Verrat der Welten - Niven, L: Verrat der Welten - Betrayer of Worlds
blickte sich selbst in die Augen. Einst hatte er danach gestrebt, über ganze Welten zu herrschen, und nun reichte sein Herrschaftsbereich exakt so weit wie dieses kurze, aus einem Schiffswrack geborgene Stück Kabel. Einst war er ein großer Wissenschaftler gewesen, und nun war das einzige Werkzeug, das ihm zur Verfügung stand, der Druckanzug, der ihn am Leben erhielt. Einst war er zwischen den Sternen umhergereist, und nun würde, vom blassen Licht der Displays im Inneren seines Helms abgesehen, das Licht der Sterne das Einzige sein, das er bis zum Ende seiner jämmerlichen Existenz sehen würde.
Warum sollte er überhaupt auf die Pak warten? Er könnte doch auch jetzt schon allem ein Ende machen. Gut, sein Druckanzug würde sich im Vakuum nicht öffnen lassen. Auch das Lebenserhaltungssystem könnte Achilles nicht deaktivieren. Aber nichts und niemand konnte ihn davon abhalten, den Stoff des Anzugs an einem scharfkantigen Trümmerstück aufzureißen. Oder er könnte seine Sicherheitsleine lösen, sich dann vom Schiffswrack abstoßen und so den Schutz der GP-Zelle verlassen. Die Strahlung würde ihn töten, wenn auch langsam. Das Lebenserhaltungssystem des Druckanzugs, das ihn nicht würde retten können, würde ihn mit Drogen vollpumpen, was ihm das Sterben enorm erleichtern würde.
Immer wieder döste Achilles ein und dachte in den Wachphasen über die Möglichkeiten nach, die ihm offenstanden. Sein oder nicht sein.
Eine Bewegung!
Das waren keine umhertreibenden Trümmer! Die Trümmer bemerkte Achilles mittlerweile gar nicht mehr. Die Scheinwerfer an seinen Helmen waren längst erloschen, schon seit – ach, Achilles wusste nicht, wie lange schon. Auf jeden Fall war es lange her. Seine Augen hatten sich bereits vollständig an das blasse Sternenlicht angepasst. Ihm wäre wohl kaum ein Schiff unter Fusionsantrieb entgangen. Nein, sicher nicht!
Stimmen!
Stimmen, die er verstand. Ah, er redete schon wieder mit sich selbst, ja, hatte es nicht einmal bemerkt!
Eine Zeitlang lauschte er den Stimmen. Er wunderte sich, dass er überhaupt nicht wie er selbst klang. Und warum sprach er denn bloß so leise? Solange er noch Neugier aufbrachte, befasste er sich mit dem sonderbaren Gefühl, eine Bewegung bemerkt zu haben.
Eine Bewegung außerhalb des Schiffswracks – Sterne, die hin und wieder verdeckt wurden. Sie verschwanden – hinter einem Schiff!
Mit den Zungen aktivierte Achilles die Funkgeräte in seinen Helmen. Aus dem Flüstern wurde die wunderbare, melodische Stimme eines anderen Bürgers.
»... Raumschiff Aegis . Bitte melden! Ich wiederhole: Hier spricht Konkordanz-Raumschiff Aegis . Bitte melden! Ich wiederhole: Hier spricht ...«
»Hier!«, rief Achilles, und die Harmonien seiner Stimmen verrieten äußerste Dringlichkeit. »Ich bin hier drin! Hier!«
» Aegis . Bitte melden! Ich wiederhole: Hier ...«
Der Funkspruch, offensichtlich eine Aufzeichnung, verstummte. »Ich schicke einen Menschen mit einer Stepperscheibe zu Ihnen hinüber«, sagten die Stimmen. »Sie sind in Sicherheit!«
13
In leichtem Galopp kam Achilles auf die Brücke. Er warf einen Blick auf das Hauptdisplay und verzog höhnisch die Lippen. »Sie denken wohl, wir müssten uns jetzt bei denen entschuldigen, was?«
Nessus löschte das Abbild des im Raum treibenden Pak-Schiffes vom Hauptschirm. Dann erhob er sich von der Pilotenliege. Redlich mühte er sich um Nachsicht, aber es fiel ihm außerordentlich schwer. Vielleicht wäre es ihm leichter gefallen, hätte Achilles auch nur das geringste Mitleid mit all den New Terrans gezeigt, die er in den Tod geschickt hatte ...
Sosehr sich Nessus auch bemühte, er vermochte diesen grundlosen Angriff auf die Pak nicht zu rechtfertigen. Die Fremdweltler hatten schon vor vielen Jahren einen Kurs weitab von der Weltenflotte angelegt. Nur noch wenige Jahre, dann wäre auch die Nachhut der Pak nur noch Geschichte, wenn auch eine unerfreuliche Episode. Warum also jetzt die Aufmerksamkeit der Pak erregen?
Erstaunlich rasch hatte Achilles die Schrecken seines Martyriums überwunden. Er hatte sein Fell, ein lohfarben geschecktes gebrochenes Weiß, so lange gebürstet, bis es glänzte. Seine braune Mähne strotzte regelrecht vor Zöpfen und Locken, geschmückt mit ins Orange hineinspielenden Granaten. Statt eines Mehrzweckgürtels in Standardausführung hatte er sich an Bord sogleich eine Schmuckschärpe mit sämtlichen Insignien, die einen Wissenschaftsminister auszeichneten, synthetisieren
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