Verrat im Höllental
ja noch im Geschäft.“
„Bei euch mischen zuviele Bullen mit“,
nörgelte Lohmann. „Habt ihr keinen besseren Umgang?“
„Was will dieser Alt-Ganove?“ fragte
Nicole. „Hat er dich überfallen?“
Magda lachte wieder. Sie hatte schon
mehrere Gläser ausgeleckt. Lohmann hielt sich mehr an die teure
Himbeergeist-Flasche. Teuer war wirklich nur die Flasche, der Inhalt nämlich
umgefüllt aus einer anderen — billigen.
„Es ist noch wie früher“, stellte Magda
fest. „Nur nicht so frisch. Aber er meint, ich hätte mich überhaupt nicht
verändert. Naja, ein bißchen schon, Ottmar. Die Jahre vergehen, und man wird
nicht jünger. Aber man muß auch nicht so abwracken wie du. Solltest mal eine
Vitamin-Kur machen.“
Lohmann schenkte sich einen Schnaps ein
und grinste.
Unglaubliche Ähnlichkeit zwischen
Mutter und Tochter, dachte er. Nur daß Magda schon 20 Jahre länger die
Schadstoffe der Umwelt erträgt. Aber ein Gesicht. Und dieselbe
Kleidergröße.
„Also?“ fragte Magda ihre Tochter. „Haben
dich die Bullen doch nochmal belästigt?“
„Da ist ein irrer Streifen gelaufen“,
nickte Nicole und erzählte.
Als sie fertig war, wischte Lohmann
durch die Luft.
„Hast Schwein gehabt. In der Sache
kommt nicht viel nach. Aber mit der Fälscherei ist erstmal Schluß. Es
beeindruckt mich enorm, daß du so schön zeichnest. Aber, zum Kiff-Kaiser!,
Gemälde lohnen doch nicht. Hättest du Banknoten gefälscht...
„...säße ich jetzt im Knast“,
unterbrach ihn Nicole. „Außerdem fühle ich mich als Künstlerin. Ich bin eine. Mir fehlt nur der große Durchbruch.“
„Vielleicht kommt er, wenn du im Winter
aufs Eis gehst“, witzelte Lohmann. „Ich bin mehr für Handfestes.“
„Seit er hier hockt“, sagte Magda, „versuche
ich aus ihm rauszukitzeln, was er vorhat. Wie hat er gedröhnt bei dir, Nicole?
Daß du bald noch mehr Kies kriegst. Daß die Nachzahlungen anrollen. Nun,
Ottmar!“ wandte sie sich — mit nur geringfügigem Schielblick — an ihn. „Laß mal
den Kater aus dem Schlafsack! Wo hängen die Mäuse? Wo willst du pflücken?“
„Dabei wollt ihr mir helfen, wie?“
grinste er.
„Ich sagte ja“, erklärte Nicole, „daß
wir gute Verbindungen haben. Vielleicht ist in der Richtung was drin.“
Lohmann stierte hinüber zum
Fernsehapparat, der sich zur Zeit ausruhen durfte und ziemlich häßlich aussah.
Ein altes Modell. Womöglich nur mit Schwarz-Weiß-Programm. Eine dicke
Staubschicht bedeckte ihn. Was Reinlichkeit betraf, hatte Magda nicht viel
Ehrgeiz. Sie trank lieber Eierlikör.
Die beiden sind echt, dachte Lohmann.
Außerdem habe ich schon zuviel rausgelassen. Muß ich ihnen also auch den Rest
auf die Näschen binden. Aber ohne Namen, versteht sich.
„Mit einem Wort“, röhrte er, „ist das
nicht erklärt. Ich versucht mit wenigen. Gibt es da also eine Chemie-Firma, die
‘ne Brühe verarbeitet, in die ich nicht mal spucken würde. Reines Gift,
sozusagen. Einen Schluck, und du siehst die Radieschen von unten. Schüttest du
die Brühe auf freies Feld, kannst du das Feld vergessen. Und die Brühe sickert
tiefer und tiefer — bis runter ins Grundwasser. Das schmeckt dann wie Jauche
und ist noch viel schädlicher. Klar?“
„Sowas gibt’s“, nickte Magda. „Davon
liest man jeden Tag in der Zeitung. Es kommt sogar als saurer Regen runter.“
„Hm.“ Lohmann war nicht ganz ihrer
Meinung. Aber das war jetzt ohne Belang. „Was die Giftbrühe betrifft, ist mein
Plan allererste Wahl. Also: Das Zeug wird im Tankwagen vom Werk weit, weit
weggebracht — zur Giftmüll-Beseitigung. Oder so ähnlich. Vielleicht auch nur in
eine Gegend, wo keiner zuguckt, wenn sie’s auskippen. Jedenfalls: Das Zeug ist
im Tankwagen unterwegs.“
„Davon habe ich gelesen“, meinte Magda.
„Steht oft in der Zeitung.“
Zeitung liest sie offenbar regelmäßig,
dachte Lohmann — und fuhr fort: „Ich reiße mir einen der Tankwagen, einen
besonders giftigen, unter den Nagel. Versteht ihr? Er wird entführt.
Gekidnappt. Den Wagen verstecke ich. Ich weiß auch schon, wo. Dann setze ich
das Chemie-Werk unter Druck, ‘ne halbe Million — oder die Brühe fließt aus.“
Beifallheischend sah er die beiden an.
„Das Gift ist doch Abfall?“
vergewisserte sich Nicole.
Er nickte.
„Warum sollten die dir dann soviel Geld
für den Dreck geben?“
„Nicht für das Gift, Nicole! Sondern
für die Folgen. Ich drohe damit, das Grundwasser zu vergiften, außerdem die
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