Verneig dich vor dem Tod
Kopf. »Unser Ziel istnicht weit von hier, und wir müssen es erreichen, ehe es dunkel wird.«
Dado schaute enttäuscht drein. »Wenn ihr sicher seid …?«
Eadulf war bereits vom Wagen herunter und hatte ihre Taschen mitgenommen, jetzt drehte er sich um und half Fidelma beim Absteigen.
Nachdem sie ihren fränkischen Fuhrleuten nochmals gedankt hatten, standen sie auf dem Fahrweg und sahen dem Wagen nach, der durch die wintergrünen Bäume dahinschwankte und verschwand.
Fidelma sah sich in dem dämmerigen Wald um und erschauerte leicht.
»Ich hoffe, du hattest recht, Eadulf, als du sagtest, wir hätten nicht mehr weit zu gehen. Bist du sicher, daß du an der richtigen Stelle bist?« fragte sie. »Es war nicht nur eine Ausrede, um unsere neugierigen Freunde zu verlassen? Ich hätte eine lange Geschichte erfunden, um sie bei Laune zu halten.«
Eadulf sah gekränkt aus. »Ich habe keine Zweifel, daß du ihnen eine Geschichte erzählt hättest. Aber hier ist der Wald von Tunstall, und hier soll sich laut Aldhere eine Gemeinschaft von Mönchen und Nonnen aus den fünf Königreichen von Éireann aufhalten, die sich nach dem Edikt von Whitby verbergen. Wenn jemand weiß, wo Garb und seine Familie zu finden sind, dann können wir es hier erfahren.«
»Hoffen wir das Beste, denn wie unser Freund Dado sagte, es wird bald dunkel, und die Dunkelheit führt bei mir zur Schwäche. Wahrscheinlich hätte ich mich doch noch einen ganzen Tag ausruhen sollen, um mich vollständig zu erholen.«
Eadulf war sich dieser Tatsache schmerzhaft bewußt und versuchte sein Bestes, sich seine Sorge um Fidelma nicht anmerken zu lassen, denn er wußte, daß sie das nicht billigte.
»Wenn ich mich an diesen Ort richtig erinnere, dann ist es weniger als eine Meile weit in dieser Richtung«, meinte er und zeigte den Weg entlang.
Der Wald war hier so dicht, daß wenig Schnee auf die Wege gefallen war, die ihn kreuz und quer durchzogen. Teils aus Erinnerung und teils aus Instinkt verfolgte Eadulf den Weg und kreuzte alle Pfade, die sie hätten von der südöstlichen Richtung abbringen können, an die er sich hielt.
Ab und zu blieben sie stehen, denn Fidelma setzte die nächtliche Kälte immer mehr zu. Das Vorwärtskommen im Wald war nicht leicht. Sie hörten Tiere um sich herumstreifen und gelegentlich das kurze, schnelle Bellen von Füchsen. Der Weg führte zu einem Bach und an seinem Ufer entlang um einen großen Hügel herum, auf dem die überwachsenen Erdwerke einer alten Befestigung standen. Bäume und Unterholz darauf verhüllten sie fast gänzlich.
Plötzlich kamen sie an den Rand einer Lichtung. Darauf erhoben sich mehrere Gebäude aus Holz, und aus einigen von ihnen stieg Rauch auf.
Eadulf wandte sich triumphierend zu Fidelma um, wenn man auch bei genauer Betrachtung festgestellt hätte, daß die Erleichterung in seinen Augen überwog.
»Tunstall. Das ist Tunstall. Wir sind in Sicherheit.«
Fidelma, der die eisige Luft der Abenddämmerung fast den Atem nahm, konnte nur nicken.
Ein Warnruf erscholl von der Lichtung her. Man hatte sie bemerkt. Mehrere Männer kamen aus den Gebäudenhervor, die meisten trugen Mönchskutten und die Tonsur des heiligen Johannes.
Als Eadulf und Fidelma auf das vermutlich größte Gebäude auf der Lichtung zuschritten, fiel Eadulf eine kleine Gruppe von Kriegern auf. Es waren offensichtlich keine Angelsachsen, und Eadulf stellte mit Befriedigung fest, daß er recht gehabt hatte. Er zweifelte nicht daran, daß dies Garbs Männer waren. Sein Herz schlug schneller in der Erwartung, daß nun das Geheimnis um den Tod seines Freundes Botulf bald aufgedeckt werden würde.
Er blieb stehen, denn einer der Krieger stieß einen Ruf aus und lief mit erhobenem Schwert auf ihn zu.
Auch ein Mönch rannte los, als wolle er den Krieger abfangen, der eine Schwertlänge vor Eadulf stehenblieb. Zu seiner Überraschung sah Eadulf, daß sein Gegenüber Garb selbst war.
»Tritt zurück, Bruder«, rief Garb auf irisch dem Mönch zu, der neben ihm stand und verblüfft dreinschaute. »Dieser Mann ist einer aus Cilds übler Brut. Ich erkenne ihn wieder. Er war in Cilds Abtei, als ich das Ultimatum verkündete. Das bedeutet, daß dieser mörderische Abt unsere Spur verfolgt hat. Tritt zurück, damit ich ihn töten kann, und dann müssen wir diesen Ort verlassen.«
KAPITEL 11
»Steck dein Schwert ein, Garb von Maigh Eo! Wir gehören nicht zu Abt Cilds Gemeinschaft«, fuhr ihn Eadulf an.
Garb lachte höhnisch und ungläubig.
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