Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vermiss mein nicht

Vermiss mein nicht

Titel: Vermiss mein nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
Vom Netzwerk:
aufgeben. Schließlich hatten ihm die Telefonate mit Sandy in einer Woche mehr Hoffnung eingeflößt als alles andere, was im ganzen letzten Jahr unternommen worden war. Ihre Gespräche hatten ihm gezeigt, dass sie ihn nicht im Stich lassen würde.
    Irgendwann würde er Gloria alles erzählen, ganz bestimmt. Vorsichtig streckte er die Hand aus, um ihre Schulter zu berühren und sie sanft zu schütteln, aber auf halbem Weg blieb seine Hand in der Luft hängen. Vielleicht war es besser zu warten, bis er wieder etwas von Sandy hörte. Gloria seufzte schläfrig und räkelte sich.
    Dann drehte sie sich auf die Seite und wandte Jack und seiner noch immer ausgestreckten Hand den Rücken zu.

Vierzehn
    Eine Woche vor dem geplatzten Treffen mit Sandy hatte Jack leise die Schlafzimmertür hinter sich zugezogen, durch die man direkt ins Wohnzimmer kam, um Gloria nicht zu stören. Die Gelben Seiten, die aufgeschlagen auf der Couch lagen, starrten ihn an, während er durchs Zimmer wanderte, ein Auge aufs Telefonbuch, das andere auf die Tür gerichtet. Er fuhr mit dem Finger die Seite entlang bis zum Eintrag von »Licht im Dunkeln«. Seine Schwester Judith und er hatten versucht, ihre Mutter zu einem Beratungsgespräch für Angehörige bei »Licht im Dunkeln« zu bewegen, doch sie hatte sich geweigert, mit Fremden über ihre Gefühle und ihren Kummer zu sprechen. Direkt unter der Anzeige war die Nummer von Sandy Shortts Agentur für Personensuche aufgelistet. Schließlich fasste er einen Entschluss, nahm sein Handy, stellte den Fernseher an, damit man seine Stimme nebenan nicht hörte, und wählte die Nummer, die sich ihm auf den ersten Blick ins Gedächtnis eingebrannt hatte. Es klingelte zweimal, dann meldete sich eine Frauenstimme.
    »Hallo?«
    Auf einmal wusste Jack nicht mehr, was er sagen wollte.
    »Hallo?«, wiederholte die Frau etwas sanfter. »Gregory, bist du das?«
    »Nein.« Endlich fand Jack seine Stimme wieder. »Ich heiße Jack, Jack Ruttle. Ich hab Ihre Nummer aus den Gelben Seiten.«
    »Oh, tut mir leid«, entschuldigte sich die Frau, jetzt wieder in ihrem ursprünglichen nüchternen Tonfall. »Ich hatte jemand anderes erwartet. Ich bin Sandy Shortt«, fügte sie erklärend hinzu.
    »Hallo, Sandy.« Nervös wanderte Jack in dem kleinen unordentlichen Zimmer hin und her, wobei er gelegentlich über eine Falte in den ungleichmäßig ausgerollten, nicht zueinander passenden Teppichen stolperte, die den alten Holzboden schmückten. »Entschuldigen Sie, dass ich so spät anrufe.« Komm zur Sache, ermahnte er sich, während er seine Schritte noch beschleunigte, dabei aber die Schlafzimmertür keine Sekunde aus den Augen ließ.
    »Ach, machen Sie sich deswegen keine Sorgen. Ein Anruf um diese Zeit ist der Traum jedes schlaflosen Menschen. Was kann ich für Sie tun?«
    Er blieb stehen und stützte den Kopf in die Hand. Was machte er da bloß?
    Sandys Stimme klang auf einmal wieder ganz sanft. »Ist jemand aus Ihrem Bekanntenkreis verschwunden?«
    »Ja.« Mehr bekam Jack nicht heraus.
    »Wie lange ist es her?« Er hörte ein Rascheln, als suchte sie sich etwas zu schreiben.
    »Ein Jahr«, antwortete er und kauerte sich auf die Armlehne des Sofas.
    »Wie heißt die Person, die vermisst wird?«
    »Donal Ruttle.« Er musste schlucken, ein dicker Kloß saß ihm in der Kehle.
    Nach einer kurzen Pause fragte sie: »Also offenbar ein Verwandter, ja?«
    »Mein Bruder.« Seine Stimme versagte, und er wusste, dass er nicht weitermachen konnte. Er musste damit aufhören, er musste die Sache endlich ad acta legen und ruhen lassen, so wie der Rest der Familie. Das zeigte ihm dieses Telefonat. Wie sollte irgendeine Frau aus dem Telefonbuch, die nicht schlafen konnte und zu viel Zeit zum Verplempern hatte, bei etwas Erfolg haben, bei dem sogar die Polizei gescheitert war? »Es tut mir leid, es tut mir sehr, sehr leid, dieser Anruf war ein Fehler«, stieß er, von seinen Gefühlen überwältigt, hervor. »Es tut mir leid, dass ich Ihre Zeit vergeudet habe.« Dann legte er schnell auf, sank schluchzend aufs Sofa zurück und stieß dabei seine dort herumliegenden Aktenordner herunter. Fotos mit einem lächelnden Donal darauf segelten auf den Boden.
    Kurz darauf klingelte sein Handy. Er beeilte sich, weil er nicht wollte, dass Gloria aufwachte.
    »Donal?«, hauchte er atemlos und sprang auf die Füße.
    »Jack, hier ist Sandy Shortt.«
    Schweigen.
    »Ist das Ihre Art, sich am Telefon zu melden?«, fragte sie leise.
    Wieder brachte er kein

Weitere Kostenlose Bücher