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Vermählt mit einem Fremden

Vermählt mit einem Fremden

Titel: Vermählt mit einem Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ANNE O'BRIEN
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mir nicht vorschreiben, wer mein Schiff steuert! Wenn es sein muss, fahre ich, um die Frau zu retten, auch ohne dich.“
    „Das wagst du nicht!“
    „Ich würde nicht darauf wetten!“, fauchte sie. Ihr war nicht geheuer zumute, aber sie würde Luke nicht allein, ohne sie, in die Höhle des Löwen schicken.
    Lucius sah, dass er machtlos war. Er fluchte unterdrückt, dann sagte er mit verzerrtem Lächeln: „Also fahren wir gemeinsam. Aber wenn wir dann dort sind, wirst du meinen Anweisungen folgen, hörst du?“
    Harriette stutzte, dann nickte sie. „Ja, das akzeptiere ich. Und nun entschuldige mich – ich muss Wiggins Beine machen.“ Schnell entfernte sie sich, damit niemand ihre aufsteigenden Tränen sah.
    Während Lucius ihr nachschaute, war ihm, als hätte er gerade sein kostbarstes Kleinod verloren. Er hatte alles falsch gemacht, und obwohl er nun die Chance hatte, über Noir zu siegen und das Geheimnis um Marie-Claude de la Roche zu lösen, war er nicht glücklich. Wie Harriette sich daraufgestürzt hatte, ihn loszuwerden! Doch konnte er sie tadeln? Welche stumme Botschaft hatte er ihr denn mit seinem Verhalten vermittelt? Wie plump er vorgegangen war! Gerade eben hatte er sich allen Lebensglücks beraubt, für immer musste er nun ohne sie auskommen. Dabei war seine Freiheit das Letzte, was er wollte.
    Harriette hockte in ihrem Schlafzimmer auf dem Erkersitz und starrte mit tränenverhangenem Blick über die Bucht hinaus. Tränen wegen der junge Witwe mit ihrem Kind, die hilflos in den Klauen eines Schurken wie Noir steckte, Tränen wegen Luke, der in einer solchen Zwickmühle saß. Und Tränen ihrer selbst wegen. Hatte sie nicht geglaubt, wenn er ihr nur die Wahrheit sagte, würde zwischen ihnen alles gut werden? Und nun waren sie einander ferner denn je.
    Dank seines wahrhaft großzügigen Angebots würde sie frei, ohne finanzielle Sorgen leben können, mit intaktem Ruf. Was wollte sie mehr?
    „Dich will ich, Luke! Ich will deine Frau bleiben, dich lieben bis ans Ende meiner Tage“, flüsterte sie vor sich hin. So, wie sie ihn seit jener Nacht liebte, als er leblos zu ihren Füßen lag.
    Doch du wirst ihn nicht bekommen. Zwar weißt du nun, dass er kein Verräter und Spion ist, doch er will dich nicht und sagte dir nur die Wahrheit, weil er deine Hilfe braucht.
    Welche Ironie! Ein Handel besiegelte ihre Ehe, und mit einem weiteren endete sie.
    Nun gut, sie würde ihren Teil erfüllen; um eine junge Frau zu retten, würde sie mit der Lydyard’s Ghost noch eine Fahrt machen, dann war Schluss mit dem Freihandel. Sollte Alexander das Geschäft fortsetzen! Und sie würde ein unglückseliges Intermezzo aus ihrem Leben streichen können. Doch warum machte der Gedanke sie so elend?

11. KAPITEL
    Die schmale Mondsichel warf kaum Licht auf die glatte, finstere See, während die Lydyard’s Ghost entlang der französischen Küste leise dem Hafen entgegenglitt. Harriette stand am Ruder und hielt Ausschau nach dem verabredeten Lichtzeichen. Furcht und düstere Vorahnungen plagten sie wie nie zuvor, denn nie zuvor hatten sie bei einem Törn so viel riskiert. Bisher hatten sie immer draußen vor der Küste geankert und dort die Fracht entgegengenommen. Heute nun würden sie neben anderen Fischkuttern am Kai anlegen müssen. Und dieses Mal ging es um viel mehr als simples Beladen.
    Sie schaute zu dem Mann an ihrer Seite, der, in einen weiten dunklen Mantel gehüllt, fast mit der Nacht verschmolz. Bei jedem Handgriff war sie sich seiner Gegenwart bewusst und der Tatsache, dass sie zum letzten Mal beisammen waren. Nach diesem Unternehmen würde sie ihn nie wiedersehen.
    Schluss mit diesen Gedanken! Sie musste sich auf ihre Aufgabe konzentrieren, wenn sie nicht alle in einem französischen Gefängnis enden wollten.
    Das Unternehmen wäre sowieso fast an Alexander gescheitert, mit dem sie eine abscheuliche Auseinandersetzung auszufechten hatte, ehe er sich endlich bereit erklärte, mit Monsieur Marcel Kontakt aufzunehmen und das Organisatorische, wie er es sonst immer getan hatte, abzuwickeln. Aus einem ihr unverständlichen Grund sträubte er sich in dem Moment, als er erfuhr, dass unter dem Vorwand einer Schmuggelfahrt Luke und sein Bruder nach Frankreich gebracht werden sollten. Erst als sie drohte, ihren Segler in Zukunft nie wieder für einen Törn zur Verfügung zu stellen, hatte er widerwillig nachgegeben.
    Da! Am Ufer blitzten die Lichter auf! Sie konnten einlaufen. Geschickt manövrierte Harriette den Kutter in

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