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Verraten

Verraten

Titel: Verraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Esther Verhoef , Berry Escober
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Gewicht eines Tieres abhing, sondern von mehreren, verschiedenen Faktoren. Zu viel konnte fatale Auswirkungen haben, verabreichte man jedoch zu wenig, erwachte der Patient. Nervös überblickte er die Knöpfe des Apparates. Drehte dann die Gaszufuhr auf. Stellte sicher, dass das Verhältnis von Lachgas zu Sauerstoff 3: 6 betrug. Schluckte und hoffte, dass alles gut ging.
    »Nimm dir eine Schüssel da raus«, sagte er zu Susan und wies mit einem Nicken auf einen kleinen, weißen Schrank neben der Tür. »Fülle sie mit warmem Wasser. Und hole Tücher. Da im Schrank hinter mir.«
    Susan eilte los und wäre beinahe mit Sven zusammengestoßen, der in die entgegengesetzte Richtung lief.
    Sven war jetzt heilfroh, dass er sich damals das fahrbare Röntgengerät angeschafft hatte. Rückwärts laufend zog er den Apparat neben den Operationstisch. Susan stand schon bereit, eine rostfreie Metallschüssel mit heißem Wasser in der Hand und weiße Handtücher über dem Arm.
    »Stell das erst nochmal beiseite, Röntgen ist wichtiger«, sagte er gehetzt und reichte ihr eine schwere, etwa einen Zentimeter dicke Platte an.
    »Ich hebe ihn hoch, du schiebst sie unter seine Schultern.«
    Es kostete Sven große Mühe, Sils Oberkörper anzuheben. Schon der war schwerer als ein durchschnittlicher Rottweiler. Sven sah Susan auf einmal mit anderen Augen. Wie zum Teufel hatte sie es geschafft, diesen Kerl ins Auto zu wuchten? Susan schob die Platte unter Sil. Sven ließ ihn sinken und zog den Röntgenapparat bis über seine Schulter. Stellte routiniert, aber immer noch mit zitternden Händen das Gerät ein.
    »Normalerweise müsstest du eine Bleischürze umlegen, aber dafür haben wie jetzt keine Zeit«, sagte er und drückte den Auslöser. Anschließend hob er Sil erneut an den Schultern hoch, und Susan zog rasch die Platte unter ihm weg. Sven schob schnell die Platte in den Entwicklungsapparat und eilte in einen kleinen Raum neben dem Operationssaal.
    Er hatte noch nie eine Schusswunde gesehen, aber dieser Mann hatte zweifellos eine abgekriegt. Darauf wäre er auch ohne Susans spärliche Informationen gekommen. Er vermutete, dass das Geschoss noch in seiner Schulter steckte, weil er nur eine Wunde diagnostiziert hatte. Also sollte er am besten rasch sein Besteck bereitlegen.
    Er schaltete das Licht ein. Es dauerte eine ganze Sekunde, bis es angesprungen war, und er platzte fast vor Ungeduld. Er rannte zu einem weißen Schrank hin und holte eine Flasche Jod heraus. Stellte sie auf die Anrichte. Sah seinen grünen Operationskittel am Haken hängen. Zog ihn über. Wusch sich die Hände mit Desinfektionsmittel.
    Da stand auf einmal Susan vor ihm, Panik im Blick.
    »Es geht ihm nicht gut!«, sagte sie.
    Er rannte ihr voraus in den Operationssaal. Susan hatte Recht. Sils Haut war noch blasser geworden und aus der Schulter floss noch immer Blut. Sven überlegte fieberhaft.
    »Welche Blutgruppe hast du?«, fragte er.
    »Null negativ.«
    Er zermarterte sich das Gehirn. Wie war das gleich noch mit Menschenblut? Eine Bluttransfusion mit einer anderen Blutgruppe oder dem falschen Rhesusfaktor konnte den Tod des Empfängers bedeuten. Es gab nur eine Blutgruppe, die für alle verträglich war. War es Null? Null negativ? Er glaubte es zumindest. Bei einem Fernsehquiz hätte er ohne zu überlegen »Null negativ« geantwortet, aber in dieser surrealistischen Situation, unter einem Druck, wie er ihn noch nie in seiner ganzen Laufbahn verspürt hatte, waren sämtliche Gewissheiten plötzlich verschwunden.
    Er wandte sich wieder Sil zu. Untersuchte noch einmal seine Schleimhäute. Schaute danach Susan an. Und dann traf er die heikelste Entscheidung seines Lebens.
    »Ich brauche dein Blut«, sagte er.
    Ein paar Minuten später saß Susan auf einem Metallstuhl neben dem Operationstisch. Sven zog ein Band um ihren Oberarm stramm, drückte mit dem Daumen auf eine blaue Ader, die unter ihrer dünnen Haut an der Innenseite ihres Ellbogens sichtbar wurde, steckte eine Hohlnadel hinein und verband diese mit einem durchsichtigen Schlauch, an dem ein Blutsammelbehälter aus Plastik hing.
    Er legte Susan den Beutel in die offene Hand.
    »Du musst ihn hin- und herschaukeln«, sagte er.
    Sie schaute ihn fragend an.
    »Das Blut muss in Bewegung bleiben«, erklärte er. »In dem Behälter befindet sich Natriumcitrat, ein gerinnungshemmendes Mittel, und durch die Bewegung mischt es sich mit dem Blut. Immer schön bewegen, sonst können wir dein Blut nicht

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