Verrat im Höllental
bin,
ist auch nur ein Mensch — und kann allem widerstehen, aber nicht der
Versuchung. Mein Porsche war die Versuchung. Ich bin gestrauchelt. Dazu stehe
ich, verdammt nochmal! Jetzt bin ich soweit, jawohl. Nachher rufe ich meinen
Vater an — und gestehe ihm alles.“
„Nur nichts überstürzen“, sagte Karl. „Ich
meine, bringen Sie’s ihm schonend bei. Vielleicht lacht er, wenn er hört, was
sich daraus ergeben hat — aus dem verzweifelten Vorhaben, Ihre Atelier-Wohnung
mit Kunstwerken auszustatten. Ein Gauner ist aufgeflogen und die Fälscherin
Ihnen... äh... naja, das werden Sie ihm erklären.“
„Werde ich!“ nickte Hubi. „Und euch
danke ich. Ich wart großartig, wie immer.“
Sie waren angelangt vor seiner Adresse.
Niemand hatte die Drahtesel angerührt, niemand den Porsche bespuckt.
Man verabschiedete sich.
Für Tarzan und Klößchen wurde es
höchste Zeit, zur Internatsschule zurückzuradeln.
„Sonst verpassen wir auch noch das
Abendessen“, meinte Klößchen — mit einer Miene, als handele es sich um das
Endspiel der Fußball-Weltmeisterschaft.
„Ich muß noch zu Karstadt und für Oskar
Hundekuchen holen“, sagte Gaby. „Ist dort am preiswertesten. Bei einer
10-Kilo-Packung lohnt sich der Umweg. Mein Schlappohr frißt nämlich zur Zeit
wieder wie eine siebenköpfige Raupe.“
„Könnte mir nicht passieren“, lachte
Klößchen, „weil ich auf Hundekuchen nicht stehe.“
Hubi war im Haus verschwunden.
Karl deutete Aufbruch an, indem er sich
aufs Rad schwang.
Klößchen öffnete eine Tafel Schokolade.
Auf die stand er. Und Stärkung für den Rückweg war nötig.
„Dann bis morgen.“ Zärtlich legte
Tarzan einen Arm um seine Freundin.
Karl und Klößchen guckten weg, als er
sie rasch auf den Mundwinkel küßte.
Sie pustete gegen ihre Ponyfransen und
stupste ihre Nase an seine.
Die Sonne stand tief. Eine frühe
Dämmerung breitete sich über die Stadt.
Es war unsagbar schwer, sich
voneinander zu trennen. Jedenfalls für Gaby und Tarzan. Aber der nächste Tag
kam bestimmt und darauf freuten sich beide.
6. Nur Champagner und Rosen
Kommissar Glockner hielt Wort. Es
dauerte wirklich nicht lange — im Polizei-Präsidium. Nicole wiederholte ihre
Aussage, belastete Kläcksl, unterschrieb das Protokoll, gelobte Reue und
Besserung sowieso — was sie aber nicht unterschrieb, und konnte absocken.
Sie winkte sich ein Taxi und nannte die
Adresse ihrer Mutter als Ziel.
Magda Tepler wohnte in einem der
Vororte, wo allabendlich Laternenparker die Straßen verengten. In einer
Pflasterstein-Straße klebten Reihenhäuser aneinander: auf einer Seite zu neunt,
auf der anderen zu zwölft. In der Neuner-Reihe bewohnte Magda das Eckhaus. Es
gab schlechtere Adressen, zum Beispiel die Abbruchhäuser im Türken-Viertel oder
die Baracken beim Müllplatz.
Nicole entlohnte den Fahrer, gab ihm
auch ein klitzekleines Trinkgeld und stöckelte dann zum Haus.
Nach dem zweiten Klingeln öffnete sich
die Tür.
Mutter! wollte Nicole rufen und eben
jener um den Hals fallen, aber ihre Gefühlsaufwallung fiel auf den Rücken wie
ein vom Baum geschüttelter Maikäfer.
„Hallo, Tochter!“ grinste Ottmar
Lohmann.
„An dich habe ich gar nicht mehr gedacht“,
erwiderte sie. „Man braucht einen engen Kamm, um sich die Laus aus dem Pelz zu
kämmen, wie?“
„Wenn ich dein Vater wäre, würde ich
dich jetzt an den Ohren ziehen. Komm doch rein. Es ist gemütlich bei Magda.“
Die ältere der beiden Teplers saß im
Wohnraum und leckte soeben ein Likörglas aus. Auf dem Tisch stand ein zweites
Glas.
Sie feiern das Wiedersehen, dachte
Nicole. Alte Liebe rostet nicht.
„Mutter!“ rief sie — und fiel eben
jener um den Hals.
Eierlikör! stellte sie dabei am Geruch
fest und fuhr fort: „Du ahnst nicht, woher ich jetzt komme.“
„Jedenfalls nicht von der Polizei“,
lachte Magda Tepler. „Dort habe ich angerufen. Habe gesagt, meine Tochter wäre —
irrtümlicherweise — aus dem Geschäft abgeholt worden. Ein gewisser Kommissar
Dolp, mit dem ich verbunden wurde, erklärte mir dann, alles wäre tatsächlich
ein Irrtum gewesen. Oder eine neidvolle Verleumdung seitens der Konkurrenz.
Kläcksl Konkurrenz. Jedenfalls hätte man sich von deiner Lauterkeit überzeugt
und...“
„Alles Kokolores!“ fiel Nicole ihr in
den Eierlikör-Wortschwall. „Ich komme eben von der Polente. Kläcksl sitzt
hinter Gittern, und mir haben nur meine unschuldigen Blauaugen geholfen. Ach,
Göttchen! Meine Tasche liegt
Weitere Kostenlose Bücher