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Vermiss mein nicht

Vermiss mein nicht

Titel: Vermiss mein nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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ich zu der Gruppe gestoßen war, sein Schweigen. »Möglicherweise hat Helena nicht ganz Unrecht. Könnte doch gut sein, dass wir tot sind.«
    Bernard und Joan stöhnten, Derek begann wieder auf seiner Gitarre zu klimpern und leise vor sich hin zu singen: »Wir sind tot, wir sind tot, wir sehn nicht mehr das Morgenrot.«
    Bernard schnalzte tadelnd mit der Zunge und goss etwas Tee aus einer Porzellankanne in eine Tasse, die er mir samt Untertasse überreichte. Und das mitten im Wald! Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen.
    »Wenn wir tot sind, wo sind dann bitte meine Eltern, Helena?«, schimpfte Joan, schüttete eine Packung Kekse auf einen Porzellanteller und stellte diesen vor mich. »Und wo sind all die anderen toten Menschen?«, legte sie nach.
    »In der Hölle«, antwortete Helena mit singender Stimme.
    Markus grinste und schaute schnell weg, damit Joan es nicht sehen konnte.
    »Und was bringt dich zu der Annahme, dass wir im Himmel sind? Vor allem du?«, ereiferte sich Joan, während sie ihren Keks in den Tee tunkte und gerade rechtzeitig wieder herauszog, bevor er sich in Wohlgefallen auflöste.
    Derek klimperte weiter und sang schlecht gereimt: »Ist das hier der Himmel oder die Hölle? Ich kann’s dir nicht sagen so ganz auf die Schnölle!«
    »Hat außer mir keiner das goldene Tor und die Engelschöre bemerkt, als wir reingekommen sind?«, schmunzelte Helena.
    »Du bist durch kein goldenes Tor gekommen, von wegen«, widersprach Bernard und schüttelte heftig den Kopf. Dann sah er mich an, aber sein Hals zitterte weiter, als er wiederholte: »Sie ist nicht durch ein goldenes Tor gekommen.«
    Munter sang und klimperte Derek weiter: »Ich kam nicht durch ein goldnes Tor und hört’ auch keinen Engelschor.«
    »Ach, sei still«, fuhr Joan ihn an.
    »Sei still«, echote er singend.
    »Das ist unerträglich.«
    »Das ist unerträglich, und ich such die Tür ganz kläglich.«
    »Ich werd
dich
gleich vor die Tür setzen«, wies ihn Helena zurecht, aber schon mit weniger Nachdruck.
    Er klimperte weiter, aber die anderen verfielen in Schweigen, während sie über seine letzten Textzeilen nachdachten.
    »Die kleine June, Pauline O’Haras Tochter, war erst zehn, als sie gestorben ist«, fuhr Bernard schließlich in seiner Argumentation fort. »Ein Engelchen wie sie würde bestimmt in den Himmel kommen, und sie ist nicht hier, damit ist deine Theorie ja wohl vom Tisch«, verkündete er hoch erhobenen Hauptes. »Also sind wir nicht tot.«
    »Entschuldige, aber hier sind bloß die über Achtzehnjährigen«, entgegnete Helena gelangweilt. »Petrus steht mit verschränkten Armen und Kopfhörer unten am Tor und kriegt seine Anweisungen direkt von Gott.«
    »So was kannst du doch nicht behaupten!«, fauchte Joan.
    »Ich kann nicht raus, ich kann nicht rein, Sankt Petrus, das ist aber gar nicht fein«, sang Derek mit heiserer Stimme. Auf einmal hielt er inne und sagte endlich etwas normal: »Hier ist nicht der Himmel, sonst wäre Elvis da.«
    »Oh, na
dann
«, meinte Helena sarkastisch und verdrehte die Augen.
    »Tja, aber wir haben unseren eigenen Elvis, oder nicht?«, kicherte Bernard mit einem gekonnten Themenwechsel. »Sandy, wussten Sie, dass Derek früher in einer Band gespielt hat?«
    »Woher sollte sie das wohl wissen, Bernard?«, erwiderte Helena genervt.
    Aber Bernard achtete nicht auf sie. »Derek Cummings«, stellte er den Klimperer vor. »In den Sechzigern der heißeste Tipp von St. Kevin’s.« Alle lachten.
    Aber mich überlief es eiskalt.
    »Wie habt ihr euch nochmal genannt? Ich hab’s leider mal wieder vergessen«, erkundigte sich Joan lachend.
    The Wonder Boys, dachte ich mit klopfendem Herzen.
    »The Wonder Boys, Joan, The Wonder Boys«, antwortete Derek fröhlich.
    »Erinnert ihr euch an die Feten freitagsabends?«, fragte Bernard aufgeregt. »Da stand Derek auf der Bühne und hat Rock’n’Roll gespielt, und Father Martin hätte fast eine Herzattacke gekriegt, weil er dermaßen mit den Hüften gewackelt hat.« Wieder lachten alle.
    »Wie hieß der Tanzschuppen nochmal?«, überlegte Joan laut.
    »Oje.« Bernard schloss die Augen und versuchte daraufzukommen.
    Auch Derek hörte auf zu klimpern und dachte angestrengt nach.
    Aber Helena kümmerte sich nicht um sie, sondern sah mich unverwandt an. »Ist Ihnen kalt, Sandy?« Ihre Stimme klang weit weg.
    Finbar’s Hall. Einfach so tauchte der Name in meinem Kopf auf. Jeden Freitagabend gingen alle dorthin.
    »Finbar’s Hall«, fiel es endlich

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