Vermählung um Mitternacht
zu. Allmählich wurde sie schwach. Mit jedem Tag war sie geneigter, um mehr als einen bloßen Kuss zu flehen. Und Alec hatte sie durch seine Blicke und seine Berührung wissen lassen, dass er dazu sofort bereit wäre.
Wenn sie nicht bald einen Weg fand, ihren störrischen, lüsternen Gatten zu bekehren, würde sie bald ebenso in Sünde versinken. Doch mit derartig unangenehmen Gedanken wollte sie sich jetzt nicht den Tag verderben. Sie riss sich zusammen und trat ins Büro.
Der Pfarrer erhob sich vom Kopfende des Tisches und lächelte ihr freundlich entgegen. »Da sind Sie ja, meine Liebe. Wir wollten gerade anfangen.«
»Wird auch Zeit, dass Sie kommen«, knurrte Lord Kennybrook und warf ihr unter seinen grauen, buschigen Brauen hervor einen scharfen Blick zu. »Zu spät. Typisch Frauenzimmer. Und das, nachdem Sie verlangt haben, dass wir unsere Zusammenkünfte auf eine derartig nachtschlafende Stunde verlegen.«
Julia lächelte. »Wollen Sie mich provozieren, Lord Kennybrook? Ich sollte Sie darauf aufmerksam machen, dass Ihnen dies nicht gelingen wird.«
Er blinzelte. »Warum nicht?«
»Weil ich dafür einfach nicht genügend Energie aufbringen kann. Ich habe letzte Nacht nicht viel geschlafen.« Oder die Nacht davor. Eigentlich hatte sie seit ihrer Hochzeit nicht mehr richtig gut geschlafen.
»Haben kein Auge zugemacht, wie?« erkundigte sich Lord Burton. »Sie kommen gerade rechtzeitig. Eben wollte uns Tumbolton eine seiner seltsamen philosophischen Vorstellungen vortragen.« Lord Kennybrook schnaubte. »Das macht den stärksten Mann schwach, wenn er sich einen solchen Unsinn anhören muss, noch bevor die Sonne richtig aufgegangen ist.«
Julia betrachtete die kleine Gruppe am Tisch mit einem liebevollen Lächeln. Die ungleiche Ansammlung von Männern, die den Vorstand der Vereinigung ausmachten, hatte sich auf Drängen des Pfarrers zusammengefunden. Alle waren wohlhabende, einflussreiche Herren, die ihre Zeit und ihr Wissen großzügig zur Verfügung stellten um der einfachen Freude willen, anderen zu helfen. Julia liebte sie alle von Herzen - seit sie Boston verlassen hatte, kamen sie ihr manchmal fast vor wie ihre Familie.
Reverend Ashton hob ein Blatt Papier hoch und betrachtete es durch seine Brille. »Es freut mich, Ihnen mitteilen zu können, dass die ,Vereinigung für Frauen in Not im Augenblick über so viel Geld verfügt, dass sie jede Menge Geschäfte einrichten könnte.« Mr. Tumbolton beugte sich über das Papier. »Ich muss schon sagen, eine stolze Summe.« Er hustete. Das quälende Geräusch brachte die Versammlung zum Schweigen.
Dr. Crullen seufzte. »Sie sollten nicht in London sein, Tumbolton. Für Ihre Lungen ist die Luft hier Gift.«
Julia nahm einen schwachen Pfefferminzgeruch wahr. Für seine jungen Patienten trug der Arzt immer einen Vorrat Bonbons mit sich herum, doch Julia hatte den Verdacht, dass er die meisten selbst lutschte.
Tumbolton presste ein Taschentuch an seine farblosen Lippen und atmete keuchend ein und aus. »Ich kann noch nicht weg, Doktor. Ich bin gerade dabei, meine neue Theorie zu entwickeln. Nächsten Monat muss sie beim Verleger sein.«
»Wenn Sie so weitermachen, werden Sie bald gar nichts mehr tun können«, warnte Lord Burton mit zitterndem Kinn. »Aber ich muss einräumen, dass wir Sie bei der Entscheidung brauchen, wofür wir das Geld unseres neuen Wohltäters, wer auch immer er sein mag, verwenden wollen.«
Lord Kennybrook warf Julia einen scharfen Blick zu. »Dieser neue Wohltäter macht mir Sorgen. Irgendwas stimmt nicht mit ihm, da bin ich mir sicher.«
Lord Burton nickte. »Eine Schande, dass wir unseren letzten Geldgeber verloren haben. Er war ein großer Mann. Ich dachte immer, John...«
»In der Tat«, unterbrach Lord Kennybrook.
»O ja«, erwiderte Burton hastig. Schuldbewusst guckte er zu Julia hin. »Ich sag ja schon nichts mehr.«
Reverend Ashton schenkte der Versammlung ein trauriges Lächeln. »Wir haben leider immer noch keine Lösung für unser Problem gefunden. Ich fürchte allmählich, dass wir nie eine finden werden.«
»Hmmpf. Ich halte die Wurstfabrik immer noch für eine gute Idee«, erklärte Lord Kennybrook. »Es besteht eine Riesennachfrage und nicht genügend Angebot. Hat mir mein eigener Koch erzählt. Genau der richtige Zeitpunkt dafür.«
Julia schüttelte den Kopf. »Das ist doch viel zu unsauber.«
»Unsinn«, erwiderte er abschätzig. »Ist doch lauter frisches Fleisch. Was wäre besser geeignet?«
Sie rümpfte
Weitere Kostenlose Bücher