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Vermisst: Thriller (German Edition)

Vermisst: Thriller (German Edition)

Titel: Vermisst: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Gardiner
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auf. Sie kratzte an der Kruste auf ihrem Arm und studierte dabei die Wolkenkratzer rings um den offenen Platz. Eine Fußgängerbrücke führte über den Boulevard zum Einkaufszentrum. Na gut, dann würde sie ihm eben den Gefallen tun. Sie setzte ihre Sonnenbrille auf und stieg aus. Wo steckte die Schlampe?
     
    Ich überquerte den Platz und stieg die Treppe zur Fußgängerbrücke über die Century Park West hoch. Das Century Plaza Hotel verbarg sich hinter der nächsten Hochhausreihe und dem eleganten Century City Shopping Center an der Avenue of the Stars. Unter mir rauschte der Verkehr vorbei. Banker mit im Wind flatternden Krawatten hasteten vorbei. Ich hätte mich nur zu gerne umgewandt, aber dann hätte ich mir gleich ein Schild mit den Worten »Auf der Flucht« umhängen können.
    Ich brauchte unbedingt einen Plan. So konnte ich am Flughafen von Los Angeles nicht antreten. Wenn ich ohne Gepäck auftauchte und versuchte, ein Ticket für den nächsten Flug nach Thailand zu kaufen, würden alle Alarmglocken schrillen. Ich sah geradezu schon vor mir, wie die Sicherheitsbeamtin ihre Latexhandschuhe für die Durchsuchung sämtlicher Körperöffnungen überzog. Mir blieb wenig Zeit, aber ich brauchte unbedingt Kleidung zum Wechseln und eine Reisetasche.
    Ich joggte die Stufen auf der anderen Seite der Brücke hinunter und steuerte zwischen den Bürogebäuden auf das Einkaufszentrum zu. Endlich wagte ich es, mich umzudrehen. Keine Polizei in Sicht.
    In einem Starbucks mit Hotspot loggte ich mich in ein Reiseportal ein. Die Countdownanzeige in der Ecke des Bildschirms tickte. 29:53:41. Die kürzeste Flugzeit von Los Angeles nach Bangkok betrug sechzehn Stunden.
    Einen Augenblick lang starrte ich auf den Bildschirm. Der Preis war horrend, aber das beunruhigte mich nicht weiter. Da meine Mutter für eine große Fluggesellschaft arbeitete, flog ich weltweit praktisch kostenlos. Geld war kein Problem, aber ich musste meine Spuren verwischen.
    Den Gedanken, meine Mutter anzurufen, verwarf ich gleich wieder. Früher oder später würde ein Haftbefehl gegen mich erlassen werden. Ich wollte nicht riskieren, dass sie der Beihilfe zur Flucht beschuldigt wurde. Schlimmer noch, wenn ich ihr erzählte, dass es um meinen Vater ging, würde sie mich wahrscheinlich nach Hause beordern und sich selbst auf die Jagd nach dem Dossier begeben. Trotz ihrer Scheidung war die Beziehung zwischen meinen Eltern ein Pulverfass geblieben. Vermutlich würde sie ihn retten, leidenschaftlich in die Arme schließen und ihm dann den Hals umdrehen, weil er sich überhaupt hatte entführen lassen. Nein, ich musste sie aus der Sache raushalten.
    Ich drückte mir die Daumen und rief die Reservierungsnummer der Fluggesellschaft für Angehörige von Mitarbeitern an und buchte einen Hin- und Rückflug für den späten Abend. Steuern und Gebühren wollte ich am Flughafen bar bezahlen. Meine Kreditkarte konnte ich nicht verwenden, weil die Gefahr bestand, dass mein Name auf irgendeiner Sicherheitsliste auftauchte. Wenn ich es bis an Bord der Maschine schaffte, war ich erst einmal in Sicherheit.
    Ein erneuter Blick auf die Uhr. Mir blieben achtzehn Minuten, um Davies’ Handy loszuwerden und mir neue Klamotten zu besorgen. Im Augenblick wirkte ich wie ein flüchtiger Drogenkurier. Rasch schickte ich sämtliche Informationen vom Handy an meinen Laptop: Anruflisten, Kalender, Notizen und Adressbuch. Es enthielt etwa vierzig Nummern, von denen mir keine zu einer Behörde zu gehören schien. Merkwürdig für einen Beamten.
    Nachdem ich zur Post gelaufen war, flitzte ich in ein Bekleidungsgeschäft, grapschte nach den ersten zehn Kleidungsstücken, die meine Größe hatten, und verschwand in der Umkleidekabine.
    Als ich das schmuddelige T-Shirt los war, fühlte ich mich sofort besser. Seit Santa Barbara hatten mich winzige Glassplitter von der zerschmetterten Fensterscheibe geplagt, Miniaturteufelchen, die mich pausenlos an meine verzweifelte Lage erinnerten. Ich bürstete mir die Reste von der Haut, schüttelte mein Haar aus und warf einen prüfenden Blick in den Spiegel. Egal, ob ich mich besser fühlte, ich sah noch immer aus, als käme ich direkt aus der Gosse.
    Ich deponierte den ganzen Stapel an der Kasse, warf Unterwäsche und Socken oben drauf und begab mich auf den Weg zur Taschenabteilung. Nachdem niemand mit einem kleinen Rucksack nach Asien fliegt, schnappte ich mir die größte Tasche, die zu haben war: ein riesiges Wildlederungeheuer. Schließlich tippte

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