Verrat und Verführung
sich in diese Richtung. Sofort erlosch das triumphierende Grinsen, das er angesichts ihrer scheinbaren Gefügigkeit aufgesetzt hatte. Voller Zorn sprang er hoch, um sich auf den Eindringling zu stürzen, der jetzt eintrat. Doch da sah er den Degen in der rechten Hand des Mannes, die Pistole in der linken, sah seine eigene Waffe auf dem Nachttisch liegen und wich vorsichtig zurück.
Noch nie im Leben hatte Christina so gelitten wie in diesem Moment. Ihr Herz drohte stehen zu bleiben. Völlig verzweifelt schaute sie in Lord Rockleys silbergraue Augen, die eisige Verachtung und Ekel ausdrückten.
„Mein Kompliment, Miss Atherton “ , betonte er höhnisch, „ich gratuliere Euch zu Eurer Doppelzüngigkeit und Eurem ehrlosen Benehmen.“
„Nein, ich – bitte, Simon …“, stammelte sie, wollte zu ihm eilen und erklären, der äußere Schein der Szene würde trügen.
„Seid still!“, befahl er. Die Frau, die er selbst begehrte, in einer eindeutigen Situation mit dem elenden Schurken zu sehen, erfüllte ihn mit wilder, fast blinder Wut. Gewiss hatte er allen Grund, Buckley für ihren Liebhaber zu halten. Geringschätzig musterte er ihr zerzaustes Haar, das zerrissene Kleid. „Mischt Euch nicht ein, Miss Atherton, das geht nur Buckley und mich etwas an.“
„Aber … es ist nicht so, wie Ihr glaubt …“
„Schweigt!“, herrschte er sie an. „Was zwischen Euch und diesem vulgären Schuft geschehen ist, will ich gar nicht wissen. Ich habe wichtigere Dinge zu erledigen.“ Nun wandte er sich zu Buckley. „Eine falsche Bewegung, und ich jage Euch eine Kugel in den Kopf. Verstanden?“ Ungeduldig wartete er, bis der Schurke zaudernd nickte. „Und jetzt ergreift Eure Waffe vorsichtig beim Lauf, legt sie auf den Boden und lasst sie ganz langsam zu mir rutschen. Für jede zu schnelle oder unnötige Bewegung müsst Ihr bitter büßen. Falls Ihr glaubt, ich wäre unfähig zu töten, täuscht Ihr Euch.“
Trotz des Zorns, der in Buckleys Augen funkelte, gehorchte er. Langsam glitt die Pistole über den Bretterboden. Simon beförderte sie mit einem behutsamen Fußtritt zu dem Reitknecht, der an der Tür stand.
„Heb sie auf, Tom“, sagte er und wartete, bis der Befehl befolgt worden war. Dann gab er dem älteren Mann seine eigene Pistole. „Richte beide Waffen auf den elenden Kerl. Wer weiß, was er sonst tun könnte …“ Indem er seinen Degen in Buckleys Richtung schwenkte, fuhr er fort: „Nun gestatte ich Euch, in Euer Hemd zu schlüpfen, obwohl Miss Atherton Euren jetzigen Zustand vielleicht vorzieht. Andere Damen würden sicher erschrecken, wenn sie Euch nur in einer Hose erblicken.“
Während Buckley sein Hemd ergriff und die Hände in die Ärmel schob, erhob Christina sich vom Bett. Zitternd stand sie neben ihrem Angreifer, entrüstet über seinen Versuch, sie zu vergewaltigen, und Simons fälschliche Vermutung, sie hätte es genossen. Das Haar hing ihr wirr ins Gesicht. Hastig hielt sie das zerrissene Kleid vor ihren Brüsten zusammen – zu spät, um die rosige Haut zu verbergen.
Wie sie aussehen musste, wusste sie. Trotzdem ärgerte sie sich maßlos über Simons vorschnelle Verurteilung, fühlte sich gedemütigt und zu Unrecht verachtet.
Nur einen kurzen, vernichtenden Blick gönnte er ihr, bevor er auf den Mann an ihrer Seite zuging. „Ihr seid also Mark Buckley. An einem schwarzen Tag voller Verzweiflung gelobte ich mir, Euch zu töten.“ Seine Züge spiegelten abgrundtiefen Hass wider. „Hört mir aufmerksam zu.“ In seiner Stimme schwang mühsam kontrollierter Zorn mit. „Ich hatte eine Nichte – ein hübsches kleines Mädchen, das niemandem etwas zuleide getan hatte. Und Ihr habt sie gnadenlos niedergeschossen, verdammter Bastard, und meinen Bruder schwer verletzt. Seither verging kein Tag, an dem ich Euch nicht verfluchte – an dem ich mir nicht schwor, Euch zu jagen und für Eure gerechte Strafe zu sorgen. Beleidigt mich nicht, indem Ihr leugnet, was Ihr damals getan habt, oder behauptet, Ihr würdet Euch nicht an jenen Überfall erinnern!“
Der Schmerz, den Simons Tonfall bekundete, trieb Tränen in Christinas Augen. Was Buckley dem Kind und dessen Familie angetan hatte, die Zerstörung einer Welt voller Liebe, war unerträglich grausam. Dafür gab es keine Strafe, die gerecht genug wäre.
Lässig zuckte der Räuber die Achseln. „Aye, ich entsinne mich, ein unglückseliger Zwischenfall. Aber deshalb habe ich meinen Nachtschlaf nicht eingebüßt.“
„Das hätte ich auch gar
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