Verrat und Verführung
großartig mit seinen Fäusten umgehen, auch mit Pistolen und Degen. Zudem verfügt er über eine ziemlich einschüchternde Persönlichkeit. Nur wenige Leute bereiten ihm Schwierigkeiten, die meisten fürchten ihn wie der Teufel das Weihwasser. Aber nun beabsichtige ich, seine profitable Laufbahn zu beenden und ihn an den Galgen zu bringen.“
„Ein gefährliches Spiel, das Ihr da treibt, Lord Rockley …“, mahnte Christina. „Fürchtet Ihr nicht, selbst ein Opfer zu werden, wenn Ihr allein zu Werke geht?“
„An solche Spiele bin ich gewöhnt, Miss Atherton. Darauf verstehe ich mich sehr gut. Um zu gewinnen, riskiere ich alles. Und wenn ich allein arbeite, gelingen mir die besten Leistungen.“
Unwillkürlich lachte sie. „Ich bewundere Euer Selbstvertrauen. Das erscheint mir unerschütterlich, mag es auch zu den schlimmsten Gefahren führen. Offenbar liebt Ihr das Wagnis. Gäbe es kein Risiko – würdet Ihr die Mission genauso genießen?“
„Deutet Ihr an, ich würde die Diebe zu meinem eigenen Vergnügen suchen?“ Sekundenlang wirkte Lord Rockley leicht verärgert. Dann lächelte er. „Wollt Ihr mich zwingen, meine niedrigsten Beweggründe zu erkennen?“
„Keineswegs, ich warne Euch nur vor der Gefahr.“
„Vielen Dank für Eure Sorge, falls Ihr die wirklich empfindet. Allerdings kann ich Eure Ermahnung nicht beachten. Wie ich gestehen muss, manchmal genieße ich meine Tätigkeit. Dieser Fall betrifft mich persönlich“, fügte er mit leiser Stimme hinzu und blickte in die Ferne. „Umso entschlossener bin ich, die Verbrecher zu fangen und bestraft zu sehen. Wenn sie wissen, dass ich hinter ihnen her bin, werden sie sich vielleicht unsicher fühlen und Fehler begehen. Und wenn es so weit ist – seid versichert, Miss Atherton, dann werde ich sie ganz genau beobachten.“
Wieder einmal musterte er die junge Frau an seiner Seite voller Bewunderung. Angesichts ihrer rosigen Wangen und der strahlenden blauen Augen wünschte er das Gespräch über die Diebesbande zu beenden und erfreulichere Dinge zu erörtern. Übrigens gab es einen weiteren Punkt, den er beachten musste. Immer stärker fühlte er sich zu Christina Atherton hingezogen. Was immer demnächst geschehen mochte, die Ereignisse durften die junge Dame keinesfalls verletzen. Und er fürchtete, dass sie etwas mit Mark Buckley zu tun hatte. Inständig hoffte Simon, sie wäre nicht ernsthaft in die Verbrechen verstrickt.
Etwas verstohlener betrachtete Christina ihren hochgewachsenen, attraktiven Begleiter, dessen Nähe ihr Herz immer wieder höherschlagen ließ. Und dann entsann sie sich beklommen, warum er hier war – eine Erkenntnis, die ihr Herz wie ein Messer zu durchstechen drohte. Er wollte Mark Buckley und dessen Spießgesellen aufspüren. Zu Letzteren zählte auch ihr Bruder, und deshalb geriet William zwischen die Fronten. Von beiden Seiten wurde sein Leben angegriffen.
War sie erbleicht, hatte sich ihr Blick getrübt? Das musste geschehen sein, denn Lord Rockley blieb stehen, als hätte er ihre Gedanken gelesen. „Wenn Euch irgendetwas bekümmert, Miss Atherton, sollt Ihr wissen, dass Ihr mir vertrauen könnt.“
So eindringlich und überzeugend klang seine Stimme … Auch Christina hielt inne. Während sie vor ihm stand, schaute sie durch lange seidige Wimpern in sein Gesicht und schenkte ihm ein rätselhaftes Lächeln. „Warum sollte ich glauben, ich würde in Gefahr schweben, Lord Rockley?“
„Leider fürchte ich, Ihr seid in eine äußerst bedenkliche Situation geraten.“ Provozierend erwiderte er das Lächeln.
„Ich vermute, Ihr meint die skrupellosen Diebe, die diese Gegend unsicher machen?“
„Was sonst?“
„Gibt es denn noch etwas?“
„Mich.“ Simon trat näher zu ihr, ergriff ihre Hand und zog sie an die Lippen. Während seine silbergrauen Augen in ihre blauen sahen, küsste er jeden einzelnen zarten Finger. In ihrem Blick las er die widersprüchlichsten Gefühle.
„Was tut Ihr denn?“, flüsterte sie verlegen.
Da umfasste er ihre Oberarme und drückte sie an sich. „Ich werde Euch küssen.“
Sprachlos starrte sie ihn an. So selbstsicher war er, und er wusste ganz genau, wie er vorgehen musste, um sie zu betören. Inzwischen hatte der Weg tiefer in den Wald hineingeführt, und sie waren ganz allein. Dadurch wurde sie den Launen dieses gebieterischen Mannes ausgeliefert. Viel zu intensiv spürte sie die Kraft seiner Hände, die ihre Arme umklammerten, fühlte, wie ihr Busen an seine breite
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