (aber nicht um eine persönliche Beziehung zum Verkäufer zu festigen), und wir kaufen es von jemandem, der uns wirtschaftlich ergänzt und uns etwas verkaufen kann, zu dem wir ansonsten keinen Zugang haben oder das wir nicht selbst herstellen können. Normale Verbraucher, die keine Landwirtschaft betreiben, haben beispielsweise keinen Zugang zu eigenen Äpfeln: Sie müssen das Obst von Apfelbauern oder im Lebensmittelhandel kaufen. Apfelbauern kaufen ihrerseits medizinische oder juristische Dienstleistungen bei Ärzten oder Anwälten, die das medizinische oder juristische Wissen besitzen, das den Apfelbauern fehlt. Kein Apfelbauer würde Äpfel an andere Apfelbauern verkaufen oder sie von ihnen kaufen, nur um sich den guten Willen seiner Kollegen zu erhalten. Wie wir noch genauer erfahren werden, handeln auch traditionelle Kleingesellschaften häufig wie moderne Verbraucher und Lieferanten mit Gegenständen, zu denen der eine Beteiligte Zugang hat, der andere aber nicht (beispielsweise wenn es sich um eine Art von Steinen handelt, die nur an einer bestimmten Stelle vorkommt), und ebenso handeln sie mit Objekten, deren Herstellung die eine Seite beherrscht, die andere aber nicht (beispielsweise hoch entwickelte, hochseetüchtige hölzerne Einbaumkanus). Oft wird aber auch mit Dingen gehandelt, die beiden Beteiligten gleichermaßen zur Verfügung stehen; dann dient der Handel vor allem dazu, aus politischen und sozialen Gründen eine Beziehung zu pflegen.
Traditionelle Formen des Handels
Bisher haben wir den Handel aus der Sicht der Mitglieder traditioneller Gesellschaften betrachtet und gefragt, was ihnen an unserer Marktwirtschaft anders und überraschend oder aber vertraut vorkommen würde. Sehen wir uns jetzt einmal die entsprechenden Mechanismen im traditionellen Handel an. Wie ich bereits erwähnt habe, tritt dabei der Austausch von Gegenständen an die Stelle unserer Käufe mit Geld, und gelegentlich werden auch geschätzte Gegenstände, beispielsweise Kaurimuscheln, ein wenig ähnlich wie unser Geld verwendet. Betrachten wir jetzt einmal die traditionellen Entsprechungen für die anderen gerade beschriebenen Aspekte unserer Marktwirtschaft.
Manchmal verhandeln traditionelle Gesellschaften explizit über den Austausch, und beide Gegenstände wechseln zur gleichen Zeit den Besitzer; in anderen Fällen macht aber eine Seite ein Geschenk, und der Empfänger übernimmt damit die Verpflichtung, zu einem nicht
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