Verrat im Höllental
Wahrheit.
Klößchen hatte die Reste vertilgt, aber deshalb kein schlechtes Gewissen.
„Hallo!“ sagte Nicole Tepler und zwang
sich zu einem Lächeln.
Sie schritt über die Schwelle. Mitten
im Atelier blieb sie stehen. Ihr Blick klebte an den Tafelbildern, den
gefälschten.
„Und Sie können nicht mal die Polizei
verständigen“, lächelte Hubi, nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte.
„Aber keine Sorge. Sie kriegen die Bilder zurück. Oder nein! Ich kaufe sie.
Allerdings — bezahlen muß ich in Raten. Es sei denn, Sie überlassen sie mir zum
Freundschaftspreis.“
„Sie werden mich nicht anzeigen?“
Vorsichtig nahm er ihre Hand, beugte
sich über die schlanken Finger und küßte sie.
„Ich verehre die Künstlerin — und die
Frau.“
Sie lächelte knapp und entzog ihm die
Hand.
Klößchen, hinter Hubi verborgen, übte
Handküsse, indem er wie wild auf nicht vorhandene Finger küßte. Man konnte auch
meinen, er verschlinge eine Portion Kalbsbraten.
„Ich verstehe nicht“, flüsterte Nicole.
„Wie... sind Sie in meine Wohnung gekommen? Ich habe doch ein
Sicherheitsschloß.“
„Aber nicht an der Dachluke“, sagte
Tarzan. „Ist Ihnen nicht aufgefallen, daß sie noch ein bißchen geöffnet war?
Leider mußte ich die Gummipolsterung anbohren. Aber deshalb regnet es nicht
rein. Sind nur ganz kleine Löcher.“
Jetzt wackelten ihr doch die Knie. Sie setzte
sich rasch. Hubi nahm die Gelegenheit, um die TKKG-Freunde namentlich
vorzustellen.
Als Klößchen an der Reihe war, sagte
er: „Freut mich sehr, eine so bedeutende Kunstgewerblerin kennenzulernen. Wenn
ich malen könnte wie Sie, würde ich nicht in der Art der Kraniche fälschen,
sondern mir selbst was ausdenken, statt abzupausen. Malen Sie doch in der
Manier von Nicole Tepler.“
Nilpferdzart, wie immer, hatte er das
Thema aufs Tablett gehoben.
Einstimmiges Schweigen folgte.
Nicole zerrte an ihren Fingern. Dann
richtete sie die Veilchenaugen auf Hubi. „Ja, ich fälsche Bilder. Gerade Ihnen
bin ich aus dem Weg gegangen, Herr Doktor. Ich befürchtete, Sie würden mich auf
meine Arbeit ansprechen.“
„Jetzt sprechen wir Sie an“, sagte
Gaby. „Was Sie tun, ist Betrug.“
„Ich... ich wollte schon lange damit
auf hören. Aber... ich brauchte das Geld. Viel bekomme ich nicht dafür. Nur...
Außerdem gebe ich zu, daß es mir Spaß gemacht hat, die alten Meister zu
kopieren (nachbilden). Doch nun ist Schluß damit. Das verspreche ich
euch.“
Gaby öffnete schon die Lippen zur
Erwiderung, aber Knoth kam ihr zuvor.
„Lassen Sie mich zunächst mal erklären,
weshalb wir bei Ihnen eingebrochen sind.“ Er tat’s, ohne seine Rolle zu
beschönigen, löste auch keine Heiterkeit aus und fuhr fort: „So sind wir Ihnen
zufällig auf die Schliche gekommen. Wir haben beschlossen, Sie nicht
anzuzeigen. Das sollen Sie selbst tun. Selbstanzeige beinhaltet Reue. Damit
sind Sie schon halb aus dem Schneider. Außerdem halten wir Sie nur für das
mißbrauchte Werkzeug des eigentlichen Missetäters. Sie haben doch bestimmt
einen Auftraggeber. Er ist der Schuldige.“
Tarzan beobachtete die junge Frau.
Sie klapperte ein bißchen mit den
Zähnen und bewegte heftig die Zehen. Ihr gelangen schüchterne Augenaufschläge,
und ihre Miene war wie das Unglück persönlich. Aber ihre Augen blieben
eissalat-kühl. Wahrscheinlich suchte sie nach einem Ausweg, spürte aber, daß
sie die fünf nicht eintüten konnte.
„Ja“, hauchte sie. „Er hat mich dazu
gedrängt. Es ist...“ Sie zögerte. „Aber wenn ich das sage...“
„Sie müssen es sagen“, stieß Knoth
nach.
„Es ist mein Chef. Franz-Anton Kläcksl
von der Galerie K. Er... er... findet immer wieder Dumme, denen er die
Fälschungen andreht. Ich meine, so viele habe ich noch nicht...aber... einige —
wenige — sind’s.“
„Kläcksl?“ erkundigte sich Klößchen. „Malt
der auch?“
„Nein. Er ist Geschäftsmann. Absolut
unkünstlerisch. Er“, sie schluchzte, „verdient klotzig an meiner Arbeit, der
Saukerl! Aber er gibt mir nur wenig.“
„Dann sind Sie auch etwas weniger
schuldig“, schaltete Karl sich ein. „Soweit ich die rechtliche Seite beurteilen
kann, wird man Sie nicht ins Gefängnis stecken. Aber mit der Selbstanzeige
sollten Sie nicht bis Weihnachten warten, sondern lieber gleich das Hasenherz
in beide Künstlerhände nehmen. Gabys Vater ist Kripo-Kommissar, nämlich der
bekannte Emil Glockner. Wenn Sie sich ihm anvertrauen, können Sie mit
Verständnis
Weitere Kostenlose Bücher