Verplant verliebt
nicht sonderlich genau, hatte er ihr doch vorgespielt, er wüsste nichts von ihrer künftigen Büronachbarschaft. Scheißkerl Nummer zwei.
Weiter im Text. „Gar nicht leiden kann ich ...“ Marie ging ihre No-gos durch: Kollegen würde sie hier wohl kaum begegnen. Onlinedating – nun ja, wäre nicht so sinnvoll, das hier zu schreiben. Raucher konnte sie nachher bei der Suche ausschließen. Somit blieben nur wenige Punkte übrig. Sie schrieb: „egomanische Karrieremenschen, Einzelgänger, Tattoos“ Marie fragte sich, welche Karriereambitionen Karlo wohl bei JCN hatte. Moment mal! Warum dachte sie bei der Suche nach ihrem vermeintlichen Traummann andauernd über Karlo nach? – Ganz klar: Er war das perfekte Negativbeispiel.
Die Antwort auf die letzte Frage fiel Marie schwer: „Das Besondere an mir ist ...“ Sie überlegte. Rote Haare, größer als andere Frauen, in einem Männerberuf arbeitend. Dann hatte sie es: „... dass ich hexen kann.“ Sie dachte an die M&Ms und ein hämisches Hexenlachen formte sich in ihrem Kopf.
Kaum war Marie mit ihrem eigenen Profil fertig, suchte sie nach der Matching-Funktion. Ihre Begeisterung überraschte sie, aber sie schob die Aufregung auf ihre professionelle Neugierde. Da war es, das Matching. Sie klickte auf den Button und gelangte zu einer weiteren Eingabemaske. Dort konnte sie die Suche auf bestimmte Regionen in Deutschland, Österreich und der Schweiz einschränken, eine Spanne für die gewünschte Körpergröße eingeben und zwischen Rauchern und Nichtrauchern wählen. Marie kam sich vor, als hätte sie ein Rezept für das Backen ihres Traummanns gefunden. Sie grenzte die Suche auf einen Umkreis von fünf Kilometern um Stuttgart ein, gab als Mindestgröße 1,90 Meter an und setzte ein Häkchen bei „Nichtraucher“. Er sollte zwischen 30 und 35 Jahre alt sein. Haar- und Augenfarbe waren ihr egal – bloß nicht zu wählerisch werden. Zufrieden klickte sie auf „Suchen“. Jetzt würde sie gleich ihren Mister Perfect kennenlernen, analytisch fundiert ermittelt. Wie romantisch.
Sie war kurz davor, eine Kerze anzuzünden. Doch dann fiel ihr Karlo wieder ein, der ihr immer noch gegenübersaß. Spielverderber. Sie blickte auf und sah, wie er einen Kugelschreiber gedankenverloren an seiner Wange auf- und zuknipste. Was Menschen so taten, wenn sie nachdachten.
Maries Blick richtete sich wieder auf den Bildschirm, wo sich inzwischen das Ergebnis aufgebaut hatte. 90 Prozent! Da gab es einen Typen, der zu 90 Prozent zu ihr passen sollte? Sie klickte auf das Profil und erschrak: Das Foto zeigte einen dicklichen Mann, dessen Kopf von einem ungepflegten Haarkranz gekrönt war. Seine Oberlippe zierte ein Schnauzer. Sie wusste, dass es vorrangig auf die inneren Werte ankam, aber die äußeren Werte wurden in diesem Fall eindeutig unterschätzt.
Bevor sie genauer untersuchen konnte, warum genau dieser Mensch ihr Traummann sein sollte, kam Bernadette hereingeschneit und brachte sich mit ausgestrecktem Hintern und Schmollmund vor Karlos Schreibtisch in Position.
„Karlo, mein Lieblingskollege“, gurrte sie. „Nochmal wegen vorhin ...“
Marie versuchte, Bernadette auszublenden und sich wieder auf ihre Arbeit zu konzentrieren. Sie checkte ihre Mails und stieß auf eine Nachricht von einem Herrn, der zu 80 Prozent zu ihr passte. Das ging schnell. Hatte der Typ nichts zu tun und lauerte den ganzen Tag auf Neuzugänge? Marie öffnete die Mail:
Hallo mein Hexchen. Ich hätte da einen Zauberstab, den ich dir gerne vorführen würde. Schreib mir.
Och, bitte! Jetzt ging das hier so weiter wie bei Liebesbrief.de. Warum hatte dieser Kerl 80 von 100 Matching-Punkten? Hätten sie mal in dem Psychotest die geistige Reife überprüft!
Gregor schlenderte ins Büro und stellte sich zu Karlo und Bernadette. „Bernadette, Schätzchen, könntest du uns Männer mal für einen Moment entschuldigen? Wir haben wichtige Geschäftssachen zu besprechen.“
„Geschäftssachen?“
„Wichtige Geschäftssachen!“, bestätigte Gregor mit ernstem Gesicht, als müsste er gleich die Welt retten.
Bernadette schmiss die Haare über die Schulter und stöckelte zurück an ihren Platz.
Gregor wandte sich an Karlo: „Mensch, Alter, ziehst du die Frauen wieder an wie ein dreckiger Hund die Flöhe?“
Karlo schüttelte grinsend den Kopf.
Echt ein Angeber!, dachte Marie. Der versuchte noch nicht mal zu widersprechen.
Gregor fragte Karlo: „Jetzt Zeit für Mission ,Du weißt schon’? Da hinten
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