Verplant verliebt
dass er es wusste?“, fragte sie Marie zum zweiten Mal an diesem Abend.
„Ganz sicher. Das war ein abgekartetes Spiel zwischen Gregor und Karlo.“
Marie klopfte den Kochlöffel wütend an der Pfanne ab und fuhr mit dem rechten Zeigefinger die Seite im Kochbuch hinunter, bis sie die Zutatenliste für das Paella-Rezept gefunden hatte. Paula zupfte derweil ein paar Dillstängel vom Topf auf der Fensterbank. Als sie das Kraut in die Pfanne geben wollte, rief Marie: „Spinnst du? Das steht doch gar nicht im Rezept!“
Paula zuckte die Schultern. „Na und? Dill zu Fisch sollte doch schmecken.“
„Aber in eine Paella gehört doch kein Dill.“
„Sagt wer?“
„Das Rezept.“
„Du kochst wie du lebst! Immer folgst du einem Plan. Improvisier doch mal!“ Paula unterstrich ihre Aufforderung, indem sie mit dem Dill vor Maries Nase herumwedelte.
Marie zog die Augenbrauen hoch. „Wir haben ja gesehen, wohin mich Improvisieren führt – direkt mit meinem Kollegen ins Bett.“
„In dem Bett war es doch schön, oder? Außerdem hat dir das Planen auch nichts gebracht. Siehe Hannes. Bei ihm hast du alles ausführlich geplant und dann viel zu lange an dieser Idealvorstellung festgehalten. Betrogen hat er dich, dein Mister Perfect.“
Marie legte den Kochlöffel beiseite und lehnte sich an die Arbeitsplatte. Paula hatte recht. Sie hatte sich ihr Leben mit Hannes genau ausgemalt: Sie wollte in der Kirche in Maries Heimatort Weinsberg heiraten, gemeinsam mit ihm in die Pension ihrer Eltern einsteigen, wenn Hannes mit dem Studium fertig war, und zwei Kinder bekommen – Emma und Luis. Aber wollte Hannes das auch? Wohl nicht. Maries Pläne hatten sich Stück für Stück in Luft aufgelöst. Durch die Nächte, die Hannes angeblich mit einem Freund durchzecht hatte. Die vielen SMS, die Hannes erst las, wenn er meinte, Marie würde nicht hinschauen. Die unzähligen Stunden am PC. Freundinnen, die erzählten, ihn mit einer Blondine im Arm gesehen zu haben. Als Marie dann endlich eins und eins zusammenzählte, stritt Hannes alles ab und beschimpfte sie als paranoid. Doch dann vergaß er, sich auszuloggen, und Marie, die an seinem Rechner nur mal kurz die Sprechzeiten ihres Arztes nachschauen wollte, erfuhr plötzlich alles über HanXXX79. Diese Person hatte einer Reihe von Frauen geschrieben und wie aus den Mails hervorging, mit ihnen nicht nur schriftlich verkehrt. Auch wenn sie es im ersten Moment nicht glauben konnte, blieb kein Zweifel an der Identität dieses Mannes. Marie hatte Hannes postwendend aus der Wohnung geschmissen und sich damit nicht nur von einem Menschen, den sie liebte, verabschiedet, sondern auch von einer Zukunft, die sie sich so schön zurechtgelegt hatte.
Marie tauchte aus ihren Gedanken auf, gerade als Paula den Dill in die Paella streute. Dabei grinste sie schelmisch. „Sieh es doch mal so: Dein Problem von gestern ist gelöst. Da dachtest du noch, du würdest Karlo nie wiedersehen.“
Marie stützte ihre Fäuste in die Hüften. „Kann es sein, dass du mich nicht ernst nimmst? Für mich ist das kein Spaß. Ich breche hier gerade ein No-go nach dem anderen: erst Sex mit einem Kollegen und dann auch noch Onlinedating!“
„Onlinedating?“, fragte Paula verwirrt. „Seit wann machst du denn da mit?“
Marie fiel ein, dass sie vor lauter Ärger über Karlo noch gar nicht von ihrem neuen Auftrag erzählt hatte. „Freiwillig würde ich da bestimmt nicht mitmachen.“
Marie erzählte vom Befehl der Königin und ihrem missglückten Versuch, einen anderen Projektpartner vorzuschlagen. Als Marie die kostenlosen Onlinezugänge erwähnte, spitzte Paula die Ohren. „Das ist doch genial! Wir können auf Kosten deiner Firma reihenweise Männer auschecken.“
„Wir?“ Marie musterte ihre Freundin misstrauisch, während sie die Teller aus dem Schrank nahm.
Paula legte ihren Unschuldsblick auf. „Klar, ich helfe dir natürlich. Wenn du mit deiner Einstellung da rangehst, wird das auf keinen Fall objektive Feldforschung.“
„Als wärst du jemals objektiv, wenn es um Männer geht. Hattest du gestern nicht noch den Vorsatz, für eine Weile Single zu bleiben?“
„Das will ich auch immer noch. Aber bisher hatte ich nie Gelegenheit, den Singlemarkt unter die Lupe zu nehmen. Hach, das wird eine ganz neue Erfahrung!“
„Auf diese Erfahrung kann ich gut verzichten. Vorspiegelung falscher Tatsachen, gefakte Profilbilder, Sex-Angebote und Typen, die im richtigen Leben niemanden abbekommen – super,
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