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Verraten

Verraten

Titel: Verraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Esther Verhoef , Berry Escober
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Volksaufstand ausspucken. Schon nach dem ersten misslungenen Versuch wäre er so gut wie tot. Es bestand eine geringe Chance, dass sie nicht schossen, weil sie ihn lebend haben wollten, aber er wagte es nicht, darauf zu spekulieren, und blieb still liegen. Gespannt verfolgte er jede ihrer Bewegungen.
    Der eine warf einen Blick über das Geländer in die Schlucht hinein. Der andere lief ein Stück weit den Weg entlang, blickte dann am Berg hoch und überquerte die Straße. Fing an, den Hang hinaufzuklettern. Sein Bruder gesellte sich zu ihm und kurz darauf verschwanden beide fünfzig Meter von Sil entfernt aus seinem Blickfeld. Ihm fiel auf, wie geschmeidig sie sich bewegten. Sie waren behände wie Bergkatzen.
    Er lauschte konzentriert auf die Geräusche, die sie verursachten. Vergaß beinahe zu atmen. Kurz darauf verstummten das Knirschen das Gerölls und das Rascheln der Blätter.
    Eine bessere Gelegenheit als diese würde sich nicht noch einmal bieten. Womöglich war es seine letzte Chance. Er stand auf und kam lautlos aus seinem Versteck hervor, ließ sich den Abhang hinunterrutschen und rannte über die Straße. Lief um den belgischen Peugeot herum und duckte sich dahinter. Wälzte sich auf den Rücken, bis sein Kopf sich in Höhe des linken Hinterrads befand, und schob sich unter den Wagen. Sein Kopf passte gerade so darunter. Mit den Fingern tastete er die schmierigen Kabel und Leitungen ab.
    In ferner Vergangenheit hatte er gelegentlich an alten Autos herumgeschraubt, aber er hätte nie gedacht, dass ihm diese Erfahrung später einmal nützlich sein könnte. Jedenfalls nicht auf diese Weise. Er zog sein Taschenmesser heraus und schnitt einige tiefe Kerben in die Bremsleitungen.
    Er rollte sich unter dem Auto hervor. In der Hocke kroch er zum Heck des Wagens. Suchte den Berghang ab. Spähte über die Sträucher hinweg, lauschte auf Geraschel, achtete auf Bewegungen im Gebüsch, die nicht vom Wind verursacht wurden. Nichts. Anschließend kroch er zur Vorderseite des Peugeot, lauschte und spähte erneut. Nichts.
    Er holte den Schlüssel des Landcruisers aus seiner Hosentasche, entriegelte die Türen und sprintete los. Sprang in den Wagen und startete den Motor. Der Diesel erwachte stotternd und nagelnd zum Leben. Sil schaltete auf Drive und trat mit dem linken Fuß auf das Bremspedal. Den rechten hielt er über dem Gas, bereit, sofort loszufahren. Wartete. Schaute ständig in Rück- und Außenspiegel. Auf seiner Stirn bildeten sich Schweißtröpfchen, und sein Atem ging schnell. Das Blut an seinen Händen hatte sich mit der Schmiere und dem sandigen Dreck unter dem Peugeot vermischt. Die Bremsflüssigkeit oder was auch immer es war brannte in den Schnitt-und Schürfwunden. Er beachtete die Schmerzen nicht, sondern konzentrierte sich auf jede Bewegung hinter sich und am Berghang.
    Die Vögel verrieten sie. Kleine Schwärme flogen auf, ließen sich nieder und flogen gleich wieder auf, in wellenförmigen Bewegungen. Die Brüder waren auf dem Rückweg.
    Jetzt nahm er den Fuß vom Bremspedal und fuhr so gemächlich er es fertigbrachte in Richtung Straße. Rollte langsam weiter, um den Eindruck zu erwecken, er habe sie nicht bemerkt. Nachdem er um eine Kurve gebogen war, gab er mehr Gas. Fuhr immer schneller. Dabei beobachtete er mit halbem Auge die Straße hinter sich. Auf einem übersichtlichen Stück mit flachen Kurven erhaschte er weit hinter sich einen Blick von der Schnauze des Peugeots. Er gab mehr Gas. Und noch mehr.
    Vor ihm ragten die majestätischen kahlen Berge der Gorges du Verdon auf, jenseits einer tiefen Schlucht. Ein schief stehendes Verkehrsschild am Rand warnte vor einer scharfen Rechtskurve. Er hielt den Blick fest auf die Straße vor sich gerichtet. Umklammerte mit beiden Händen das Lenkrad. Lehnte sich unwillkürlich mit dem Oberkörper nach vorn, trat kurz vor der Kurve voll auf die Bremse, riss das Lenkrad herum und gab gleichzeitig kräftig Gas. Der Wagen geriet bei dem plötzlichen Manöver stark ins Schwanken. Nach der Kurve verlief die schmale Straße relativ gerade, und er fuhr mit an die achtzig Sachen weiter. Schaute ständig in den Rückspiegel. Kein Peugeot. Die Straße hinter ihm blieb leer. Nach ein paar Kilometern nahm er den Fuß vom Gas und ließ den Wagen ausrollen. Hielt an. Wartete. Nichts.
    Er lenkte den Geländewagen ein kleines Stück den Berg hinauf und stieg aus. Er wusste nicht, was ihn erwartete, deshalb lief er nicht auf der Straße zurück, sondern entschied sich für

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