Verraeterisches Herz
„Ja“, sagte er gepresst. „Ich muss.“ Er ging aus dem Zimmer. Alicia blieb allein zurück.
Wütend marschierte sie ins Bad, um sich bettfertig zu machen. Nichts hatte sich also geändert. Alles war noch genauso wie vor fünf Jahren. Sie bat ihn, Zeit mit ihr zu verbringen, und er schützte Arbeit vor. Stirnrunzelnd musterte sie ihr Spiegelbild. Dann fiel der Groschen. Damals, hatte er gesagt, habe er sich von ihr ferngehalten, weil er sie sonst verführt hätte. Hatte er sich aus diesem Grund wieder unter demselben Vorwand zurückgezogen?
Und damals hatten sie noch in verschiedenen Zimmern übernachtet. Um die Fassade ihrer Versöhnung aufrechtzuerhalten, war es nun jedoch nötig, dass sie zumindest in denselben Gemächern, wenn auch nicht in einem Bett übernachteten. Mittlerweile würde Megan die Neuigkeiten an ihren Bruder weitergegeben haben. Hoffentlich nahm er ihnen die Scharade ab.
Alicia zog ihr Nachthemdchen an und streifte einen Morgenmantel über. Sie war gerade dabei, sich die Zähne zu putzen, als ihr plötzlich der riesengroße Fehler in ihrem Plan aufging.
Unten, auf der Terrasse, dachte Francesco seit geraumer Weile über denselben Fehler nach. Er hatte ihn von Anfang an gesehen, nur Alicia war er bislang glücklicherweise nicht aufgefallen. Wenn sie nach zwei Wochen nach Hause zurückkehrte, war es viel zu früh, um ihre Familie und vor allem Gareth Davies davon zu überzeugen, dass sie sich wirklich wieder versöhnt und zusammengefunden hatten. Bei dem Gedanken, dass Gareth Alicia bedrängte, sah Francesco rot.
In dem Moment, in dem er sie wiedergesehen hatte, war ihm klar geworden, dass er sich niemals von ihr scheiden lassen wollte. Ein Blick hatte ausgereicht, um die alten Gefühle lebendig werden zu lassen. Er ballte die Hände zu Fäusten. Kein Mann würde sie ihm wegnehmen, am allerwenigsten Gareth Davies.
In gewisser Weise, erinnerte er sich, musste er ihm dankbar sein. Hätte Alicia nicht so große Angst vor ihm, wäre sie jetzt nicht hier. Francesco legte den Kopf in den Nacken und blickte zu den Sternen hinauf. Nun war es an ihm, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um sie zurückzugewinnen.
Denn ganz gleich, wie sehr sie es abstritt, er war sich sicher, dass sie ihn auch noch liebte. Er atmete tief ein. Mit ein bisschen Glück schlief sie bereits, sodass er sich unbemerkt an ihr vorbei auf die Couch schleichen konnte.
Als Francesco die Tür zu seinem Schlafzimmer öffnete, wurde ihm das Herz schwer. Das Licht brannte, und Alicia schlief nicht. Stattdessen saß sie lesend auf dem Bett. Die Haare fielen ihr in seidigen Locken über die Schultern. Sie hatte jede Spur Make-up entfernt, sodass ihre wunderbaren Sommersprossen zum Vorschein kamen.
„Hi“, begrüßte sie ihn lächelnd. „Fertig mit arbeiten?“
Francesco gab auf. Ein Mann konnte einfach nur ein gewisses Maß an Versuchung ertragen. „Es gab keine Arbeit, die unbedingt heute Abend erledigt werden musste“, gestand er und machte einen Schritt aufs Bett zu.
Alicia lächelte zuckersüß, um ihren Triumph zu verbergen. „Ist es eigentlich schon länger her, dass du einen Ausflug nach Rom unternommen hast?“
Einen Moment schaute er sie perplex an, dann funkelte das vertraute Feuer in seinen Augen auf. „Es ist eine Weile her, ja. Aber, Alicia, ich werde unsere Situation nicht ausnutzen.“
„Gut.“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Hast du dir schon Gedanken darüber gemacht, was passiert, wenn ich wieder nach Hause zurückfliege und mein normales Leben weiterführe? Wie kann ich Gareth von einer dauerhaften Versöhnung überzeugen?“
„Du sagst ihm, ich hätte dir erlaubt …“
„Erlaubt?“
Francesco verdrehte die Augen. „ Mi dispiace . Lass mich noch einmal anfangen. Du musst ihm zu verstehen geben, dass wir vorhaben, uns so oft wie möglich zu sehen, bis deine Firma einen Ersatz für dich gefunden hat.“
Alicia schüttelte den Kopf. „Das könnte sehr schnell passieren.“
„Dann sag ihm, dass du ihn niemals lieben kannst, weil du immer noch in mich verliebt bist.“ Er setzte sich auf die Bettkante.
„Nicht unbedingt das, was Gareth hören will.“ Sie versuchte, unauffällig aus Francescos Nähe zu rücken, aber ihr Körper weigerte sich zu kooperieren.
„Versprich mir, dass du jeder Situation aus dem Weg gehst, in der du mit ihm alleine sein könntest, tesoro .“
Ihr Herz schien einen Schlag auszusetzen. An die caras und carinas hatte sie sich gewöhnt. Aber tesoro
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