Verräterische Gefühle
schaute sie über die geschwungene Küstenlinie und dann hinaus aufs Meer. „Ich habe übrigens die ersten Entwürfe für deinen Film fertiggestellt“, sagte sie, um nicht zu sentimental und romantisch zu werden. „Nur ein paar hingeworfene Ideen, mit denen ich möglicherweise auch völlig falsch liege.“
„Hast du sie bei dir?“
Statt zu antworten, kramte Katie in ihrem Beutel und zog nervös ihr Skizzenbuch heraus. Nathaniel hatte sich neben sie auf den Felsen gesetzt und die langen, muskulösen Beine bequem von sich gestreckt. Er nahm ihr das Buch ab und blätterte schweigend Seite für Seite um.
„Braun?“, fragte er gedehnt.
„Ja“, bestätigte sie fast trotzig. „In dieser Szene ist die Heldin sich ihrer selbst noch unsicher und möchte nicht herausstechen. Später …“, Katie beugte sich vor und blätterte weiter, „… trägt sie lebhaftere, geradezu schillernde Farben und figurbetontere Sachen, weil sie es nicht mehr nötig hat, sich hinter ihrer Kleidung zu verstecken.“ Als sie Nathaniels forschenden Blick auf sich ruhen fühlte, errötete Katie und nahm ihm das Skizzenbuch ab. „Wenn du das für keinen guten Einfall hältst, kann ich …“
„Es ist eine exzellente Idee, Freitag“, sagte er langsam und benutzte den alten Spitznamen, um ihr etwas von der sichtbaren Verlegenheit zu nehmen. „Ein geradezu genialer Schachzug, den Charakter und die Gemütslage der Darsteller durch die Kleidung zu unterstreichen. Originell und sehr clever.“
„Findest du wirklich?“, fragte Katie, während sich die Röte auf ihren Wangen noch vertiefte. Diesmal aber vor Freude und Stolz.
„Ja, absolut! Bist du in der Lage, ein komplettes Kostümset zusammenstellen?“
„Wenn du einen PC hast, den ich benutzen darf.“
„Du kannst das nicht mit Papier und Stiften tun?“
„Doch, natürlich, aber das würde nicht halb so professionell wirken. Außerdem könntest du es nicht via E-Mail verschicken, falls du es mit jemandem abstimmen möchtest.“
„Gutes Argument. Ich werde mich noch heute darum kümmern.“ Mit einem kraftvollen Sprung kam er auf die Füße und reichte Katie die Hand, um ihr beim Aufstehen zu helfen. „Und jetzt genieße noch rasch die letzten Sekunden des Sonnenuntergangs. Ich befürchte, er ist das Äußerste an Romantik, das ich dir auf dieser Insel bieten kann.“
Wirksam auf die Erde und in die Realität zurückgeholt, ergriff sie die angebotene Hilfe, nur um im nächsten Moment atemlos an Nathaniels breiter Brust zu liegen. Wie das passiert war, konnte sie sich nicht erklären. Hatte er zu fest gezogen? War sie gestrauchelt? Oder lag es an diesem seltsamen, elektrischen Knistern zwischen ihnen?
Als sie Nathaniel unterdrückt fluchen hörte, wollte Katie sich rasch losmachen, wurde aber von starken Händen daran gehindert. Eine lag wie ein Schraubstock um ihre Taille, die andere ließ Nathaniel bedächtig über ihren Rücken hinuntergleiten, bis er eine runde Pobacke umfassen und Katie mit einem Ruck noch dichter an seinen erregten Körper pressen konnte.
Ihre Augen flogen auf, und vor sich sah sie nicht ihren temporären Gastgeber, sondern den Alpha Man … den rastlosen Soldaten, der die Tochter seines Feindes in den Armen hielt. Verstört von dieser absurden Vision wich Katie seinen fordernden Lippen aus.
„Nein!“ Es fiel ihr schwer zu atmen. „Das ist so unwirklich, geradezu surreal. Ich sehe in dir nur den Schauspieler, nicht den Mann.“
Nathaniel lehnte seine Stirn gegen ihre. „Aber küssen will dich allein der Mann, Katie“, murmelte er verführerisch, doch sie machte sich von ihm frei.
„Nein, ich spüre genau, dass du eine Rolle spielst. So wie an jenem Abend …“
„Da habe ich nicht geschauspielert“, protestierte Nathaniel und glaubte fast selbst daran. „Und jetzt tue ich es auch nicht.“
Es war eine Lüge. Aber eine, die ihm genau das verschaffte, was er am nötigsten brauchte: Ablenkung, Balsam für seine gepeinigte Seele. Außerdem gehörte es zu dem uralten Spiel zwischen Mann und Frau, oder nicht?
„Du weißt genau, wie du eine Frau ansehen musst, damit sie sich schön fühlt“, sagte Katie. „Das Fatale ist nur, ich weiß es ebenfalls, und trotzdem wirkt dieser Trick bei mir wie bei jeder anderen.“
„Katie, ich …“
„Und so verlockend es auch ist, mir vorzumachen, ich sei hinreißend genug, um den begehrtesten Hollywood-Star zu bezaubern – ein Blick in den Spiegel bringt mich schnell auf den Boden der Tatsachen
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