Verrat und Verführung
auf dem mehrere Karaffen standen, und schenkte sich einen Brandy ein und trank ihn in einem Schluck. „Warum muss uns die schlimmste aller möglichen Gefahren drohen?“, jammerte er und schüttete die bernsteinfarbene Flüssigkeit in sich hinein. „Sogar die Königin wollen diese Verbrecher töten, um ihre niederträchtigen Ziele zu erreichen! Wie schrecklich! Unvorstellbar!“
Schweren Herzens erkannte Christina die grausame Realität. Wenn sie sich vor einer furchterregenden Zukunft retten wollten, mussten sie sich gegen Mark Buckley behaupten. Das erklärte sie ihrem Bruder unmissverständlich. Ihre eisige Entschlossenheit verblüffte ihn.
„O ja, William, es ist schrecklich“, bestätigte sie. „Deshalb werden wir Buckley sofort aufsuchen und ihm sagen, dass wir nichts mehr mit ihm zu tun haben wollen.“
„Das … das kann ich nicht!“, stotterte er erschrocken. Seine Hände zitterten, als er sein Brandyglas erneut füllte. „Wenn ich das wage, tötet er mich!“
Seufzend erkannte sie die bittere Wahrheit. Niemals würde er sich dazu durchringen, Mark Buckley die Stirn zu bieten. „Dann lässt du mir keine Wahl, ich muss ihm allein gegenübertreten.“
„Nein!“, stieß er erbost hervor. „Das erlaube ich dir nicht!“
„Warum nicht?“, fauchte Christina. „Hast du dich anders besonnen? Möchtest du es selber erledigen?“
Verlegen wich er ihrem Blick aus und nippte an seinem Brandy. „Uns beide wird er töten, dieses Haus wird in Schutt und Asche liegen“, klagte er und stellte das Glas klirrend auf den Tisch. „Wir werden uns nie von ihm befreien.“
„Wohl kaum – solange wir nichts gegen ihn unternehmen.“
„Wir können nichts tun. Diesem verdammten Schuft sind wir machtlos ausgeliefert.“
„Wenn ich ihn besteche und ihm Geld anbiete …“
„Aber wir haben kein Geld …“
„In Oakbridge gibt es immer noch einige Wertsachen. Die müssten wir verkaufen. Da Buckley so versessen auf die jakobitische Idee ist und dringend Geld dafür braucht, hört er vielleicht auf mich. Veräußern wir die paar Juwelen, die ich noch besitze – oder weitere Gemälde – einen Teil des Landguts oder sogar einige deiner kostbaren Pferde“, ergänzte Christina trocken.
Diese edlen Tiere hatte der Schurke ihrem Bruder am Anfang der Bekanntschaft geschenkt, um sich seine Loyalität zu sichern. Ehe William misstrauisch geworden und vor der engen Beziehung zu einem Verbrecher zurückgeschreckt war … Ehe Buckley ihn mit brutalen Drohungen gefügig gemacht hatte …
„Dafür würden wir einen ziemlich hohen Preis erzielen“, fügte sie hinzu.
„Nein, Christina, nicht die Pferde!“, flehte William niedergeschlagen. „Wie viel sie mir bedeuten, weißt du.“
„Wenn wir genug Geld auftreiben wollen, um uns von Buckley freizukaufen, musst auch du ein Opfer bringen.“
Obwohl die Last der ganzen Welt auf ihrer Seele zu liegen schien, straffte Christina entschlossen die Schultern und ging zur Tür. Reiner Selbsterhaltungstrieb verlieh ihr neue Kraft. Ihren Bruder musste sie ebenfalls retten, denn er würde wegen Hochverrats am Galgen enden, wenn Buckley ihn nicht schon vorher erschoss. Und das würde sie verhindern, mit aller Macht.
Sie drehte sich noch einmal zu ihm um. „So wie ich es sehe, gibt es nur eine einzige Möglichkeit. Ich muss es erledigen und mich mit Buckley auseinandersetzen.“
„Das darfst du nicht tun, Christina, denk doch nach …“
„Nein, ich werde nicht nachdenken. Wenn man zu viel nachdenkt, handelt man nicht. Mein Entschluss steht fest. Und auf Worte müssen Taten folgen. So will ich nicht länger leben. Jetzt ist die Zeit der Heimlichtuerei und des Duckmäusertums vorbei. Ich habe keine Wahl, ich muss Buckley gegenübertreten. Wenn ich keinen Erfolg habe …“ Sie unterbrach sich und schaute bezwingend in die Augen ihres Bruders. „Dann gehe ich zu Lord Rockley und erzähle ihm alles.“ Was immer Simon Rockley sonst sein mochte – in diesem düsteren Moment war er ein Hoffnungsschimmer, an den sie sich klammern würde.
William rang ungläubig nach Luft. Nach einem langen, drückenden Schweigen schüttelte er langsam den Kopf. „Bist du wahnsinnig? Wenn du mich hängen sehen willst, ist das der sicherste Weg, dieses Ziel zu erreichen. Niemals könnte ich Rockley einreden, ich wäre nicht in Buckleys Raubüberfälle verwickelt.“
„Dieses Risiko müssen wir eingehen“, entschied Christina.
Für weitere Proteste gab sie ihm keine Zeit. Mit
Weitere Kostenlose Bücher