Verrat im Höllental
im
Lande. Zig Pflanzen sind hier bedroht. Sie stehen unter Schutz, wobei zu
unterscheiden ist zwischen vollkommen geschützten Arten, die weder gepflückt
noch von ihrem Standort entfernt werden dürfen, und teilweise geschützten
Arten. Bei denen dürfen die oberirdischen Pflanzenteile gesammelt werden.
Allerdings nur außerhalb von Naturschutzgebieten und Nationalparks und nur in
unbedeutenden Mengen und zu privaten Zwecken. Vollkommen geschützt sind zum
Beispiel der Deutsche Enzian, die Gemeine Küchenschelle, der Gelbe Eisenhut,
die Einknolle, die Bergkiefer und viele, viele andere. Teilweise geschützt sind
die Duftende Schlüsselblume, der Geißbart und... Aber damit will ich euch nicht
langweilen. Das gehört auf den Kongreß, zu dem ich nachher noch weiter muß.
Nach Bad Wiesentau. Besonders die Umweltverschmutzer werden wir uns vornehmen.
Zum Glück liegt Direktor Gisen-Häpplich ganz auf meiner Linie.“
„Ahhh“, dehnte Klößchen. „Herr
Gisen-Häpplich ist doch der Direktor der Nosiop-Chemie AG, nicht wahr? Mein
Vater kennt ihn gut. Sie sind im selben Club. Rotations-Club — oder so ähnlich...“
Die Knoths schmunzelten. Offenbar hieß
der Club anders. Und der Zahnarzt setzte ahnungslos einen Hammer drauf, sagte
nämlich: „Dann ist dein Vater wohl auch Industrieller und hat mit Giftmüll zu
tun. Hätte ich wissen müssen. Ihm wäre eine Einladung zum Kongreß zugegangen
und...“
„Papa, nein!“ rief Porsche-Hubi mit
Lachtränen in den Augen. „Daß bei Herrn Sauerlich Giftmüll anfällt, kann man
nun wirklich nicht behaupten. Er ist Schokoladenfabrikant.“
„Jetzt verstehe ich“, lachte Dr. Knoth,
„wieso dir die Kakaobäume am Herzen liegen, Willi. Gut, die schützen wir auch.
Ebenso wie die Weinstöcke. Daß ich Direktor Gisen-Häpplich für den Naturschutz
gewinnen konnte, war gar nicht so einfach. Bei ihm fällt an, was wir tickende
Bomben nennen.“
„Hört sich gefährlich an“, sagte Gaby
und machte neugierige Augen.
„So nennen wir bestimmte Tankwagen“,
erklärte Dr. Knoth. „Sie sind randvoll mit gefährlichem Gift, ohne das in
gewissen Chemie-Werken nichts geht. Vor Zeiten wurden diese Gifte einfach in
der Umwelt abgeladen. Sie wurden verbuddelt oder in Flüsse, Teiche und Meere
geleitet. Heute müssen wir das büßen. Viele Gewässer sind so tot wie ein Faß
Jauche. Kein Fisch könnte darin überleben. Und wo man die Gifte vergraben hat,
ist der Boden verseucht. So ergab sich die Frage: Wohin mit dem Gift? Gelöst
ist das Problem noch lange nicht. Aber das Gift wird wenigstens nicht mehr in
die Umwelt geleitet, sondern in Lagerstätten aufbewahrt oder — falls das
möglich ist — vernichtet. Die Tankwagen, die tickenden Bomben, bringen es hin.
Sie rollen durch unser Land. Wir begegnen ihnen, denken vielleicht, das seien
Molkereiwagen mit Magermilchjoghurt und ahnen nicht, wie gefährlich der Inhalt
ist. Hin und wieder verunglückt ein Tankwagen. Wenn die Giftbrühe ausläuft, ist
was los.“
Er schnitt ein Gesicht, als hätte er
den Weltuntergang schon dreimal als Augenzeuge erlebt.
„Diese flüssigen Gifte gefährden vor
allem das Grundwasser“, meinte Karl. „Wenn das passiert, dann Gute Nacht. Dann
können wir baden gehen. Vielmehr: Das können wir dann nicht!“
Die Knoths nickten.
Tarzan sah unauffällig zur Uhr. Wann
kam Nicole Tepler zurück? Die Zeit wurde knapp.
„Gisen-Häpplich“, sagte Gaby, „ist ein
seltener Name. Vielleicht ist Emma Gisen-Häpplich mit Ihrem Chemie-Direktor
verwandt, Herr Dr. Knoth.“
„Du kennst die Seniorin?“ fragte der
Zahnarzt erstaunt. „Sie ist seine Mutter.“
„Letztes Jahr zu Weihnachten hat sie
für unseren Schwimmclub 1000 Mark gestiftet. Damals habe ich das Rückenschwimmen
über 200 Meter gewonnen. Sie werden es nicht glauben, aber die alte Dame gab
mir wertvolle Tips. In ihrer Jugend“, Gaby lachte, „so vor 100 Jahren etwa, war
sie selber eine begeisterte Schwimmerin. Auch Rückenkraul. Jedenfalls habe ich
dank ihrer Tips meine Wende verbessert.“
Auch Dr. Knoth lachte. „Über 100 ist
die alte Dame bestimmt nicht. Als ich ihr das letzte Mal begegnete, war sie
sehr munter. Zu munter.“
„Am liebsten wäre sie mitgeschwommen“,
nickte Gaby, „als wir die Clubmeisterschaft hatten. Einen der vorderen Plätze
hätte ich ihr zugetraut.“
Jetzt wurde es Zeit für Dr. Knoth.
Porsche-Hubi rief ein Taxi.
Daß ihm die Silberrakete gehörte, die
unten vor dem Haus stand, durfte Dr. Knoth senior
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