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Verrat im Zunfthaus

Verrat im Zunfthaus

Titel: Verrat im Zunfthaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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Kruzifix steckte. «So einen Tod hast du nicht verdient», sagte sie erstickt.
    «Er ist jetzt bei deiner Mutter», sagte Neklas hinter ihr.
    Er legte ihr seine Hände auf die Schultern, und sie nickte leicht. «Ja, er ist bei ihr. Er hat meine Mutter zeit seines Lebens vermisst.» Sie seufzte. «Ich konnte die Lücke nie wirklich ausfüllen.»
    «Er hat dich geliebt und er war stolz auf dich.» Neklas drehte sie zu sich herum. «Du darfst dir keine Vorwürfe machen. Er hat gehandelt, wie jeder Vater gehandelt hätte.»
    «Du auch, nicht wahr?»
    Er nickte. «Ich auch, ja.»
    Sie lehnte sich an ihn. «Lass uns die anderen hereinholen.»
    ***
    Es war nicht leicht, Vitus begreiflich zu machen, was mit seinem Vater geschehen war und dass er am nächsten Tag beerdigt werden würde. Als Vitus seinen Vater auf der Bahre liegen sah, glaubte er, er würde schlafen.
    Neklas hatte den erschrockenen Mönch beruhigen müssen, als Vitus seinen Vater an den Schultern rüttelte und lautstark forderte, er möge aufwachen. Erst als sie wieder daheim waren und Magda ihnen eine Mahlzeit aus gebratenen Eiern, Brot und mit Honig gesüßtem Hirsebrei vorsetzte, beruhigte sich der Junge wieder. Und als er Fine entdeckte, die durch das Küchenfenster hereinkam, schien er Albert vergessen zu haben. Adelina beneidete ihn fast darum. In Vitus’ Welt gab es weder lange Trauer noch Schuldgefühle.
    Sie überlegte, ob sie die Apotheke öffnen sollte, entschied sich jedoch dagegen. Sie hatte einfach noch nicht die Kraft dazu, ihren Kunden, sollten überhaupt welche kommen, entgegenzutreten. Außerdem hatte sie von Meister Leuer erfahren, dass die Zunft beabsichtigte, die Trauergäste nach der Beerdigung in das Gasthaus
Zum Bären
einzuladen. Sie beschloss, nachdem sie sich ein wenig ausgeruht hatte, mit Franziska und Ludowig dorthin zu gehen und sich wenigstens um die Vorbereitungen für den Leichenschmaus zu kümmern. Sie wollte, dass der dortige Koch auf jeden Fall Alberts Leibspeise, Grützwürste, auf den Tisch brachte. Vor allem musste siedafür sorgen, dass von allem genug da war. Albert war in der Zunft und bei seinen Nachbarn stets angesehen und beliebt gewesen, und es stand zu erwarten, dass die Trauergemeinde recht groß werden würde.
    Es fiel ihr schwer, alle Entscheidungen ruhig und besonnen zu treffen, denn ihre Gedanken kreisten unentwegt um Griet. Sie betete darum, dass es ihrer Stieftochter wohl erging, wusste jedoch, dass das Kind mit Sicherheit krank vor Angst war. Ihr selbst erging es ebenso. Untätigkeit machte jedoch alles nur noch schlimmer, deshalb begann sie, nach ihrer Rückkehr aus dem Gasthaus die Kammer ihres Vaters auszuräumen.
    Benedikta und Feidgin schlossen sich ihr an, deshalb hatten sie Alberts Habseligkeiten recht schnell geordnet und sortiert.
    «Vaters Kleider werde ich dem Schellenknecht von Melaten mitgeben», beschloss Adelina. «Das Leprosenhospital kann immer Spenden gebrauchen.»
    «Eine gute Entscheidung», sagte Benedikta, und auch Feidgin nickte.
    «Ja, so habe ich es mit den Kleidern meiner verstorbenen Gemahle auch immer gehalten. Man kann den Armen und Kranken niemals genug Fürsorge zuteil werden lassen.» Sie seufzte. «Es schmerzt mich, daran zu denken, bald wieder in mein einsames Haus zurückkehren zu müssen.»
    Adelina legte ein Bündel Strümpfe aufs Bett. «Ihr wollt wieder nach Hause fahren?»
    «Ja», bestätigte Benedikta. «Ich denke, es ist besser, wenn wir nach der Beerdigung abreisen. Es ist so viel geschehen, und ich glaube, Neklas und du, ihr braucht erst einmal Zeit und Ruhe, um euch davon zu erholen.Zwei Dauergäste sind ja nicht gerade dazu angetan, dir die Arbeit einfacher zu machen.»
    «Aber ihr stört doch nicht», protestierte Adelina. «Wir würden uns freuen, wenn ihr noch eine Weile bei uns bleibt.»
    «Ich mache dir einen anderen Vorschlag», meinte Benedikta und legte ihr eine Hand auf den Arm. «Wir kommen einfach im nächsten Frühling, sobald der Schnee geschmolzen und die Straßen passierbar sind, wieder hierher. Vielleicht möchte ja auch eine von Neklas’ Schwestern oder sein Bruder uns dann begleiten.»
    «Bis zum nächsten Frühjahr ist es noch lang.»
    «Ach, mein Kind, die Zeit vergeht schneller, als du denkst. Wenn du erst in meinem Alter bist, wirst du begreifen, was ich meine.» Benedikta lächelte sanft und strich ihr flüchtig über die Wange. «Neklas ist jedenfalls gut bei dir aufgehoben. Ich habe unsere Sachen bereits weitestgehend gepackt und

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