Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verräterische Lippen

Verräterische Lippen

Titel: Verräterische Lippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
ins Mondlicht. Dann wandte er sich uns zu.
    Er
war ein großer, amerikanisch wirkender Mann mit eisgrau-meliertem,
kurzgeschnittenem Haar. Auf seinem Gesicht spiegelte sich erst Überraschung und
dann Ärger, während er die Waffe hob, die er in der Hand hielt.
    Der
Abstand betrug etwa neun Meter, und wenn der Kerl ein guter Schütze war, mußte
ich ein toter Mann sein, bevor ich meine Pistole aus der Tasche gezogen hatte.
Dennoch hat eine drohende Niederlage Randall Roberts noch nie davon abgehalten,
wenigstens sein Bestes zu versuchen.
    Die
Präsidententochter befand sich hinter mir. Wahrscheinlich zögerte der Mann
deshalb, abzudrücken.
    Er
zielte, und ich schoß.
    Meine
Schießkünste sind nicht überragend, aber meistens habe ich Glück. Auch diesmal
ließ es mich nicht im Stich. Ich traf ihn irgendwo in den Bauch, der die beste
Zielscheibe bot.
    Er
feuerte ebenfalls, aber die Kugel pfiff über unsere Köpfe hinweg. Ich wartete nicht
ab, bis er zu Boden sank. Nach der Art zu urteilen, wie er vergeblich
versuchte, mit beiden Händen den Blutstrom zu stoppen, der sein weißes Hemd rot
färbte, konnte das jedoch nicht mehr lange dauern.
    »Du
verdammter Hund !« schrie er haßerfüllt. Sein Akzent
bestätigte, was ich bereits vermutet hatte: der große Amerikaner den ich gerade
niedergeschossen hatte, war Hector Crawfield .
    Ich
rannte auf die Mauer zu, die nur etwa drei Meter entfernt war. Sie hatte zwar
eine Höhe von schätzungsweise drei Meter fünfzig, aber wenigstens weder
Stacheldraht noch Eisenspitzen auf ihrer Krone.
    Marguerita
hatte ich noch immer fest am Arm gepackt. Als wir vor der Ziegelmauer standen,
faßte ich die Präsidententochter um die Taille und hob sie auf meine Schultern.
»Richten Sie sich auf !« keuchte ich. »Und ziehen Sie
sich hinüber .«
    »Ja,
Señor.« Sie hatte sich auf die Mauer gestemmt, bevor ich noch ihr Gewicht
richtig spürte. Als sie auf der anderen Seite verschwand, rannte ich ein paar
Meter zurück, stopfte die Pistole in meine Tasche und nahm Anlauf, um selbst
über die Mauer zu gelangen.
    Ich
erwischte den Mauerrand mit beiden Händen, rutschte dann jedoch mit der Rechten
ab. Mein Gesicht verzerrte sich vor Anstrengung, nicht auch mit der Linken noch
den Halt zu verlieren. Ich gab mir mit den Beinen Schwung und griff mit der
rechten Hand nach. Im selben Augenblick zersplitterte eine Kugel den Ziegel
knapp über meinem Kopf. Die abgeplatzten Teilchen flogen gegen meine Stirn.
    In
solchen Sekunden hilft es, Kraftreserven zu haben. Und noch mehr hilft nackte
Angst. Man denkt gar nicht nach und weiß hinterher überhaupt nicht, wie man es
eigentlich geschafft hat.
    Ein
zweiter Schuß fiel, als mein Magen Kontakt mit dem Mauerrand bekam, aber mein
Verstand registrierte nicht, wo die Kugel einschlug. Dann schwang ich mich
hinüber und ließ mich fallen.
    Meine
Füße trafen auf festen Boden, und ich rollte. Den Aufprall empfand ich kaum.
Halb laufend, kam ich mühelos auf die Beine und blickte mich aufgeregt nach
allen Seiten um.
    Bis
zur Felswand und hinüber zur Straße gab es keine Bäume, nur flaches Grasland.
Ein bißchen Gebüsch säumte den Fußweg, aber es war zu niedrig, um sich dahinter
zu verstecken.
    Das
Mädchen war verschwunden.
    Nachdem
ich ein paar Schritte gemacht hatte, hörte ich das Zuschlagen einer Tür. Dann
sah ich die Gestalt des Schützen auftauchen. Ein zweites Mal wollte ich mein
Glück in puncto Schießkunst lieber nicht riskieren. Außerdem kannte das Mädchen
bestimmt die Treppe zum Felsen hinauf und war auf diesem Weg geflohen.
    Ich
erreichte das Ende der Mauer noch vor dem nächsten Schuß, schaffte aber die
Kurve nicht mehr. Eine Kugel zischte an meinem Kopf vorbei, dann war ich um die
Ecke verschwunden.
    Oben
angelangt, hockte ich mich hinter den Busch und zückte meine Pistole. Sie fühlte
sich kühl und beruhigend an. Ich wartete, daß der Schütze um die Mauerecke kam.
    Im
Grunde wußte ich, daß er hätte erscheinen müssen, bevor ich noch das Ende der
Treppenstufen erreicht hatte. Aber ich wartete trotzdem. Nach zwei Minuten
wußte ich, daß er nicht mehr kommen würde.
    Er
hatte mich laufen lassen, was interessant war. Noch interessanter war die
Tatsache, daß der schmalgesichtige, höfliche, kleine Mann mit meinen
fünftausend Dollar das Weite gesucht und Marguerita Mendez sich anscheinend in
Luft aufgelöst hatte.
     
     
     

7
     
    Das
Haus war verlassen, als ich zurückkam. Ich öffnete alle Türen, sah in sämtliche
Schränke,

Weitere Kostenlose Bücher