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Verraten

Verraten

Titel: Verraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Esther Verhoef , Berry Escober
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auf den geringsten Impuls reagierte. Noch bei einem Tempo von über zweihundert Stundenkilometern schaffte es der Sportwagen, ihm einen kleinen, ungeduldigen Schubs in den Rücken zu versetzen, wenn er das Gaspedal weiter hinuntertrat. Der Landcruiser war quasi das Gegenstück dazu. Der schwere Diesel hatte den Charakter eines frisierten Panzers. Die Kraft, die das plumpe Gefährt entfalten konnte, war geradezu erschreckend. Es war ein mächtiges Spielzeug.
    Er hatte sie an zwei aufeinander folgenden Tagen gekauft. Nach dem Verkauf von Sagittarius schenkte ihm sein Bankkonto die Freiheit, nicht zwischen beiden Fahrzeugen wählen zu müssen.
    Einige Wochen lang war er überglücklich gewesen mit seinem kleinen Fuhrpark. Dann begann die Unruhe wieder an ihm zu nagen.
    Dass Glück mit Besitz zusammenhing, war ein Mythos, der von einer Generation auf die andere überliefert wurde. Millionäre und hochdekorierte Würdenträger, die einsam in einem Hinterzimmer ihrem Leben ein Ende setzten, wussten es besser, aber sie waren anschließend nicht mehr im Stande, es weiterzusagen. Und selbst wenn sie es weitergesagt, ja hinausgeschrien hätten, es hätte ihnen doch niemand zugehört. Denn die Menschen wollten nun einmal an Mythen glauben und nach Zielen streben, die außerhalb ihrer Reichweite lagen. Mehr und mehr, um ein Monster zu füttern, das unersättlich war. Schneller, höher, schöner, teurer, besser.
    Irgendwann wurde das alles völlig sinnlos.
    Er fühlte Regentropfen auf der Haut und hob den Blick. Regenwolken hingen über der Stadt. Der Himmel war pechschwarz, nur einige wenige Sterne leuchteten, Lichtjahre von der Erde entfernt. Der Mond reflektierte das Licht der Sonne, die hundertfünfzig Millionen Kilometer entfernt die andere Seite der Erde erwärmte.
    Wieder schaute er sich nach seinem Auto um.
    Es ist nur Blech, Sil, sagte er sich. Es ist käuflich. Besitz. Metall, Gummi, Kunststoff, mach nicht mehr daraus, als es ist.
    Hör auf, einem Blechhaufen nachzuweinen, verdammt!
    Er wandte den Blick ab und machte sich in Richtung Innenstadt auf den Weg. Da musste es auch einen Bahnhof geben. In dem Moment, als er um die Ecke bog, hatte er sein Auto vergessen.

22
     
    Das Telefon läutete. Susan stellte die schweren Supermarkttüten neben das Sofa und nahm ab.
    »Susan«, meldete sie sich und wurstelte den anderen Arm aus ihrem Mantel heraus.
    »Wie geht’s dir?«
    Sie erstarrte. Blieb mit dem Arm im Mantel hängen.
    »Könnte besser sein«, antwortete sie leise. »Ich vermisse dich.«
    »Ich dich auch.«
    Sie hielt den Hörer in beiden Händen. Öffnete den Mund, um zu fragen, wie es ihm ergangen war. Wie er sich fühlte. Aber ihr fielen nicht die richtigen Worte ein. Deshalb sagte sie nichts.
    »Ist alles in Ordnung mit dir?«, fragte er.
    »Ja, jetzt schon.«
    »Ich versuche dich schon seit Tagen zu erreichen.«
    Jetzt erst fiel ihr auf, wie gehetzt er klang.
    »Ich war in Norwegen. Ein Eilauftrag. Ich bin erst vor zwei Stunden wieder nach Hause gekommen. Was ist denn los?«
    »Bist du allein?«
    Sie runzelte die Stirn. »Ja, Sil. Jetzt sag schon, was ist los?«
    »Das ist eine lange Geschichte. Ich würde sie dir lieber unter vier Augen erzählen. Kannst du zu mir kommen?«
    Ihr skeptischer Gesichtsausdruck blieb.
    »Klar. Ich bringe nur noch eben die Filme ins Labor und anschließend mache ich mich sofort auf den Weg nach Zeist, okay? Ich kann in einer bis anderthalb Stunden bei dir sein.«
    »Ich bin nicht zu Hause, ich bin in Antwerpen.«
    »In Antwerpen?«
    Sie hörte, wie er zögerte. »Ich wohne in einem kleinen Hotel. Es liegt in einer Seitenstraße in der Nähe des Pferdemarktes. Nicht gerade das Hilton.«
    Er gab ihr die Adresse. Sie suchte herum, fand einen Stift und schrieb sich seine Angaben auf die Hand.
    »Susan?«
    »Ja?«
    »Kennst du das Eröffnungslied der Muppet Show?«
    »Der Muppet Show? Ja klar, warum?«
    »Die Rezeption, oder besser das, was die Rezeption sein soll, ist fast nie besetzt. Komm rauf in die zweite Etage. Ich wohne Zimmer Nummer 23, links, etwa in der Mitte des Flurs. Klopf bitte im Rhythmus der Muppet-Show-Melodie an. Sollte irgendetwas nicht in Ordnung sein, oder es ist jemand bei dir, dann klopfe ganz normal. Wie du es von dir aus tun würdest.«
    Eine kurze Stille trat ein. »Das klingt ja ziemlich beunruhigend, Sil«, sagte sie leise.
    »Das ist es auch.«
    »Erzähl mir erst, was los ist.«
    »Ich erzähle es dir. Sobald du hier bist. Hör mir gut zu, Susan. Sag

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