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Verrat im Zunfthaus

Verrat im Zunfthaus

Titel: Verrat im Zunfthaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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sich Leuten angeschlossen hat, die aus reiner Machtgier handeln. Ich dachte immer, mein Vater wäre ein aufrechter Mann und Befürworter einer gerechteren Stadtregierung, die den Kaufleuten und Handwerkern das Recht auf Selbstbestimmung einräumt. Was glaubt Ihr, geschieht mit mir und meiner Mutter, ja mit meiner gesamten Familie, wenn sich herausstellt, dass Vater die Seiten gewechselt hat?» Marie liefen inzwischen Tränen über die Wangen. Meister Jupp berührte sie am Arm, um sie zu beruhigen, doch sie schüttelte seine Hand unwirsch ab. «Und wenn er nichts mit den Patriziern zu schaffen hat, sondern sie im Gegenteil mit aller Macht bekämpft, was bleibt mir dann? Ein Vater, der vielleicht seine eigene geliebte Tochter zum Tode durch einen Meuchelmörder verurteilt hat. Die Entführung Eurer Stieftochter ist schlimm, ohne Frage. Aber glaubt nur ja nicht, Ihr seid die Einzige, die befürchten muss, jemanden zu verlieren. Bei Euch ist es die Tochter, bei mir der Vater. Sagt mir, wo ist da der Unterschied?» Sie fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen und starrte Adelina feindselig an.
    Die anderen standen betreten um sie herum. In diesem Moment fing Colin, wohl wegen der lauten Stimmen, an zu weinen.
    Reese räusperte sich. «Ich denke, wir sollten einander nicht …»
    «Nein», unterbrach ihn Adelina, die Maries Ausbruch überrascht gelauscht hatte, ging zu ihrem Sohn und hob ihn aus der Wiege. «Nein, sie hat ja recht.» Zärtlich streichelte sie Colin über den Kopf, was ihn zu beruhigen schien. «Wir sitzen alle wie die Kaninchen in der Falle und warten darauf, dass die Keule auf uns niedersaust.»
    Bevor sie weiterreden konnte, betrat Benedikta die Küche. «Adelina? Verzeih, aber da ist ein Bote an der Tür, der ausrichten lässt, der Gewaltrichter werde beim Vogt erwartet.»
    «Ich mache mich sofort auf den Weg.» Reese eilte zur Tür, wo er sich noch einmal umdrehte. «Ich lasse Nachricht schicken, wenn ich etwas erfahre.» Er hob die Hand zum Gruß und verließ die Küche. Adelina argwöhnte, dass er erleichtert war, der gedrückten und zugleich aufgeladenen Stimmung in ihrem Haus entkommen zu können. Sie begann wieder, auf und ab zu gehen und wiegte Colin dabei in ihren Armen.
    «Wenn dieser Laufer die Wahrheit sagt und nichts mit Griets Entführung zu tun hat, wer kommt dann in Frage?», kam es von Ludmilla. Sie hatte die gesamte Auseinandersetzung augenscheinlich mit der ihr eigenen wachen Aufmerksamkeit verfolgt. «Das ist die einzige Frage, die zu stellen Sinn macht. Und die Jungfer Marie hat es ganz richtig gesagt: Jemand muss ein Interesse an dem Mädchen haben. Wenn es nicht darum geht, Druck auf Adelina und ihren Gemahl auszuüben», sie nickteNeklas kurz zu, «dann muss es etwas anderes sein. Und ich glaube nicht, dass ein Ritter wie Hilger Quattermart hingeht und ein Mädchen entführt, um sich wegen des Beginenhospitals zu rächen. Außerdem liegt diese Sache nun schon viel zu lange zurück. Selbst wenn er sich daran erinnert, dass Adelina es war, die ihm damals in die Quere kam, hätte er sie viel leichter aus dem Weg schaffen können. Bei einem Gang zum Hafen oder zum Schuhmacher oder gar zur Kirche hätte ihr der nächstbeste Mordbube auflauern können.»
    Adelina blieb stehen und sah sie erschrocken und mit offenem Mund an.
    Ludmilla kicherte rau. «Ja nun, Mädchen, sieh den Tatsachen ins Auge! Ein Mann wie Hilger würde nicht lange fackeln. Die Sache mit den Edelsteinen hingegen …»
    «Du meinst, das passt eher zu ihm?», fragte Adelina.
    Ludmilla legte nachdenklich den Kopf auf die Seite. «Ich bin mir nicht sicher, ob er gewitzt genug wäre, so etwas einzufädeln. Aber wir müssen bedenken, dass er ja nicht allein dasteht. Jungfer Marie, Ihr kennt Walter von der Weiden besser als wir. Könnte diese Bestechungsgeschichte seine Idee gewesen sein?»
    Marie überlegte. «Ich weiß nicht recht. Nein, das heißt, es würde ihm vielleicht gefallen. Er liebt es, Menschen gegeneinander auszuspielen. Aber ich bin nicht sicher, ob er selbst auf die Idee gekommen wäre.»
    «Das muss er ja auch nicht.» Meister Jupp lehnte sich gegen das Küchenregal. «Denn auch er steht nicht allein da. Wir dürfen nicht vergessen, dass es einen Mittelsmann hier in der Stadt geben muss.» Bevor Marie etwas sagen konnte, hob er die Hand. «Ich sage nicht, dass es Euer Vater sein muss. Es gibt viele Möglichkeiten. Undder Mann oder die Männer, falls es mehrere sind, müssen sich hier recht gut

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