Verr�ter wie wir
seltene Ware wie Damenkleidung und Grundnahrungsmittel vertreibt. Mit Beihilfe von Dima und ähnlich gesinnten Kumpanen betätigt sie sich nebenher als Wucherin, Entführerin und Erpresserin. Damit kommt sie einer rivalisierenden Bruderschaft ins Gehege, die Tamara erst gefangen nimmtund foltert, um sie dann unter einem Vorwand der Polizei zu übergeben, die sie munter weiterfoltert. Dima erklärt Tamaras Problem:
»Sie schreit nicht, das ist es, Professor. Sie ist gute Kriminelle, besser wie Männer. Sie stecken sie in Verhörzelle. Kannst du vorstellen Verhörzelle, ja? Hängen sie kopfüber auf, ficken sie zehnmal durch, zwanzigmal, prügeln sie grün und blau, und sie schreit nicht. Sagt ihnen, sollen sie arschlecken. Tamara, sie ist große Kämpferin, nicht Dreckschwein .«
Wieder stellte Perry das Wort zaghaft in den Raum, und wieder kam ihm Hector diskret zu Hilfe:
»Dreckschwein ist noch übler als Hund oder Specht. Ein Dreckschwein verrät den Unterweltkodex. Unserem Dima schlägt das Gewissen mittlerweile gewaltig.«
»Dann ist er vielleicht deshalb über das Wort gestolpert«, mutmaßte Perry, und Hector sagte, durchaus möglich.
Perry nun wieder als Dima: »Eines Tags, die Polizei hat die Schnauze so voll von Tamara, sie ziehn sie nackt aus und werfen sie raus in Schnee. Sie schreit nicht, kapiert? Wird bisschen verrückt, okay. Spricht zu Gott. Kauft zig Ikonen. Vergräbt Geld im Garten, dass keiner mehr findet, scheißegal. Diese Frau ist loyal, kapiert? Diese Frau ich lass niemals gehen. Nataschas Mutter, sie habe ich geliebt. Aber Tamara, sie lasse ich nie gehen. Kapiert?«
Perry hat kapiert.
Sobald Dima beginnt, im großen Stil zu verdienen, lässt er Tamara in einer Schweizer Klinik aufpäppeln, dann heiraten sie. Innerhalb eines Jahres kommen die Zwillinge zur Welt. Der Hochzeit auf dem Fuß folgt die Verlobung von Tamaras hinreißend schöner, sehr viel jüngerer Schwester Olga, einer Edelnutte, die bei den Wory hoch im Kurs steht. Und der Bräutigam ist kein anderer als Dimas geliebterJünger Mischa, der inzwischen ebenfalls aus Kolyma entlassen ist.
»Mit dem Bund zwischen Olga und Mischa war das Maß von Dimas Freuden voll«, so Perry. »Dima und Mischa waren fortan wahre Brüder. Nach dem Wory-Gesetz war Mischa ohnehin schon Dimas Sohn, durch die Heirat wurden sie nun auf der ganzen Linie verwandt. Dimas Kinder würden die Kinder von Mischa sein, Mischas Kinder die von Dima«, schloss Perry und lehnte sich mit entschiedener Geste zurück, wie um die Fragen aus den hinteren Bankreihen entgegenzunehmen.
Doch Hector, der Perrys Rückzug in die Akademikerrolle mit einiger Belustigung beobachtet hatte, begnügte sich mit einem trockenen Kommentar anderer Art:
»Sind schon ein verdammt merkwürdiger Haufen, diese Wory, finden Sie nicht? Da schwören sie großartig der Ehe, der Politik, dem Staat und all diesem Zeugs ab, nur um dann mit einem Riesenbrimborium zu dröhnendem Glockengeläut zum Altar zu schreiten. Hier, nehmen Sie noch einen Schuss von diesem Gesöff. Nur einen Teelöffel. Wasser?«
Geklapper mit Flasche und Karaffe.
»Deshalb auch diese ganze Truppe, nicht wahr?«, hing Perry seinem eigenen Gedankengang nach und nippte an seinem sehr schwachen Whisky. »Diese ganzen schrulligen Vettern und Onkel in Antigua. Alles Diebe im Gesetz, die angereist waren, um Mischa und Olga betrauern zu helfen.«
* * *
Perry wieder dezidiert als der Collegedozent. Der einen Geschichtsabriss präsentiert und nichts sonst:
Perm wird zu klein für Dima und die Bruderschaft. Das Geschäft weitet sich aus. Verbrechersyndikate bilden Allianzen.Deals mit anderen Mafia-Organisationen kommen zustande. Und das Beste: Dima, der Primitivling aus Kolyma, der nichts weiß und nichts gelernt hat, erweist sich als Genie darin, die Erträgnisse des Verbrechens zu waschen. Als Dimas Bruderschaft beschließt, ihre Geschäfte nach Amerika auszuweiten, ist es darum Dima, den sie nach New York schicken, damit er eine Geldwäsche-Kette mit Hauptsitz Brighton Beach aufzieht. Dima nimmt Mischa als seinen Mann fürs Grobe mit. Als die Bruderschaft beschließt, eine europäische Dependance seines Geschäfts einzurichten, betraut sie Dima mit der Aufgabe. Dima bedingt sich auch jetzt wieder aus, dass Mischa mitbedacht wird, diesmal als Dimas Nummer zwei in Rom. Auch das wird bewilligt. So dass die Dimas und die Mischas nun wahrhaft eine große Familie sind, vereint in der Arbeit wie auch daheim – sich besuchen,
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