Verräterische Lippen
zur
Verfügung gestellt hat .«
»Das
ist ein weiteres, gravierendes Vergehen«, sagte er gewichtig. »Einen Polizisten
angreifen, ihm seine Waffe abnehmen...«
»Das
können wir jetzt wohl vergessen, Oberst Juarez«, ergriff Rodriguez das Wort.
»Señor Roberts hat uns seine Handlungsweise erläutert. Nun müssen wir uns
darauf konzentrieren, Señorita Mendez ausfindig zu machen .« Er lächelte mich an wie ein satter Jaguar. »Wie General Ortez bereits ausführte, sind wir Ihnen für die Entdeckung dankbar, daß die Señorita
noch am Leben ist .« Er verschränkte die Hände hinter
dem Rücken und begann, im Raum auf und ab zu wandern.
»Ich
glaube nicht, daß wir ihm trauen können«, meinte Juarez wütend.
»Und
ich glaube, wir können es uns nicht leisten, ihm nicht zu trauen«, gab der
General zu bedenken. Er lehnte lässig an der Hausbar.
»General Ortez hat recht«, erklärte Rodriguez entschieden.
»Offensichtlich sind wir hereingelegt worden. Geben Sie es zu, Oberst. Die
Entführer wollten, daß wir Señorita Mendez für tot hielten. Deshalb wählten sie
ein Opfer aus, das ihr äußerlich ähnlich sah, und machten es weitgehend
unkenntlich .«
»Ich
frage mich nur, warum das alles ?« wandte ich ein.
»Ja,
Señor Roberts, warum ?« fragte Ortez interessiert. »Haben Sie eine Theorie ?«
»Nein«,
bekannte ich. »Aber offenkundig haben sie nicht die Absicht, bei ihrem
ursprünglichen Plan zu bleiben und Präsident Mendez zum Rücktritt zu zwingen .«
»Zweifellos
haben sie die Aussichtslosigkeit dieses Plans eingesehen«, meinte Rodriguez
ungeduldig. »Denken wir nicht mehr an die Vergangenheit, sondern konzentrieren
wir uns auf unsere künftigen Schritte .«
Ich
ging hinüber zur Bar, während Rodriguez seine Wanderung fortsetzte. Da in
meinem Kopf sowieso alles ziemlich durcheinander schwirrte, war es sinnlos, auf
einen Drink zu verzichten.
»An
was für Schritte hatten Sie etwa gedacht, Señor Rodriguez ?« wollte ich wissen. »Ich meine in Anbetracht der Tatsache, daß wir keine Ahnung
haben, wo Señorita Mendez hin ist, wer sie geschnappt hat, oder was der
Betreffende — sofern sie geschnappt worden ist — mit ihr zu tun beabsichtigt .« Ich schenkte mir einen Bourbon pur ein.
Rodriguez
wanderte noch immer. Juarez verfolgte ihn mit den Blicken. Der General lächelte
wohlwollend zu mir herüber.
»Die
Leute haben sich mit mir in Verbindung gesetzt«, erklärte Rodriguez mit
plötzlicher Entschlossenheit. »Vor einer Stunde. Gleich nachdem General Ortez mich von Ihrem Gespräch mit ihm unterrichtet hatte. Ich
war mir nicht sicher, was ich tun sollte, ob ich Ihnen Vertrauen schenken
sollte oder nicht. Aber offensichtlich, wie der General sagt, bleibt uns keine
Wahl .«
Ich
nahm einen schnellen Schluck Bourbon und starrte Rodriguez fassungslos an.
»Die
Entführer haben sich mit Ihnen in Verbindung gesetzt ?« wiederholte ich langsam.
»Ja.«
»Wollten
sie sich bloß ein bißchen mit Ihnen unterhalten, oder hatten sie etwas von
Interesse zu sagen ?«
»Von
einigem Interesse«, erklärte Rodriguez. »Sie haben nämlich verlangt, mit Ihnen
zu reden .«
»Vor
zwei Stunden noch haben sie mich zu erschießen versucht .« Ich füllte mein Glas erneut und schob die Flasche dem General hinüber. Er nahm
einen Schluck daraus, leckte sich die Lippen und bedachte mich mit einem
freundlichen Grinsen. »Vielleicht hoffen sie, auf kürzere Entfernung besser zu
treffen«, überlegte ich laut. »Haben sie Señorita Mendez überhaupt erwähnt ?«
»Selbstverständlich.«
Rodriguez musterte mich stirnrunzelnd. Sein schmales, hageres Gesicht schien
meine Anwesenheit im Raum als Zumutung zu empfinden.
»Was
haben sie gesagt ?« bohrte ich.
»Daß
sie die Tochter des Präsidenten in ihrer Gewalt haben, und daß sie sich wohlauf
befindet. Das war alles .«
»Als
ich Señorita Mendez sah, war sie in der Tat noch in bester Verfassung. Haben
die Leute Ihnen zufällig verraten, auf welche Weise sie sich wieder ihrer
bemächtigt haben ?«
»Sie
haben gar nicht erwähnt, daß sie ihnen überhaupt abhanden gekommen war«,
erwiderte Rodriguez glattzüngig.
»Ich
glaube nicht, daß die Frau, die Sie gesehen haben, die Señorita gewesen ist«,
erklärte Juarez verächtlich.
»Wenigstens
nimmt meine Glaubwürdigkeit zu«, parierte ich grinsend. »Vor ein paar Minuten
haben Sie nicht einmal geglaubt, daß ich überhaupt eine Frau gesehen habe .«
»Sind
Sie wirklich ganz sicher...«, warf Rodriguez
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