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Verneig dich vor dem Tod

Verneig dich vor dem Tod

Titel: Verneig dich vor dem Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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vermutete jedoch, daß er einen Zweck damit verfolgte.
    Garb war von der Frage nicht gekränkt.
    »Gélgeis war meine Lieblingsschwester. Sie brachte Ruhe in jede Lebenslage. Sie ließ einen grauen Tag schön erscheinen, stillte jeden Sturm, machte jeden Niedergeschlagenen fröhlich. Sie besaß eine Natur, die alle, die sie kannten, glücklich machte.«
    Eadulf stutzte, denn er dachte an Bruder Willibrods Worte. Garbs Rede wirkte ein wenig zu glatt. Während er noch zögerte, übernahm Fidelma wieder das Gespräch.
    »Kann man deinem Vater nicht das Vorhaben ausreden, auf das er sich eingelassen hat? Ihr müßt doch einsehen, daß es einem Mann aus Cilds Kulturkreis und noch dazu einem Mann wie Cild nichts bedeutet. Man wird deinen Vater einfachsterben lassen. Cild und überhaupt jeder Angelsachse, der unsere Bräuche nicht kennt, könnte das
troscud
schlicht als einen Witz betrachten.«
    »Mein Vater glaubt an die alten Bräuche und ist fest entschlossen.«
    »Ich werde mit ihm sprechen, denn man muß ihn davon abbringen«, erklärte Fidelma.
    »Du wirst dich vergeblich bemühen.«
    Eadulf saß da und starrte mit leerem Blick vor sich hin, während er über die unterschiedlichen Bilder von Gélgeis nachgrübelte, die man ihm beschrieben hatte.
    »Bruder Laisre, hast du noch einmal mit Botulf gesprochen? In der letzten Zeit?« fragte Fidelma.
    »Vor ein paar Wochen. Das war, als Gadra mit Garb und seinen Männern hier ankam. Ich nahm Verbindung zu Botulf auf und erklärte ihm die Lage.«
    »Wie hat Botulf darauf reagiert?« Bruder Laisre blickte Garb verlegen an.
    »Um ehrlich zu sein, Schwester, er war auch der Meinung, es sei vergeudete Zeit. Ich erläuterte ihm die Bedeutung des
troscud,
und er meinte, kein Angelsachse würde seinen Zweck verstehen. Ich sagte ihm, daß Garb in die Abtei kommen müßte, um den Beginn des Rituals zu verkünden, und er versprach, dabei zu helfen.«
    »Hat er es getan?«
    »O ja. Er schmuggelte Garb ein, damit dieser selbst mit dem Abt sprechen konnte. Das war der erste Kontakt, um sicherzustellen, daß der Abt wußte, was sich vorbereitete. Cild lachte Garb aus.«
    »Hat Botulf euch gewarnt, daß Cild so reagieren würde?«
    »Botulf sagte, er habe Angst … Angst um die Verwandten von Gélgeis. Er erwähnte ein altes Sprichwort der Angelsachsen: Wehe dem, der sich in einem Land befindet, in dem niemand für ihn eintritt.«
    »Also sprach er sich gegen das
troscud
aus?«
    »Er sprach sich sehr deutlich dagegen aus, aber ich konnte nur als Vermittler handeln. Ich nannte ihm den Tag und die Stunde, zu der Garb sich zur offiziellen Verkündigung in der Abtei einstellen würde. Wir einigten uns auf das Läuten zum mitternächtlichen Angelusgebet, das die Brüder in die Kapelle der Abtei rufen würde. Die Verkündung mußte vor der ganzen Gemeinschaft erfolgen.«
    »Wie sich herausstellte, war es die Stunde der Beisetzung Botulfs«, murmelte Eadulf.
    Fidelma sagte nachdenklich: »Also wußte Botulf, daß das genau zu dieser Zeit passieren sollte?«
    »Das wußte er.«
    »Sonst wurde nichts weiter besprochen?«
    »Er erwähnte, daß ein Freund von ihm in Canterbury sei, der sich in den Gesetzen unserer beiden Völker auskenne. Er wollte diesen Freund in die Abtei holen.«
    Eadulfs Schultern erschlafften. »Das bin ich. Ich erhielt eine Botschaft von ihm, in der er mich bat, vor jenem Zeitpunkt in der Abtei zu sein. Schwester Fidelma und ich kamen auch rechtzeitig an, aber da war Botulf schon erschlagen worden.«
    »Hat Botulf dir noch andere Einzelheiten über den Tod Gélgeis’ mitgeteilt?« fragte Fidelma.
    Bruder Laisre schüttelte den Kopf.
    »Was mich beunruhigt«, meinte Eadulf sinnend, »und ich sage das in aller Offenheit, ist der Mangel einer gesetzlichenGrundlage für eine Anklage gegen Cild. Verdacht liefert noch keine Tatsachen.«
    Garb drehte sich zornig zu Eadulf um.
    »Willst du Cild verteidigen?«
    »Denk daran, ich war der Freund, den Botulf herbeiholte. Ich suche das, was wir alle suchen sollten, und das ist die Wahrheit. Soviel ich feststellen kann, haben wir nur einen Verdacht. Wir vermuten, daß Lady Gélgeis eines unnatürlichen Todes gestorben ist. Wir vermuten, daß ihr Ehemann Cild diesen Tod herbeigeführt hat. Aber bisher habe ich keine Beweise gesehen, nur Gerüchte gehört. Der
gerefa
in mir verlangt Beweise.«
    Bruder Laisre starrte Eadulf entgeistert an.
    »Cilds Ruf eilt ihm voraus. Er ist böse. Er ist verantwortlich dafür, daß viele umgebracht wurden

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