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Vermiss mein nicht

Vermiss mein nicht

Titel: Vermiss mein nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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Weile nach.
    »Ich glaube, ich mache jetzt lieber Schluss«, meinte Jack und gähnte. »Ich muss in ein paar Stunden schon wieder aufstehen und arbeiten gehen. Legen Sie sich jetzt auch noch eine Runde auf Ohr?«, fragte er leise.
    »Wenn ich die Akten hier nochmal durchgegangen bin.«
    Er schüttelte verwundert den Kopf. »Nur damit Sie Bescheid wissen«, sagte er, »wenn Ihre Erfolgsquote gleich null wäre, würde ich trotzdem weiter mit Ihnen telefonieren.«
    Nach kurzem Schweigen antwortete sie: »Ich auch. Selbst wenn ich noch nie irgendjemanden wiedergefunden hätte.«

Fünfzehn
    Wie üblich war Jack vor Gloria wach. Ihr Kopf lag auf seiner Brust, ihre langen braunen Haare kitzelten ihn, vor allem dort, wo sie über seine Rippen fielen. Behutsam schlängelte er sich unter ihr hervor und glitt aus dem Bett. Gloria seufzte schläfrig und kuschelte sich mit friedlichem Gesichtsausdruck wieder in die Kissen. Er war geduscht, angezogen und unterwegs zur Arbeit, bevor sie sich auch nur noch einmal gerührt hatte.
    Er verließ das Haus morgens vor ihr, denn er musste um acht bei der Arbeit sein. Gloria begann erst um zehn als Fremdenführerin im Foynes Flying Boat Museum. Das Museum für Flugboote war Foynes’ wichtigste Touristenattraktion; zwischen 1939 und 1945 war die Stadt ein wichtiges Zentrum für den Flugverkehr zwischen den Vereinigten Staaten und Europa gewesen. Gloria, die sehr hilfsbereit und gern mit Menschen zusammen war, gab hier von März bis Oktober mehrsprachige Führungen. Außer wegen des Museums war Foynes aber auch noch deshalb berühmt, weil hier angeblich der Irish Coffee erfunden worden war, und zwar für die Leute, die bei nassem kalten Wetter in der Flughalle warten mussten und etwas brauchten, um warm zu bleiben. So war der Irish Coffee geboren. In wenigen Tagen begann das Irish Coffee Sommerfestival, mit Musik auf der Festivalbühne, einem großen Bauernmarkt im Museum, einer Regatta und allerlei Straßenkunst für Kinder. Jedes Jahr war die ganze Stadt in dieser Zeit wie verzaubert, und am Ende sponserte die Shannon Foynes Port Company, bei der Jack arbeitete, ein fulminantes Feuerwerk, das den Himmel über Foynes in hellem Licht erstrahlen ließ.
    Nachdem Jack seine Kollegen begrüßt und sich mit ihnen besprochen hatte, nahm er seinen Platz auf dem riesigen Metallkran ein, wo er Frachtgüter durch die Luft schweben ließ und langsam wieder absetzte. Sein Job machte ihm Spaß, und es erfüllte ihn mit großer Befriedigung zu wissen, dass irgendwo auf der Welt ein anderer Mensch die Kisten, die er aufgeladen hatte, auf ähnliche Weise wieder abladen würde. Er genoss es, Dinge an den Ort zu schaffen, wo sie hingehörten. Schließlich wusste er, dass alles im Leben einen Platz hat, das Frachtgut auf dem Dock ebenso wie die Frauen und Männer, mit denen er zusammenarbeitete. Jeden Tag verfolgte er das gleiche Ziel – Dinge zu finden und an ihren Bestimmungsort zu bringen.
    Aber heute ging ihm das, was Sandy gesagt hatte, nicht aus dem Kopf: »
Ich kann mir nur eine einzige Sache vorstellen, die noch frustrierender ist, als jemanden nicht finden zu können, und das ist, nicht gefunden zu werden. Ich würde ganz bestimmt wollen, dass man mich findet. Mehr als alles auf der Welt

    Sorgfältig platzierte er das Frachtstück auf dem Schiff. Dann stieg er unter den erstaunten Blicken seiner Kollegen vom Kran, schleuderte seinen Helm von sich und rannte davon. Ein paar der Umstehenden waren verwirrt, andere ärgerten sich über diese mangelnde Arbeitsmoral, aber die meisten beobachteten Jacks Abgang mit Sympathie. Irgendwie konnten sie verstehen, dass er es nicht mehr aushielt, dort oben zu sitzen, so hoch, dass er fast das ganze Land überblicken und alles darin sehen konnte, nur nicht seinen Bruder.
    Während Jack zu seinem Auto lief, hatte er keinen anderen Gedanken im Kopf, als dass er Sandy suchen musste, damit sie Donal dorthin zurückbringen konnte, wohin er gehörte.
     
    Allmählich stieß Jack in den Hotels und Gasthäusern von Glin mit seiner ständigen Fragerei nach Sandy Shortt auf argwöhnisch gehobene Augenbrauen. In die Stimmen ausgesucht zuvorkommender Angestellter schlich sich eine unverkennbare Ungeduld, und immer öfter leitete man auch seine Anrufe gleich zu den diensthabenden Managern um. Irgendwann zog er sich ziemlich erschöpft und immer noch ohne jeden Hinweis auf Sandys Verbleib ins Shannon Estuary zurück und atmete die frische Luft gierig ein. Der Shannon hatte

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