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Verraten

Verraten

Titel: Verraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Esther Verhoef , Berry Escober
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einen Umweg. Er kletterte ein paar Meter den Berg hinauf, wobei er die Vorsprünge, die durch das Heraushauen der Straße aus dem Felsen entstanden waren, als Handgriffe und Fußstützen gebrauchte. Nach einigen Metern gelangte er an einen flachen Abhang und kletterte weiter hinauf, bis sein Wagen klein wie ein Modellauto unter ihm lag. Von dort aus bewegte er sich auf dem felsigen Untergrund parallel zur Straße weiter. Es gab keinen Weg, und er kam nur langsam voran. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis er die Stelle erreichte, an der die Straße sich um den Berg herumwand. Langsam trat er näher an den Abhang heran. Das Erste, was er hörte, war knarrendes Metall, im Rhythmus des Windes. Dann sah er den Peugeot. Das rechte Hinterrad stand noch auf der Straße. Der Rest des Wagens hing in der Luft, nur noch gehalten von einem abgerissenen Stück Metallfangzaun, das lose über dem Abgrund baumelte.
    Er zog seine HK, entriegelte sie und ließ sich vom Berg abrutschen. Die letzten beiden Meter musste er hinunterspringen. Er überquerte die Straße. Die Windschutzscheibe des Peugeots war zersplittert, ebenso wie das Fenster auf der Beifahrerseite, und unter der Motorhaube liefen verschiedene Flüssigkeiten hervor. Der Fangzaun schabte und krachte. Er legte sich flach auf den Asphalt und kroch zu dem Auto hin. Stand langsam auf. Schaute durch das Fenster auf der Fahrerseite. Einer der Männer lag über dem Lenkrad, die Arme über das Armaturenbrett ausgebreitet, als wolle er sein Auto umarmen. Der andere lag schief an ihn gelehnt. Sie bluteten wie abgestochene Schweine. Er konnte nicht feststellen, ob sie tot waren. Auf jeden Fall waren sie bewusstlos.
    Er ging um den Wagen herum und schaute in die Schlucht. Der Wind zerrte an seiner Jacke. Die Wand fiel mehrere hundert Meter tief senkrecht ab, der Boden der Schlucht bestand aus hartem Felsen. Erneut warf er einen Blick auf die beiden Männer, ließ die Waffe sinken und rannte die Straße entlang zurück zu seinem Toyota. Innerhalb von zehn Minuten hatte er ihn erreicht. Er schwang sich hinter das Lenkrad, wendete und fuhr zurück bis zu der Kurve, an dem Peugeot vorbei, und wendete erneut. Er fuhr mit dem massiven Kuhfänger des Toyota bis an den Peugeot heran. Gab kontrolliert Gas. Kroch Zentimeter für Zentimeter voran. Er sah das Autowrack vor sich hin- und herschaukeln. Der Zaun gab langsam nach. Er schob noch ein wenig weiter. Der Zaun krachte und ruckte. Der Peugeot rutschte seitlich weg und stürzte in die Tiefe.
    Er fuhr ein Stück zurück und stieg aus. Trat an den Rand des Abgrunds. Schaute hinunter. Es dauerte einen Augenblick, bis er das Wrack fand. Es lag viele hundert Meter unter ihm auf den Felsen. Die Unterseite des Peugeot hatte dieselbe Farbe wie das Gestein.
    Er drehte sich um und nahm sein Taschenmesser zur Hand. Rutschte unter sein Auto und schnitt das schwarze Klebeband durch. Schleuderte den Sender in den Abgrund.
    Als er wieder im Wagen saß, merkte er, dass er am ganzen Körper zitterte. Mit bebenden Händen klappte er die Sonnenblende herunter und schaute in den Spiegel. Quer über der Oberlippe klebte eine dunkelrote Kruste bis an die Nase. Geronnenes Blut zog sich in bizarren, braunroten, getrockneten Rinnsalen über sein ganzes Gesicht bis zum Hals. Auf einem seiner Wangenknochen zeichnete sich eine gelbviolette Schwellung ab, und auf seiner Stirn hatte er eine große Schürfwunde. Er betrachtete seine Hände, die bedeckt waren mit Schrammen, schwarzem Dreck und geronnenem Blut. Sie kribbelten und brannten. Seine Kleidung, noch immer durchnässt und kalt von seinem Bad im Fluss, war zerrissen und abgewetzt. Sein ganzer Körper fühlte sich an wie krankenhausreif geschlagen. Alles tat ihm weh.
    Aber seine Wunden würden heilen. Er konnte noch umherlaufen, rennen, kriechen. Nichts war gebrochen. Also alles halb so wild. Dennoch wollte das Zittern nicht aufhören. Er versuchte, sich zusammenzureißen, aber es gelang ihm nicht so recht. Er holte tief Luft. Und noch einmal.
    Eine innere Stimme mahnte ihn, dass er von hier wegmusste. Wenn er Pech hatte, bog im nächsten Moment ein Rentnerehepaar mit einem Wohnwagen um die Kurve oder ein Bauer mit einem Traktor. Und dann saß er noch übler in der Klemme als ohnehin schon.
    Ihm war klar, dass er zunächst zurück nach Port Grimaud musste. Sich waschen und umziehen. Seine Wunden versorgen. Sein Geld holen. Und dann wieder weg. Aber wohin? Er wusste es nicht. Jedenfalls weg aus Frankreich.
    Knapp

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