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Verrat in Paris

Verrat in Paris

Titel: Verrat in Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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gesagt, Mademoiselle. Er hat mir nur aufgetragen, die Wohnung zu bewachen. Damit Ihnen nichts passiert.«
    »Mehr hat er nicht gesagt? Er ist dann einfach weggefahren?«
    Der Mann nickte.
    Frustriert drehte Beryl sich um und ging zurück in die Wohnung. Sie las noch einmal Richards Nachricht: »Bin kurz weggegangen, aber um drei wieder da.« Keine Erklärung, keine Entschuldigung. Sie zerknüllte den Zettel und warf ihn in den Mülleimer. Und was sollte sie machen? Den ganzen Tag darauf warten, bis er zurückkäme? Und was war mit Jordan? Was war mit der Untersuchung?
    Und was war mit Mittagessen?
    Ihr Magenknurren ließ sich nicht mehr ignorieren. Sie ging in die Küche und öffnete den Kühlschrank. Ungläubig starrte sie auf den Inhalt: ein Karton Eier, ein Laib Brot und ein verschrumpeltes Würstchen. Kein Obst, kein Gemüse, nicht mal eine mickrige Karotte. Zweifelsohne hatte ein Mann den Einkauf erledigt.
    Ich denke nicht daran, das da zu essen, sagte sie sich und schloss die Kühlschranktür. Aber ich denke auch nicht daran zu verhungern. Ich will was Richtiges essen – mit ihm oder ohne ihn.
    Daumiers Männer hatten am Abend zuvor ihre Sachen in die 157
    Wohnung gebracht. Sie holte ihr unauffälligstes schwarzes Kleid aus dem Schrank, versteckte ihr Haar unter einem breitkrempigen Hut und setzte eine dunkle Sonnenbrille auf. Gar nicht schlecht, fand sie, als sie sich im Spiegel betrachtete.
    Dann verließ sie die Wohnung.
    Der Wachmann vor der Tür kam sofort auf sie zu.
    »Mademoiselle, Sie dürfen die Wohnung nicht verlassen.«
    »Aber er durfte gehen«, konterte sie.
    »Mr. Wolf hat uns extra angewiesen …«
    »Ich habe Hunger«, sagte sie. »Ich werde übellaunig, wenn ich Hunger habe, und ich habe keine Lust auf Eier und Toastbrot.
    Wenn Sie mir bitte sagen würden, wo die nächste Métro-Station ist …«
    »Sie wollen alleine gehen?« fragte er erschrocken.
    »Wenn Sie mich nicht begleiten.«
    Der Mann blickte voller Unbehagen die Straße hinunter.
    »Diesbezüglich habe ich keine Anweisung.«
    »Dann gehe ich jetzt eben«, erwiderte sie und schritt eilig davon.
    »Kommen Sie zurück!«
    Sie ging weiter.
    »Mademoiselle!« rief er. »Ich hole das Auto!«
    Sie drehte sich um und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln.
    »Mit Vergnügen.«
    Ihre beiden Bewacher begleiteten sie in ein Restaurant in Auteuil, gleich um die Ecke. Sie vermutete, dass sie dieses Restaurant nicht wegen des guten Essens ausgewählt hatten, sondern wegen des kleinen Gastraums und der leicht im Blick zu behaltenden Eingangstür. Das Essen war kaum mehr als mittelmäßig: eine fade Vichysoisse und ein Stück Lamm, das auch als Leder durchgegangen wäre. Aber Beryl war so hungrig, 158
    dass sie alles aufaß und anschließend noch Appetit auf tarte aux pommes hatte.
    Nach dem Essen waren ihre beiden Begleiter bester
    Stimmung. Vielleicht war diese Leibwächter-Nummer gar nicht so schlecht, wenn die Lady jeden Tag ein Essen springen ließ.
    Sie ließen Beryl sogar gewähren, als sie auf der Rückfahrt zur Wohnung darum bat, kurz anzuhalten. Es dauere nicht lang, sagte sie, sie wolle sich nur eine neue Kunstausstellung ansehen.
    Sie könne ja etwas entdecken, was ihr gefalle.
    Also begleiteten die Männer sie in die Galerie Annika.
    Die Galerie entpuppte sich als riesiger, hoher Ausstellungs-raum – die drei Stockwerke waren durch offene Gänge und Wendeltreppen miteinander verbunden. Die Sonne schien durch eine Kuppel herein und beleuchtete eine Sammlung von Bronzeskulpturen, die im ersten Stock aufgestellt war.
    Eine junge Frau mit auffälliger roter Igelfrisur eilte auf sie zu und begrüßte sie. Ob Mademoiselle etwas Bestimmtes zu sehen wünsche?
    »Darf ich mich einfach etwas umsehen?« fragte Beryl. »Oder vielleicht könnten Sie mir ein paar Gemälde zeigen. Nichts zu Modernes allerdings – ich präferiere klassische Künstler.«
    »Selbstverständlich«, sagte die Frau und geleitete Beryl und ihre Begleiter auf der Wendeltreppe nach oben.
    Die meisten Bilder, die hier hingen, waren schrecklich.
    Landschaften, die von deformierten Tieren bevölkert wurden.
    Vögel mit Hundeköpfen. Stadtszenen mit überdeutlich kubistischen Gebäuden. Die junge Frau blieb vor einem Gemälde stehen und sagte: »Vielleicht gefällt Ihnen so etwas?«
    Beryl warf einen Blick auf die nackte Jägerin, die ein totes Kaninchen hochhielt, und sagte: »Ich glaube nicht.« Sie ging weiter und schaute sich die exzentrische Ansammlung von Gemälden,

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