Vermaehlung um Mitternacht
Therese die Hand entgegen, aber sie wandte sich ab. Mit geballten Fäusten drehte er sich zur Herzoginwitwe um und verbeugte sich ruckartig. „Euer Gnaden, ich möchte mich nun verabschieden. Bitte verzeihen Sie jedweden Schaden, den mein Fehler verursacht haben könnte.“
Julia empfand eine Spur Mitleid. Der junge Mann mit den verträumten Augen und dem fliehenden Kinn hatte gegen Thereses Schönheit einfach keine Chance gehabt.
Die Witwe bedeutete ihm zu gehen. „Aber ja, aber ja.“ Bentham verbeugte sich und verließ den Raum, nachdem er Therese einen letzten schmerzerfüllten Blick zugeworfen hatte.
„Das war aber mal interessant“, meinte die Dowager Duchess of Roth. Kritisch beäugte sie das Gemälde. „Vielleicht sollte ich es für meinen Salon ersteigern, wer es auch ist.“
„Zweihundert Pfund“, knurrte Alec.
Julia blinzelte. „Aber das bin doch nicht mal ich.“ „Zweihundert Pfund“, wiederholte er mit einem abweisenden Blick in ihre Richtung.
Sie wusste, dass ihn sein Stolz zum Mitbieten bewog, doch erleichterte es sie trotzdem. Bei der Vorstellung, das Bildnis könnte in einem fremden Salon landen, wo es dann Gesprächsstoff zahlloser Dinnergesellschaften wäre, verursachte ihr Übelkeit.
Die Herzoginwitwe nickte. „Sehr korrekt, Lord Hunterston. Die Augen haben wirklich eine ganz schockierende Ähnlichkeit mit denen Ihrer Frau. Ich werde nicht gegen Sie bieten, Sie können das Gemälde mit meinem Segen haben.“
Von der anderen Saalseite kam Nicks schleppende Stimme. „Dreihundert Pfund.“
Die Herzoginwitwe riss die Augen auf. „Du liebe Güte! “
Alec verkniff sich einen Fluch. „Vierhundert.“
Ohne die wachsende Spannung zu bemerken, klatschte die Herzoginwitwe in die Hände. „Wundervoll, Hunterston. Wusste ich doch, dass Sie die Kunst lieben.“
Nick schlenderte nach vom und verbeugte sich spöttisch vor Julia. Er hatte ein blaues Auge, zweifellos eine Trophäe seiner gestrigen Auseinandersetzung mit Alec bei White’s. „Habe die Ehre, Cousine Julia.“
Julia erwiderte den Gruß mit einem kaum noch wahrnehmbaren Nicken. Sie wusste zwar nicht, ob er dieses Debakel geplant hatte, aber zumindest war sie sicher, dass er es in vollen Zügen genoss.
Mit einem Lächeln wandte er sich an die Herzoginwitwe. „Ich glaube fast, Alec hat entdeckt, dass er die Kunst mehr liebt, als er je für möglich gehalten hat. Zu seinem Pech teile ich seine Vorliebe.“
„ Fünf hundert“, knurrte Alec wütend.
Nick lachte leise. „Du hast dich soeben selbst überboten.“
Alec verzog keine Miene. „Sechshundert.“
Die Menschenmenge raunte erstaunt. Julia hatte Alec noch nie so verbissen erlebt. Breitbeinig und mit verschränkten Armen stand er da, zum Sprung bereit.
„Ach herrje, sind wir aber entschlossen“, spöttelte Nick. Er musterte Alec abschätzig. „Aber leider kann ich mir eine so selten schöne Gelegenheit wirklich nicht entgehen lassen.“ Er drehte sich zu dem Gemälde um und richtete sein Lorgnon unverschämt lange auf die üppigen Hüften. „Ich möchte es für mein Schlafzimmer. Achthundert.“
Stille kehrte ein, während alle auf Alec blickten. „Eintausend Pfund.“
Sogar Julia keuchte erschrocken auf, doch Alec stand völlig ungerührt da und sah Nick zornglühend in die Augen.
Die Herzoginwitwe trat vor. „Wie großzügig von Ihnen, bei unserer Wohltätigkeitsversteigerung so viel zu bieten, Lord Hunterston. Bestimmt wird Lord Bridgeton Ihnen Ihr Anrecht auf dieses schöne Gemälde nun zugestehen.“
Nick schnippte ein imaginäres Stäubchen von seiner Manschette und zuckte mit den Schultern. „Es ist schließlich nur ein Gemälde.“
Mit anmutigem Nicken bedeutete die Herzoginwitwe Lord Dunston, mit dem nächsten Objekt weiterzumachen. Und obwohl die Gäste die ärgerliche Tendenz zeigten, Alec und Nick weiter zu beobachten, wurde das Bieten wieder aufgenommen.
Julia hätte vor Erleichterung beinahe laut aufgeseufzt, als Nick schließlich das Interesse an der Auktion verlor und in der Menge verschwand.
Die Versteigerung dauerte noch eine Stunde, und Julia konnte es kaum erwarten, mit Alec zu reden. Doch sie traute sich nicht, mit ihm zu sprechen, während so viele Leute um sie herumstanden. Deshalb fiel Julia ein Stein vom Herzen, als das letzte Gebot gemacht war.
Als das kleine Orchester auf ein Zeichen der Herzoginwitwe einen Walzer anstimmte, streckte Alec die Hand aus und führte Julia zum Tanz. Sobald keine Gefahr mehr bestand, dass
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