Verplant verliebt
gemütliches Nest zusammenschob. Marie war endlich mal wieder alleine zu Hause. Sie hatte sich auf den Abend gefreut, aber jetzt wollte sich die ersehnte Ruhe nicht einstellen. Eigentlich hatte sie alles zur Hand, was sie für einen entspannten Abend brauchte: einen selbstgemachten Limonen-Eistee, den neusten Spiegel-Bestseller und eine glücklich schnurrende Katze auf dem Schoß.
Doch ihre Gedanken kreisten um Karlo. Es ärgerte sie, dass er sich wie ein Platzhirsch aufgeführt hatte. Gleichzeitig hüpfte aber ihr Ego freudig auf und ab, weil es wusste: Er hat sich meinetwegen wie ein Platzhirsch aufgeführt. Ihre Neugier fragte sich, wie Karlos Eltern wohl waren und von wem er die grauen Augen hatte. Ganz leise meldete sich auch die Enttäuschung darüber, nicht dabei sein zu dürfen, wenn Karlo seine Eltern traf. Dann kam ihre Sorge um die Ecke und fragte, ob Karlo es eigentlich ernst mit ihr meinte, war er doch nicht einmal auf die Idee gekommen, sie seinen Eltern vorzustellen. Ihre Vernunft griff beschwichtigend ein: Es war ganz normal, dass man ein paar Monate wartete, bis man seine neue Freundin den Eltern präsentierte. Dass er ihre Familie schon kannte, war einem blöden Zufall geschuldet und Marie anfangs auch gar nicht recht gewesen. Ihre Willensstärke drängte sie, endlich das Buch zur Hand zu nehmen und zu entspannen. Doch ihre Gedanken drifteten immer wieder ab. Irgendwann gab Marie auf und rief Paula an.
„Hey Süße“, meldete sich Paula gut gelaunt.
„Hey“, gab Marie überschwänglich zurück.
Doch Paula kannte sie besser. „Was ist los?“
„Nichts. Ich habe mich nur gefragt, ob du Lust hast, ein wenig spazieren zu gehen. Das Wetter ist so schön.“
„Ich bin mit Gregor zu einem Picknick im Höhenpark verabredet. Komm doch einfach mit!“
Marie hatte wenig Lust, den Abend mit einem turtelnden Pärchen zu verbringen. „Macht das mal alleine.“
„Blödsinn! Du kennst Gregor schon viel länger als ich. Das wird ein netter Abend unter Freunden. Ich gehe noch kurz Essen für das Picknick einkaufen und bin in einer halben Sunde bei dir.“
Ehe Marie protestieren konnte, tutete es in der Leitung.
49
„Ich warte hier.“ Marie blieb in Paulas Auto sitzen. Wenn sie vorhin einen Schritt weiter gedacht hätte, wäre sie vielleicht darauf gekommen, dass sie Gregor abholen würden. Der Höhenpark lag in der Nähe des Lofts. Marie fühlte sich nicht wohl bei dem Gedanken, mit nach oben zu gehen, ob Karlo nun da war oder nicht. Marie wollte von Karlo in seine Wohnung gebeten werden und nicht wie ein Stalker den Loft auskundschaften, während er unterwegs war. Und falls er zu Hause war, dann sicher mit seinen Eltern.
Paula sah Marie kopfschüttelnd an. „Was habt ihr zwei schon wieder miteinander?“
„Nichts“, antwortete Marie möglichst unbeteiligt.
Paula verdrehte die Augen und schlug die Fahrertür zu.
Wenige Minuten später kam sie mit Gregor zurück.
„Na, Schneckchen?“, flötete der ihr entgegen.
„Karlo war nicht da, nur damit du’s weißt“, sagte Paula.
Gregor grinste breit. „Der ist heute mit seinen Eltern unterwegs, und ich habe die zwei bezaubernden Damen für mich alleine. Das wird ein super Ausflug.“
Karlo spazierte mit seinen Eltern zurück zum Loft. Seine Mutter hatte eine Hand in seine Armbeuge eingehakt und die andere auf seinen Oberarm gelegt. Er umfasste ihre Hand mit der seinen und drückte sie. Karlo wunderte sich, wie normal sich diese Geste anfühlte, auch wenn sie so ungewohnt war. Schon ihre Begrüßung am Nachmittag war viel herzlicher gewesen als früher. Anstatt ihn wie sonst eher zurückhaltend zu umarmen und ihm einen Kuss auf die Wange zu geben, war ihm seine Mutter um den Hals gefallen und hatte sich an ihn gedrückt. Dann war sie begeistert durch das Loft gelaufen, hatte Türen geöffnet, ohne vorher zu fragen, und immer wieder enthusiastisch ausgerufen, wie nett er und Gregor es doch hätten. Beim Abendessen im Höhencafé hatten sie über Hamburg, gemeinsame Bekannte, den letzten Segeltörn seiner Eltern und Karlos Arbeit bei JCN gesprochen. Seine Flucht nach Stuttgart und alles, was mit Tizianas Tod zusammenhing, hatten sie zu Karlos Erleichterung ausgespart.
„Ole, schau mal da hinten, die Flamingos.“ Karlos Mutter zeigte auf den kleinen See im Höhenpark. Begeistert wie sie war, wirkte sie auf Karlo viel jünger. Sein Vater sah sie mit einer Mischung aus Amüsiertheit und Verwirrung an.
Dann blickte seine Mutter zu
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