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Verneig dich vor dem Tod

Verneig dich vor dem Tod

Titel: Verneig dich vor dem Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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waren, nahm nun Garb das Wort.
    »Drei Sommer sind vergangen, seit meine Familie Cild kennenlernte. Er gehörte zu den angelsächsischen Brüdern, die zum Studium an das religiöse Haus von Maigh Eo kamen, in der Ebene der Eiben, wo mein Vater Gadra als Fürst herrscht. Er war anders als die Mönche, die ich kannte. Er ähnelte mehr einem Krieger, war zornig, aggressiv und anspruchsvoll.«
    Garb hielt inne, als ordne er seine Gedanken.
    »Wir waren nicht sonderlich an ihm interessiert, bis er anfing, Eindruck auf meine jüngere Schwester Gélgeis zu machen. Sie vernarrte sich völlig in ihn.«
    Fidelma beugte sich vor. »Du sagst nicht, daß sie sich in ihn verliebte. Wie alt war Gélgeis?«
    Garb schaute sie an. »Ach, sie war über das Alter der Wahl hinaus, wenn du das meinst. Sie war auch zu allem entschlossen. Sie war ebenso starrköpfig wie mein Vater. Er und ich bemühten uns, ihr eine Heirat mit Cild auszureden. Sogar meine Schwester Mella riet ihr davon ab. Aber Gélgeis war ganz berauscht von Cild. Nein, ich sage nicht, daß sie den Mann liebte. Ich glaube, sie war von ihm hypnotisiert. Bevor wir Weiteres unternehmen konnten, hatten sie und Cild unser Land verlassen und waren hierher gekommen.«
    »Kann ich daraus folgern, daß du glaubst, daß Cild deine Schwester nicht liebte?«
    »Cild ist zu vielen Gefühlen fähig«, erwiderte Garb, »doch ich meine nicht, daß die Liebe dazu zählt. Er begehrte meine Schwester wegen der materiellen Vorteile, die er, wie er annahm, durch sie gewinnen würde. Er verstand unsere Gesetze nicht so richtig. Er dachte, wenn er erst einmal verheiratet wäre, würde mein Vater ihn mit Reichtum und einer hohen Stellung ausstatten.«
    »Aber Cild kam doch hierher und erlangte die Stellung als Abt.«
    »Allerdings als ein armer Abt. Doch mein Vater sah ein, daß die Situation meiner Schwester nicht mehr zu ändern war, und ließ sie wissen, er habe ihr vergeben, daß sie ihm das Herz gebrochen hatte, indem sie mit dem Angelsachsen durchbrannte. Aber eine Mitgift werde sie nicht erhalten,und Cild wäre in Maigh Eo nicht willkommen. Danach erreichten uns im folgenden Jahr nur zwei Botschaften von Gélgeis.«
    Eadulf horchte auf. »Botschaften? Wer hat sie überbracht?«
    »Ein Mönch namens Bruder Pol. Wie Bruder Laisre schon erwähnt hat, heißt die Gemeinschaft von Maigh Eo das ›Maigh Eo der Angelsachsen‹. Es bestehen häufige Verbindungen zwischen Maigh Eo und einigen angelsächsischen Mönchen. Gélgeis verstand es, die Ogham-Schrift einzuritzen, und schickte ihre Botschaften auf Haselnußstäben, so daß nur wenige außerhalb unseres Kreises den Inhalt entziffern konnten.«
    »Und was schrieb sie?« fragte Fidelma.
    »In der ersten Botschaft hieß es, Cild sei zum Abt von Aldreds Abtei erhoben worden und sie und er wohnten dort. Sie erklärte, sie sei glücklich, habe aber großes Heimweh.«
    Er hielt einen Moment inne.
    »Es war die Wahl ihrer Worte, die uns vermuten ließ, sie sei nicht ganz ehrlich und mit ihrem Leben unzufrieden. Die zweite Botschaft bestätigte unsere Befürchtungen. Sie war unglücklich, aber sie erklärte uns nicht, warum. Bruder Pol erzählte uns, er nehme an, daß Cild sie mißhandle, denn er habe eine Wunde wie von einem Peitschenhieb an ihrem Arm gesehen. Wir baten Bruder Pol, Verbindung zu Gélgeis zu halten und uns auf seiner nächsten Reise neue Botschaften mitzubringen.«
    Fidelmas Augen weiteten sich leicht. »Die Nachricht von ihrer unglücklichen Lage hat nicht einen aus eurer Familie veranlaßt, Gélgeis nach Hause zu holen?«
    Garb sah verlegen aus. »Mein Vater meinte, Bruder Pols Vermittlung sei genug. Aber wir hörten nichts mehr von ihm, und viele Monate später baten wir Bruder Laisre hier, Kontakt mit ihr aufzunehmen …«
    »Einen Moment«, unterbrach ihn Fidelma. »Woher kanntet ihr Bruder Laisre?«
    Der irische Mönch gab selbst die Antwort.
    »Bruder Pol, der Verbindungsmann, der Gélgeis’ Botschaften nach Maigh Eo brachte, hatte Gadra von unserer kleinen Gruppe hier in Tunstall erzählt. Also fragte Gadra bei mir an, ob ich mich mit Gélgeis in Verbindung setzen und herausbekommen könnte, was dort vorging. Zugleich wollte er erfahren, aus welchem Grunde er nichts von Bruder Pol gehört hatte.«
    »Und kamst du an Gélgeis heran?«
    »Ich versuchte es, und dabei erfuhr ich, daß Gélgeis tot war.«
    »Eins möchte ich noch fragen«, schaltete sich Eadulf ein. »Du mußt doch alle Iren in dieser Gegend kennen. Wer ist die

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