Vermisst: Thriller (German Edition)
auf die Spitze zu treiben.«
»So kann man es auch nennen.«
»Soll ich ihm für dich den Hals umdrehen?«
»Nein, das erledige ich schon selbst.«
Sie warf einen Blick auf die Liftanzeige. »Weiß er, in welchem Hotel wir abgestiegen sind?«
»Gesagt hab ich es ihm nicht, aber vielleicht hat er es irgendwie rausgefunden. Das Zimmer war in der Webcam zu erkennen.«
Dieser verlogene Mistkerl. Ohne auf mich zu hören, hatte er stur sein Ding durchgezogen. Was war nur mit ihm los?
»Nach dem Anruf bei British Airways buchst du Evan Delaney auf den letzten Flug von Thai Airways nach Kuala Lumpur. Zahl mit deiner eigenen Kreditkarte«, sagte Jax. »Und nach Großbritannien fliegen wir getrennt.«
Wir fuhren bis zur Galerie, von deren eindrucksvoller Höhe aus man einen guten Überblick über die Lobby hatte. Uniformierte waren nicht zu entdecken, aber unter einem Kronleuchter besprach sich eine Gruppe von Thailändern und Weißen.
»Die da?«, fragte ich.
»Keine Ahnung. Sicher ist sicher. Wir nehmen am anderen Flügel ein Taxi.«
Ich schleppte meinen Rucksack und meine neue Louis-Fauxton-Tasche eine Treppe hinunter zum Pool. Wir hasteten an einem Restaurant vorbei und am Fluss entlang bis zu einem tropischen Garten mit süß duftenden Blumen. Auf dem engen Pfad, über dem sich Palmen und Schlingpflanzen wölbten, kam uns ein Weißer entgegen, der hektisch in sein Handy sprach und mich aufdringlich anstarrte. Als ich ihn nicht beachtete, senkte er den Blick. Aber nicht für lange. Ich spürte, wie er mich taxierte. Weiter, nur nicht stehen bleiben. Ich versuchte, cool zu bleiben, aber mein Gesicht brannte. Mein schlechtes Gewissen machte sich bemerkbar. Immerhin drohte mir eine Mindeststrafe von fünfzehn Jahren bis lebenslänglich. Am liebsten wäre ich gerannt.
»Wohin so eilig?«, fragte er.
Nun war ich an ihm vorbei, aber er redete immer noch. »Ist doch viel zu heiß, um so zu rennen. Kommt lieber mit an die Bar. Ich geb dir einen aus.«
Als ich mich umdrehte, sah ich, dass er Jax mit ausgestreckten Händen den Weg versperrte.
»Hallo, Süßer«, sagte ich.
Er warf mir über die Schulter einen erwartungsvollen Blick zu. Lächelnd trat ich auf ihn zu. »Du machst einen Fehler. Sag gute Nacht.«
Er grinste. »Ihr seid wohl ganz Coole, was?«
Ich zuckte die Achseln und schaute ihm dabei direkt in die Augen. Eine Sekunde später keuchte er auf, krümmte sich und griff sich zwischen die Beine.
Wir marschierten weiter. Vor dem Hotel stiegen wir in ein Taxi und fuhren davon. Jax lehnte den Kopf gegen den Sitz.
»Keine Ursache«, sagte ich.
Das Straßenlicht flackerte auf ihrem Gesicht.
»Wofür?«, fragte sie.
»Dass ich ihn dazu gebracht habe, dir den Rücken zuzuwenden. Du weißt ja, wie verhängnisvoll das sein kann.«
Das Taxi setzte uns an dem riesigen internationalen Terminal ab. Unauffällig musterte Jax die Umgebung.
»Sicherheitsbeamte von der Botschaft würden uns hier sofort auffallen, aber bei thailändischen Beamten in Zivil haben wir keine Chance.«
Noch einmal ließ sie ihre Blicke über mein Haar und meine Kleidung wandern. Meine Nervosität entging ihr nicht. Sie selbst trug Gucci – keine Fälschung. Ein modisch um den Kopf gebundener Seidenschal verbarg die klaffende Wunde. Lippenstift verdeckte die Schwellung an ihrem Mund, aber ich vermutete, dass sie am nächsten Morgen ein prächtiges blaues Auge haben würde. Ich besorgte uns einen Gepäckwagen, und dann traten wir in das grelle Licht des Terminals. Jax hielt sich mit einer Hand am Trolley fest, vermutlich um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Trotzdem ging sie wie immer mit hoch erhobenem Kinn: eine Primaballerina, die auf ihr begeistertes Publikum zuschwebt.
»Geh noch mal deine Legende durch«, sagte sie.
»Kathleen Rowan Larkin, genannt Kit. Ich bin neunundzwanzig, in Oklahoma geboren, aber in Menlo Park, Kalifornien, aufgewachsen, und habe in Berkeley studiert. Gegenwärtig lebe ich in San Francisco. Meine Mutter heißt Colleen, mein Vater Louie. Ich habe zwei ältere Schwestern, Sian und Kendra.«
Der Terminal war laut und überfüllt mit Fernreisenden. Wir steuerten den British-Airways-Schalter an.
»Ich arbeite bei einer kleinen Werbeagentur und bin jetzt auf einer Vergnügungsreise, um meine Scheidung zu verwinden. Mein Ehemann hat zweihundert Kilo zugelegt und eine Donut-Kette überfallen, um seine Junk-Food-Sucht zu befriedigen. Er wurde bei einer Orgie mit Ronald McDonald und einem Tanzaffen
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