Verplant verliebt
Er dachte an die Party, wo sie irgendetwas zwischen direkter Anmache und Blümchensex gewesen war. Doch dann von Blümchen keine Spur. Gregor beschrieb Marie als unnahbar. Für Karlo glich sie inzwischen eher einer zickigen Furie. Vielleicht war das mit dem Frauenversteherbuch doch keine so gute Idee.
„Herr Winterfeld?“
Eine zaghafte Stimme riss Karlo aus seinen Gedanken und er wandte seinen Blick von Marie ab. Vor ihm stand eine zierliche Frau mit kurzen aschblonden Haaren. Karlo dachte an Blümchensex.
„Ich bin Patrizia Kluge aus der Personalabteilung. Wie ich Ihnen schon per Mail mitgeteilt habe, benötige ich noch Ihre Sozialversicherungsnummer.“ Sie sprach, als hätte sie den Text auswendig gelernt. „Ich war gerade auf dem Weg zu Frau König, da dachte ich, ich stelle mich direkt mal vor.“
Frau Kluge lächelte schüchtern. Als Karlo aufmunternd zurücklächelte, schaute sie auf den Boden.
„Freut mich, Sie kennenzulernen. Ich bringe Ihnen die Nummer gleich morgen vorbei.“
Sie blieb noch einen Augenblick stehen, sagte „Tja, dann“ und schlich ins Büro der Königin.
Karlo hörte, wie Marie laut die Luft ausstieß. Als er sie anschaute, richtete sie ihren Blick schnell wieder auf ihren Block und kritzelte mit zusammengekniffenen Lippen darauf herum.
Bernadette kam mit ihrem Kaffee durch die Bürotür geschlendert und steuerte zielsicher auf Karlo zu. Verdammt! Sie hockte sich mit ihrem Hintern seitlich auf die Tischkante und ihr Rock rutschte gefährlich nach oben. „Ich habe mich gerade mit Sandra über das Teamwochenende unterhalten. Es rückt immer näher und keiner weiß, wo es hingeht. Aufregend, oder?“
Auch Bernadette rückte immer näher.
Karlo sah, wie Marie mit den Augen rollte, und hörte sie laut seufzen. Mochte sie etwa keinen Damenbesuch an ihrer gemeinsamen Tischgruppe? Das wollte er genauer wissen. Er lächelte Bernadette zuckersüß an. „Wenn das einer in Erfahrung bringt, dann doch bestimmt du.“
Sie strahlte und senkte verschwörerisch die Stimme: „Letztes Jahr hatten wir aus Kostengründen Zweibettzimmer. Wie wohl dieses Jahr die Bettenbelegung aussieht?“
Marie stöhnte und Karlo freute sich.
Was für ein Aufschneider!, dachte Marie und vergrub sich hinter ihrem Monitor, um das Schauspiel nicht länger mitansehen zu müssen. Von Bernadette hatte sie nichts anderes erwartet als solch eine billige Anmache, aber dass Karlo darauf ansprang, überraschte sie dann doch. Für einen Moment dachte sie an ihre gemeinsame Nacht und das versetzte ihr einen Stich. Bis gestern war diese Nacht eine schöne Erinnerung gewesen, eine Erinnerung an einen märchenhaften Ausflug ins Reich der Meerjungfrauen und Matrosen. Doch Karlo hatte sie mit voller Wucht zurück in die Realität katapultiert. Warum war sie nur auf diesen Typen hereingefallen? Halt! Er war es nicht wert, dass sie sich weiter den Kopf über ihn zerbrach. Sollte doch Bernadette mit ihm machen, was sie wollte.
Patrizia Kluge aus der Personalabteilung kam aus dem Büro der Königin. Als sie gerade an Maries Schreibtisch vorbeilief, rief Karlo: „Ach, Frau Kluge? Dürfte ich sie bitten, mal kurz über meine Schulter zu schauen? Ich muss hier diesen Personalbogen ausfüllen und bin mir unsicher ...“
Karlo hatte noch nicht zu Ende gesprochen, schon stand Patrizia Gewehr bei Fuß und schaute ihn erwartungsvoll an. So als bräuchte er nur ein Wort zu sagen und sie würde mit Freuden seine Gehaltsabrechnung manipulieren.
Bernadette setzte zur Revierverteidigung an: „Patrizia, du hast doch bestimmt Wichtigeres zu tun. Ich kann ihm das auch erklären.“ Sie schob sich näher an Karlo heran.
Jetzt fuhr Patrizia die Krallen aus: „Genau genommen, Bernadette, bist du dazu gar nicht berechtigt. Die Personalbögen dürfen ausschließlich von Mitarbeitern der Personalabteilung sowie dem betreffenden Mitarbeiter und seinem Vorgesetzten eingesehen werden. Darf ich dich also bitten, uns kurz allein zu lassen?“
Karlo schien das Schauspiel zu genießen und auch Marie wartete gespannt, wer als Sieger aus diesem Zickenkrieg hervorgehen würde. Doch die Königin brachte sie um die Fortsetzung, indem sie aus ihrer Bürotür rief: „Frau Rebmann, ich würde Sie gerne kurz sprechen. Haben Sie einen Moment Zeit?“
Widerwillig ging Marie zu ihr.
Sobald die Königin die Tür hinter Marie geschlossen hatte, fragte sie: „Sagen Sie, Frau Rebmann, Ihre Familie hat doch diese Pension am Rande von Weinsberg, oder?
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