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Verneig dich vor dem Tod

Verneig dich vor dem Tod

Titel: Verneig dich vor dem Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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es versuchen?«
    Sie neigte bejahend den Kopf.
    »Deswegen sind wir schließlich zu dir gekommen«, antwortete sie ernst.
    Der Bauer verzog das Gesicht. Er schaute Eadulf an.
    »Bist du bereit,
gerefa

    »Natürlich«, knurrte Eadulf.
    »Dann kommt einzeln hinter mir her und weicht nicht von dem Pfad ab, auf dem ich reite. Ein falscher Schritt, und du verschwindest samt Pferd in diesem tückischen Sumpf. Habt ihr verstanden?«
    Er ritt in die weiße Landschaft hinein. Fidelma merkte, daß unter der Schneedecke die weichen grünen Riedgrasstellen und die Sumpflöcher verborgen lagen und gierig darauf warteten, ihre Opfer zu packen und in die Vergessenheit hinabzuziehen. Sie beugte sich über die Schulter ihres Ponys vor und achtete aufmerksam auf den Weg, den das Maultier des Bauern für sie suchte.
    Hier und dort stachen die dünnen Halme absterbender Binsen durch den Schnee, und ab und zu hörte man einen eigenartigen dumpfen Laut, wenn eine Luftblase aus unbeschreiblicher Tiefe durch den Morast brach, die vielleicht von den vermodernden Überresten eines Tieres aufstieg, das im Moor versunken war.
    Plötzlich gab es eine Bewegung, etwas flog von einem Schilfbüschel vor ihr auf. Erst dachte sie, es wäre eine Eule, doch dann sah sie das schwarzbraun gestreifte Federkleid und die grünen Beine, die normalerweise eine wirksame Tarnung bildeten vor Blicken, die weniger scharf waren als Fidelmas. Dann erklang ein hallender, dröhnender Ton.
    »Eine Rohrdommel!« rief sie aus.
    »Du hast ein gutes Auge, Schwester«, meinte Mul anerkennend.
    »Weißt du etwas über das
ignis fatuus,
Mul?« fragte sie zurück.
    »Worüber?«
    »Sie meint den Feuerdrachen«, rief Eadulf.
    »Ach so, den.« Mul zuckte lässig die Achseln. »Den kann man hier im Moorland ganz regelmäßig sehen. Leichenfeuer nennen es die Leute. Es ist ein fahles, flackerndes Licht, das über dem Moor erscheint. Viele Leute mögen’s nicht, aber ich bin im Moor großgeworden. Es gibt keinen Grund, sich davor zu fürchten. Ihr habt es gestern abend gesehen?«
    »Allerdings«, antwortete Fidelma.
    »Das hättet ihr mir sagen sollen. Wenn ihr wissen wolltet, was es ist, hätte ich’s euch erklären können. Deswegen brauchten wir nicht den ganzen Weg bis hier draußen ins Moor zu machen.«
    Fidelma schüttelte den Kopf. »Nein, es war nicht nur das
ignis fatuus,
was ich sehen wollte …«
    Mul unterbrach sie. »Man erkennt es nur richtig im Dunkeln, weil die Flamme zu hell ist, als daß man sie bei Tageslicht sehen könnte. Diesen Ritt machen wir völlig vergebens.«
    »Durchaus nicht, ich muß den Boden an der Stelle prüfen«, beharrte Fidelma. »Aber sag uns, wodurch entsteht es?«
    »Was das Leichenfeuer verursacht? Ihr kennt doch die Gase, die aus Tierleichen entweichen – und den Geruch, den sich zersetzende Pflanzen und Tierkadaver verbreiten? Der Geruch ist das Gas. Manchmal entzündet es sich von selbst, und dann sieht man dieses Licht. Es ist das brennende Gas. Es ist eine unheimliche Erscheinung, und man kann verstehen, wenn sich manche Leute davor fürchten.« Er wies mit der Hand über das flache Moor. »Viele Tiere sind in diesem Sumpf versunken, deshalb liegen da unten zahllose verrottende Kadaver, die dieses Leichenfeuer erzeugen. Wollt ihr immer noch weiter?«
    Fidelma schaute auf und maß mit den Augen die Entfernung zu dem Weg, dem sie inzwischen näher gekommen waren.
    »Ist es möglich, daß wir uns noch ein bißchen weiter nach rechts vorarbeiten?« fragte sie, ohne auf seine Frage direkt einzugehen.
    Mul blickte in die angegebene Richtung und zuckte die Achseln.
    »Ja, aber bleibt dicht bei mir«, ordnete er an.
    Sie bewegten sich noch ein Stück weiter, und als Mul stehenblieb, fanden sie sich auf einer großen Insel festen Bodens wieder, einer leichten Erhebung inmitten der ebenen Fläche des Sumpfes. Die dünne Schneedecke verhüllte die Umgebung nur unvollständig, und sie sahen den dunklen, bedrohlichen Morast darunter.
    »Halt!« rief Fidelma plötzlich und glitt von ihrem Pony. »Keinen Schritt weiter.«
    Mul schaute sie an, als sei sie plötzlich übergeschnappt.
    »Schon gut«, sagte er, »hier ist der Boden ebenso fest wie …«
    Aber das hatte Fidelma nicht gemeint.
    Sie ging rasch nach vorn und ließ sich auf ein Knie nieder. Der Schnee lag hier auf dem festen Boden dicker als auf den wärmeren morastigen Flächen und war an dieser Stelle aufgewühlt. In dem gefrorenen Schnee gab es Abdrücke, die erst jetzt in der

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