Verrat und Verführung
allein die Verantwortung für die Bewirtung und Unterhaltung der Gäste zu tragen.“
„Daran bin ich gewöhnt – und William muss Euch nicht leidtun. Dass er so viel trinkt, ist ganz allein seine Schuld. Wie so viele Männer wird er sich mit diesem Laster noch ruinieren. Unglücklicherweise bevorzugt er starken Brandy. Ich hoffe, wenn er etwas älter und reifer ist, wird er die Gefahren dieser Exzesse wahrnehmen.“ Seufzend schaute sie Lord Rockley an und lächelte, als er skeptisch die Brauen hob. „Wahrscheinlich denkt Ihr, nur wenige Trinker würden sich bessern. Trotzdem möchte ich die Hoffnung nicht aufgeben.“
„Dann will auch ich hoffen, er wird seine Fehler erkennen und sich ändern. Ihr verdient wahrlich etwas Besseres als die ständige Sorge um einen Trunkenbold, Miss Atherton. Was für ein schöner Morgen! Reitet Ihr oft allein aus, zu so früher Stunde?“
„Warum sollte ich nicht?“ Christinas Stimme klang eher herausfordernd als gekränkt. „Ich reite über unser eigenes Land. Dazu bin ich durchaus imstande, bei jedem Wetter. Meistens bin ich allein unterwegs – weil William etwas anderes zu tun hat oder an den Nachwirkungen einer durchzechten Nacht leidet. Doch das stört mich nicht, ich bin sehr gern allein.“
„Also findet Ihr meine Gesellschaft unangenehm? Wenn es so ist, reite ich in eine andere Richtung.“
„Unsinn! Ihr seid unser Gast und willkommen. Vielleicht sollten wir unseren Appetit für das Frühstück anregen?“
„Wollt Ihr tatsächlich mit mir frühstücken?“
War das nur eine Frage oder sogar eine Bitte?
„Natürlich, es wäre unhöflich, wenn ich Euch zumuten würde, allein zu essen.“
Diese Worte wurde mit einem strahlenden Lächeln belohnt.
„Danach wollt Ihr sicher in das Haus Eures Bruders zurückkehren, Sir.“
„Oh, ich habe es nicht eilig. Wäret Ihr zu einer Wette bereit? Wenn ich die Bäume da drüben früher erreiche als Ihr, erlaubt Ihr mir, auch zum Lunch hierzubleiben. Und wenn Ihr mich besiegt, verspreche ich, Euch nach dem Frühstück zu verlassen.“
„Dann bleibt mir keine Wahl, ich muss Euch den Sieg gönnen, Lord Rockley.“
„Warum?“
„Weil es geradezu rüde wäre, Euch zum Abschied zu zwingen, wo Ihr doch so gerne etwas länger bei uns bleiben möchtet.“
„Wenn das so ist, finde ich die Wette sinnlos. Sollte ich siegen, würde es vor aller Welt aussehen, als hätte ich mich selber eingeladen.“
„Das mag zutreffen. Aber Ihr seid mir beim Lunch willkommen. Darf ich Euch einen einfachen Ritt vorschlagen, nur zum Vergnügen? Dabei gewinnen wir alle beide.“ Ohne seine Antwort abzuwarten, spornte Christina ihre Stute zum Galopp an.
4. KAPITEL
Entzückt über die originelle Abwandlung der Wette, lachte Simon laut auf und ritt hinter Christina her, nicht gewillt, ihr den Sieg zu überlassen. Er wusste, sein Hengst – heißblütig und schnell wie der Wind – würde die kleinere braune Stute mühelos überholen.
Bereits um einige Pferdelängen voraus, galoppierte Christina auf die Bäume zu und spornte ihre Stute zu noch höherem Tempo an. Hinter sich hörte sie die donnernden Hufschläge des Rappen, der immer näher kam. Trotzdem rettete sie zunächst, dank ihrer ausgezeichneten Reitkünste, den Vorsprung.
Etwas weiter vorne lag ein umgestürzter Baumstamm quer über dem Weg. Eine weniger erfahrene Reiterin hätte ihn umrundet. Aber Christina kannte ihre Fähigkeiten. Ohne die Geschwindigkeit zu drosseln, jagte sie die Stute darüber hinweg. Das Ziel dicht vor Augen, war sie ihres Sieges fast sicher.
Doch da raste Lord Rockley wie der Blitz an ihr vorbei. Bisher hatte er seinen Hengst zurückgehalten, um das Geschick seiner Konkurrentin zu würdigen. Nun lächelte er triumphierend und erreichte die Bäume zuerst.
Christina versetzte ihr Pferd in gemächlichen Trab und rang nach Atem. „Welch eine hervorragende Leistung, Lord Rockley! Ihr habt eindeutig gewonnen. Nun, ich dachte ohnehin nicht ernsthaft, ich würde Euch schlagen. Gewiss wäre ich eine Närrin, würde ich glauben, ich könnte es mit einem so fabelhaften Reiter auf einem so starken Pferd aufnehmen. Welch ein prachtvoller Hengst!“
„Ja, das ist er, und seine Schnelligkeit hat mich schon vor zahlreichen Gefahren gerettet. Aber eine so schöne Gegnerin hätte er nicht übertrumpfen dürfen.“
Die Bewunderung in seiner Stimme ließ sie wieder einmal erröten. „So galant seid Ihr, Sir … Jedenfalls gehört der Sieg Euch. Kommt, reiten wir in einem
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