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Verrat im Zunfthaus

Verrat im Zunfthaus

Titel: Verrat im Zunfthaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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«Sei so gut und grüße Mutter von mir.» Sie starrte noch eine Weile auf das Holzkreuz, doch es verschwamm vor ihren tränennassen Augen. Langsam ging sie Richtung Pforte und versuchte sich zu sammeln, um den Gästen im
Bären
gefasst gegenüberzutreten. Das knirschende Geräusch von Schritten auf dem steinigen Weg hinter sich nahm sie kaum wahr. Sicher waren die Totengräber froh, dass sie endlich den Kirchhof verließ.
    Als sie plötzlich von hinten gepackt wurde, erschrak sie dermaßen, dass ihr der Schrei, den sie ausstoßen wollte, in der Kehle stecken blieb. Im nächsten Moment wurden ihre Arme schmerzhaft nach hinten gedreht, und eine Hand legte sich auf ihren Mund.
    Sie keuchte entsetzt. Der Angreifer schob sie hinter einen blühenden Wildrosenbusch, sodass sie von Kirche und Marktplatz aus nicht mehr zu sehen waren.
    «Kein Laut!», drohte der Mann mit so starkem flämischem Akzent, dass sie ihn beinahe nicht verstanden hätte. Sie versuchte, den Kopf zu drehen, und erhaschte einen Blick auf ein bärtiges Gesicht, das teilweise von der Kapuze seines schwarzen Umhangs verhüllt war. Sein Atem stank nach Wein, doch seinen Kräften nach schien er nicht betrunken zu sein. «Bist ganz schön blöd», fuhr er fort. «So ganz allein auf dem Friedhof zu bleiben. Hast es mir richtig einfach gemacht, dich endlich zu erwischen.» Er ruckte an ihren Armen, die er hinter ihrem Rücken verschränkt hatte. «Wenn du auch nur einen Ton von dir gibst, brech ich sie dir», kündigte er an. «Verstanden?»
    Sie nickte, und er nahm die Hand von ihrem Mund. Er kramte etwas aus seinem Umhang hervor, und als er es ihr vor die Nase hielt, sah sie voller Entsetzen eine lange schwarze Haarlocke in seiner Hand. «Die kennst du doch, oder? Hab ich der Kleinen vorsorglich abgeschnitten, damit du mir auch glaubst.»
    «Wer …» Sie schluckte und spürte, dass ihr Mund ganz trocken geworden war. «Wer seid Ihr?» Doch noch ehe er ihr antworten konnte, wusste sie es bereits. Der flämische Akzent … Er musste Griets Stiefvater sein. Der Hurenwirt. Neklas hatte das Kind im vergangenen Jahrvon ihm weggeholt, hatte ihm sogar Geld gegeben. Und nun? Warum war er hier?
    «Hast schon kapiert, wer ich bin, was?» Der Mann lachte heiser. «Habt ihr wirklich geglaubt, ich lass euch das Mädchen für die paar lumpigen Gulden?»
    Adelina schnappte nach Luft. Neklas hatte ihm einen recht großen Betrag überlassen. Doch sie traute sich nicht zu widersprechen.
    «Wenn ich das Mädchen weiterverkaufen kann, verdien ich viel mehr», fuhr er fort. «Sie ist ja schon im Geschäft gewesen, also brauch ich sie nicht mehr anzulernen. Und Kunden habe ich genug für sie.»
    Adelina wurde eiskalt vor Angst um Griet. «Wo ist sie?», stieß sie hervor, doch er lachte nur gehässig.
    «Ihr kriegt sie wieder, du und dein Furz von Medicus. Aber vorher will ich Geld sehen», sagte er und ruckte erneut an ihren Armen, sodass Adelina vor Schmerz die Augen verdrehte. «So viel, wie mir entgeht, wenn ich sie nicht für mich arbeiten lasse.»
    Er wedelte mit der Haarlocke vor ihrem Gesicht herum und brachte seine Lippen ganz nah an ihr Ohr. Adelina spürte einen Ekelschauer über ihr Rückgrat rieseln.
    Der Mann flüsterte ihr eine Summe ins Ohr, die sie entsetzt die Augen schließen ließ. Er kicherte. «Das ist doch nicht zu viel, oder? Ihr habt das Geld, das weiß ich. In deine Apotheke kommen nur reiche Leute, und dein sauberer Herr Gemahl kriegt als Arzt bestimmt auch einen schönen Batzen Geld.» Er warf die Locke achtlos zu Boden. «Ich sag dir, was wir machen. Wir gehen jetzt schön in deine Apotheke, und du gibst mir schon mal, was du dort hast. Und danach …»
    Plötzlich ruckte es hinter Adelina, und der Griff desMannes löste sich. Sie fuhr herum und sah noch, wie der Hurenwirt bewusstlos zu Boden ging. Hinter ihm stand Bruder Thomasius, in der Hand einen Stein, den er wohl vom Boden aufgeklaubt hatte.
    «Und danach fährst du zur Hölle», brummte er und warf den Stein beiseite. «Geht es Euch gut, Meisterin Burka? Hat er Euch verletzt?»
    Noch immer stumm vor Überraschung schüttelte sie den Kopf.
    «Ah, ah, was haben wir denn da?» Durch die Pforte kam Ludmilla heran und blickte von Adelina zu Thomasius und dann auf den bewusstlosen Mann. «Da wollte ich nur mal sehen, wo du bleibst, und finde einen missglückten Überfall, wie?»
    «Er hat mich angegriffen», sagte Adelina und rieb sich die Arme. «Er hat Griet.»
    «Ich habe alles mitangehört»,

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