Verrat im Höllental
zu. Seine Freunde aßen nur Anstandshäppchen. Oskar rollte sich vor
Gabys Füßen zusammen, seufzte tief und schlief ein.
Emma fragte Gaby, ob die Jungs Bescheid
wüßten hinsichtlich der Puderdose. Gaby bejahte.
„Agathe steckt dahinter“, sagt Emma. „Müßte
mich sehr täuschen, wenn es nicht so wäre. Sie ist zwar meine Freundin. Aber
das bedeutet ja nicht den ganzen Tag Sonnenschein. Die Puderdose habe ich von
ihr. Ein Geschenk. Anstandshalber schleppe ich das Ding mit mir rum. Aber ich
habe schon mehrfach mit dem Gedanken gespielt, die Puderdose bei Gelegenheit zu
verlieren.“
„Weshalb?“ forschte Klößchen.
„Wertvoll ist sie. Wegen des Goldes.
Aber keine Spitzenleistung in Bezug auf Geschmack. Sie ist wie eine Auster
gearbeitet. Der Verschluß klemmt. Wer nicht genau hinsieht, denkt, ich hätte
einen Waffelkeks in der Handtasche. Jedenfalls habe ich neulich im Bridge-Club
leichtsinnigerweise verlauten lassen, daß sie mich ankotzt. Vermutlich hat
Agathe es erfahren. Ihr glaubt ja nicht, wie die alten Tanten dort schnattern.
Agathe wurde ganz unleidlich. Wir haben uns gestritten, aber wieder versöhnt — so
lauwarm versöhnt. Nun vermute ich, daß sie mir mit dem Diebstahl eins auf den
Hut geben will. Im Kaufhaus ist Agathe nämlich oft. Sie könnte also die Diebin
sein.“
„Aber Frau Tepler wäre Ihnen doch
aufgefallen“, sagte Tarzan. „Oder haben Sie die Handtasche längere Zeit aus den
Augen gelassen?“
„Hm. Offen gestanden, ja! Nicht längere
Zeit, aber während ich mal mußte, lag die Tasche im Vorraum. Hatte sie total
vergessen. Ist keine Alterserscheinung, falls ihr das denkt. Was solche Sachen
betrifft, war ich schon immer sehr wurschtig.“
„Hm. Dann ist es also möglich, daß Frau
Tepler Ihre Tasche erkannte und Zugriff“, stellte Tarzan fest.
Emma nickte. „Gestern abend habe ich
schweres Geschütz aufgefahren, den Verdacht nämlich ihrer Großnichte Nicole
angehängt. Gaby kennt diese Person und...“
„Wir alle kennen sie“, stellte Karl
richtig.
„Umso besser. Ich tat so, als glaubte
ich...“ Sie berichtete, was sich zwischen ihr und Agathe abgespielt hatte. Dann
fuhr sie fort: „Wachs an den Schlüsseln — davon stimmt natürlich kein Wort. Ich
befürchte auch nicht, daß bei mir eingebrochen wird. Ich habe ihr nur einen
Schuß vor den Bug gesetzt. Sie soll nicht denken, ich sei blöd.“
„Und jetzt?“ fragte Tarzan.
„Ich brauche Verbündete, um Agathe zu
überführen. Macht ihr mit?“
„Was stellen Sie sich vor?“ fragte
Gaby.
„Wie ich Agathe kenne, hat sie die
Puderdose gleich weitergegeben. Sie ist nicht der Typ, der Sore (Diebesbeute) in seinen vier Wänden aufbewahrt. Nein, nicht Agathe. Wem also schenkt sie die
Gold-Auster? Natürlich ihrer Großnichte Nicole. Weiß der Teufel, was sie an der
findet. Aber sie mag sie nun mal. Ich stelle mir vor, daß ihr Nicole beobachtet
— und die Puderdose bei ihr entdeckt. Dann wäre der Fall gelöst.“
„Hm. Gelöst schon“, sagte Tarzan. „Aber
warum wollen Sie ihn lösen? Sie mögen die Gold-Auster nicht. Jetzt sind Sie das
Ding los. Über den Charakter Ihrer Freundin Agathe wissen Sie Bescheid. Warum
also die Suppe nochmal aufkochen, wo sie doch gerade abkühlt?“
Emma blickte ihn eine Weile an und
schmunzelte dann mit beiden Mundwinkeln.
„Die Frage, Tarzan, habe ich mir noch
gar nicht vorgelegt. Vordergründig gesehen, hast du recht. Warum nicht einfach
Schwamm drüber und Klappe zu! Da muß ich wohl mal einen Blick in meine Seele
werfen.“
Hoffentlich braucht sie kein Fernglas!
dachte er und nahm noch ein Schinkenröllchen.
„Tja“, sagte Emma, „mir geht es erstens
darum, daß ich mich nicht ungestraft bestehlen lasse. Zweitens schon gar nicht
von Agathe. Drittens, daß ich ihr den Triumph nicht gönne. Und letztlich möchte
ich nicht wie eine dumme Alte dastehen, die man nach Belieben beklauen kann.“
Den TKKG-Freunden genügte das als
Erklärung.
„Wir sollen also Nicole Tepler
beobachten“, sagte Karl. „Einfacher wäre, Sie schicken die Polizei hin und...“
„Auf keinen Fall!“ fiel Emma ihm ins
Wort. „Um nichts in der Welt bringe ich meine Freundin Agathe in
Schwierigkeiten. Sie als Diebin bloßstellen, sie der Polizei überantworten — niiiiie!
Die Sache ist ganz privat und bleibt es auch. Ihr seid vertrauenswürdig.
Erweist sich, daß mein Verdacht zutrifft, werdet ihr zu niemandem darüber
reden. Das versprecht ihr, nicht wahr? Wie ich die Sache sehe,
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