Vermaehlung um Mitternacht
Vertrauen und merkwürdig erregt. Sie redete sich ein, dass sie seine Aufmerksamkeiten gar nicht wolle, sich nicht nach seiner Berührung sehne, doch in Wirklichkeit träumte sie von nichts anderem, seit sie ihn vor vier Jahren zum ersten Mal gesehen hatte. Verboten attraktiv und gefährlich war er damals in den Ballsaal der Seftons geschlendert und hatte ihr, ehe sie sich noch dessen bewusst war, das Herz gestohlen. Aber das änderte nichts an der kalten, unangenehmen Wahrheit: Alec liebte sie nicht.
Ihr Stolz brachte sie dazu, aufzustehen und ihm finster in die Augen zu schauen. „Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, dass ich irgendetwas verderben könnte. Schließlich gehört das halbe Vermögen mir, ich wäre doch dumm, mir das entgehen zu lassen.“
Sein Lächeln schnitt ihr kalt ins Herz. „Ah ja, das Geld. Vielleicht ist es das, woran du denkst, wenn du in deinem kalten, einsamen Bett liegst.“ Unfreundlich verzog er den Mund. „Wenn du so sehr hinter dem Geld her bist, gibt es auch noch einen anderen Weg, mit dem wir uns das Vermögen sichern können. Die Testamentsvollstrecker haben erklärt, sie würden das Vermögen sofort übertragen, wenn du ein Kind von mir erwarten würdest. Der Gedanke ist verlockend.“ Er musterte sie Besitz ergreifend. „Sehr verlockend.“
Ein Kind? Darüber hatte sie noch gar nicht nachgedacht. Wäre es nicht herrlich, einen kleinen Jungen zu haben mit Alecs grauen Augen ... Was war nur in sie gefahren? Ihr Ehemann erzählte ihr gerade, er habe beschlossen, mit ihr ins Bett zu gehen, aber nicht aus Liebe, sondern um einige Männer gnädig zu stimmen, die er freimütig als alte Narren bezeichnete! Nun, er konnte sich eine andere Frau suchen. „Ohne Liebe bringe ich kein Kind auf diese Welt.“
„Was weißt denn du schon von der Liebe?“
Bevor sie sich zurückhalten konnte, hatte sie schon geantwortet: „Ich kenne sie seit vier Jahren.“
Zornig funkelte er sie an. „Wer?“
Da Julia befürchtete, er könne ihr die Antwort am Gesicht ablesen, wandte sie sich um und ging zur Tür. „Unsere Gäste warten.“ Er packte sie am Arm und wirbelte sie herum. „Wer?“
Julia entzog sich ihm und maß ihn mit ebenso zornigen Blicken. „Ist das denn wichtig?“
Einen langen Moment starrte er sie nur wütend an, dann ließ er die Hände sinken, als widerte ihn ihr Anblick an. Wortlos trat er ans Fenster und lehnte sich daran, mit dem Rücken zu ihr, den Kopf gesenkt.
Julia kämpfte gegen Tränen der Wut an, die ihr in die Augen stiegen. Warum wühlten die Auseinandersetzungen mit ihm sie immer so auf? Er war stolz, arrogant und unglaublich selbstsüchtig. Sie betete Alec nun nicht mehr aus der Ferne an, sie kannte seine Fehler und Schwächen, und trotz allem liebte sie ihn mehr, als sie es je für möglich gehalten hätte. Sie durfte nicht zulassen, dass er noch mehr von ihrem Herzen Besitz ergriff.
Entschlossener denn je rauschte Julia aus dem Raum. Was auch passieren mochte, sie würde dafür sorgen, dass an diesem Abend alles absolut glatt ging. Das ganze Haus glänzte - das Holz war poliert, die Porzellannippes gut abgestaubt und die Teppiche geklopft. Der verlockende Duft des Abendessens, ein Beweis für Mrs. Winstons Meisterschaft, zog durch das Haus. Ermutigt riss Julia sich zusammen und ging ihre Gäste begrüßen.
Alles ruhte nun auf Desirees schmalen Schultern. Der Gedanke war irgendwie gar nicht tröstlich.
21. KAPITEL
Auf Lady Birlingtons Vorschlag hin hatte Julia so viele Gäste eingeladen, wie sie in dem kleinen Speisesalon in Hunterston House unterbringen konnte. Das Dinner begann recht gut, die Gäste waren voneinander sehr beeindruckt und hocherfreut, in eine so exklusive Runde geladen worden zu sein. Mrs. Winston hatte ein vortreffliches Mahl gezaubert, und Burroughs servierte mit einer Würde, die dem Dinner einen wahrhaft königlichen Anstrich verlieh.
Während Burroughs die Suppe herumreichte, kam Desiree hereingetrippelt, um auf der Anrichte den nächsten Gang zu arrangieren. Julia sah ihr nach, als sie wieder Richtung Küche entschwand. Alec würde seine Worte noch an diesem Abend zurücknehmen müssen; davon war Julia überzeugt.
Der erste Gang verlief reibungslos, die Unterhaltung plätscherte dahin, und Desiree erledigte ihre Pflichten mit makelloser Anmut.
Lord Hewlett legte seinen Löffel hin und seufzte. „Die beste Schildkrötensuppe, die ich je gegessen habe.“
„Ich muss unbedingt das Rezept haben“, sagte Lady
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