Vermählt mit einem Fremden
verabredeten Zeit in Port St Martin. Auf die Idee, dass ich mit auf dem Boot sein könnte, wird Noir nicht kommen, selbst wenn er von dem Schmuggelgeschäft etwas erfährt.“
Harriette saß stumm, den Blick fest auf ihre Hände gerichtet, und ließ sich alles, was Luke ihr offenbart hatte, noch einmal durch den Kopf gehen. Ja, sie verstand, in welcher Zwangslage er steckte, aber auch, dass er jetzt nur darüber gesprochen hatte, weil er ihre Hilfe benötigte. An ihrer Entfremdung hatte das nichts geändert.
Plötzlich sank er vor ihr auf ein Knie nieder und umfing ihre Hände. „Sieh mich an, Harriette. Sag mir, was du wirklich fühlst.“
„Was ich fühle?“ Nein, das durfte er nie erfahren. Als sie aufschaute, verlor sie sich in seinem Blick, zwang sich aber, ruhig und gefasst zu antworten. „Du hättest mir das alles gleich zu Anfang sagen sollen. Nur trautest du mir nicht. Dachtest du, ich würde dich verraten?“
„Ich wagte mich niemandem anzuvertrauen. Nicht einmal Adam wusste etwas.“ Er schwieg eine Weile, dann: „Ich bitte dich nur, mit einer jungen Frau Mitleid zu haben, die ohne Hilfe Demütigung und Schande erleiden wird.“
Mit zuckenden Lippen entgegnete sie: „Ich kann mich wohl kaum weigern.“
Sehr langsam erhob er sich. „Lass mich dir einen Vorschlag machen.“
Herausfordernd sagte sie: „Was würdest du mir zu bieten haben?“
Er hörte den scharfen Ton, reagierte jedoch nicht, außer dass er die Lippen kurz zusammenpresste. „Ich werde dich freigeben – damit du dein eigenes Leben führen kannst. Ich habe dich geheiratet, um dich vor Skandal und Klatsch zu schützen. Wenn ich die Scheidung einreiche, werde ich alle Schuld auf mich nehmen, sodass dein Ruf rein bleibt. Und ich werde dir eine Apanage aussetzen, die es dir erlaubt, dieses Haus vollständig zu renovieren.“
Seine Worte trafen Harriette wie eine Ohrfeige. Er wollte sie loswerden! Wie kalt er das geplant hatte! „Du bist sehr großzügig“, erwiderte sie mit steifen Lippen.
„Ich denke, du möchtest nicht länger an mich gebunden sein.“
„Nein? Du hast mich nicht gefragt.“
„Ich sagte dir sehr hässliche Dinge – was ich bedauere –, da kann ich wohl kaum erwarten, dass du weiter mit mir leben möchtest. Könnte ich denn Verzeihung erhoffen, nachdem ich dich so sehr verletzt habe? Du hast mich verlassen – und es ist allein meine Schuld.“
„Ja, ich habe dich verlassen.“ Sie stockte, bis sie ihre Stimme wieder beherrschen konnte. Die Spannung zwischen ihnen stieg ins Unerträgliche. Harriette wagte nicht einmal zu blinzeln, besonders, da Luke wie flehend eine Hand hob, so als hätte er das unterdrückte Schluchzen in ihrer Stimme gehört.
„Harriette …“
Die Tür öffnete sich, und Adam kam herein. „Hast du dich entschieden, Harriette?“, fragte er unbefangen. „Ach, ich habe übrigens für eine Erfrischung gesorgt.“
„Mich entschieden?“ Sie schenkte dem jungen Mann ein munteres Lächeln, so hart es sie auch ankam. „Wie könnte ich mich weigern, eine junge Frau zu retten? Noch dazu, wenn es mir meine Freiheit und eine nette Apanage beschert?“ Dabei spähte sie unter gesenkten Wimpern zu Luke auf.
Der seufzte tief, nahm ihre Hände und zog sie an seine Lippen. „Du weißt nicht, was das für mich bedeutet.“
„Oh, das weiß ich sehr gut. Du erfüllst deine Pflichten deinem verstorbenen Bruder gegenüber und bekommst deine Freiheit obendrein, wie ich die meine.“
„Nein, das wollte ich nicht …“
„… nicht sagen? Aber du meintest es, nicht wahr? Wie schwer wurde es dir, eine Schmugglerin um Hilfe zu bitten? Wie konntest du das mit deinem Stolz vereinbaren?“ Sie stand auf und ging schnellen Schrittes zur Tür, wo sie sich noch einmal umwandte. „Um Marie-Claudes und ihres Kindes willen werde ich dich nach Port St Martin bringen.“
„Nein!“
„Wie, nein? Darum geht es dir doch.“
„Nein, George Gadie soll das Boot segeln. Deine Aufgabe ist nur, alles zu organisieren. Du kommst nicht mit.“
„Und warum nicht?“, fragte sie gefährlich ruhig.
„Niemand weiß, wie es ausgeht! Ich will nicht, dass du dein Leben riskierst.“
Sie richtete sich steif auf und sah ihn durchdringend an. „Die Ghost gehört mir, ich bestimme, wer sie segelt. Entweder ich oder niemand.“
„Ich will nicht, dass du dich in Gefahr begibst!“
„Dir bleibt wohl nichts anderes übrig.“ Kriegerisch schaute sie ihn an. „Die Ghost gibt es nur mit Captain Harry. Du wirst
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