Verr�ter wie wir
an, dass es eine Kassette war – aus irgendeiner Art Mini-Recorder. Danach hat es sich zumindest angefühlt.«
So schnell ließ Hector nicht locker. »Und Sie haben nicht versucht, es zu öffnen?«
»Natürlich nicht. Es war ja für Sie bestimmt. Ich habe lediglich sichergestellt, dass es fest in den Deckel des Dossiers eingeklebt war.«
Hector blätterte langsam in Perrys Dokument herum und nickte geistesabwesend.
»Er hatte es direkt am Körper getragen«, fuhr Perry fort, den es offenbar drängte, gegen das sich verdichtende Schweigen anzureden. »Wie in Kolyma, habe ich gedacht. Die Kniffe, die sie sich dort einfallen lassen mussten. Botschaften schmuggeln, alles das. Das Ding war klatschnass. Ich musste es bei uns in der Hütte erst mit einem Handtuch trockenwischen.«
»Aber geöffnet haben Sie es nicht?«
»Ich habe doch gesagt, nein. Warum sollte ich auch? Es ist nicht mein Stil, anderer Leute Nachrichten zu lesen. Oder sie mir anzuhören.«
»Nicht mal, bevor Sie damit in Gatwick durch den Zoll mussten?«
»Ganz sicherlich nicht.«
»Aber betastet haben Sie es.«
»Ja, natürlich. Wie ich Ihnen gerade gesagt habe. Worauf wollenSie eigentlich hinaus? Durch die Frischhaltefolie. Und die Watte. Gleich als er es mir gegeben hat.«
»Und nachdem Sie es von ihm bekommen hatten, was haben Sie dann damit gemacht?«
»Es sicher verwahrt.«
»Nämlich wo?«
»Wie bitte?«
»Wo Sie es verwahrt haben.«
»Bei meinem Rasierzeug. Sobald ich in die Hütte zurückkam, bin ich auf direktem Weg ins Bad gegangen und habe es da versteckt.«
»Neben Ihrer Zahnbürste sozusagen.«
»Sozusagen.«
Erneutes langes Schweigen. Kam es ihnen so lang vor, wie es Perry vorkam? Wohl kaum, fürchtete er.
»Warum?«, wollte Hector schließlich wissen.
»Was?«
»Das Rasierzeug«, präzisierte Hector geduldig.
»Ich dachte, da ist es sicherer.«
»Wenn Sie in Gatwick durch den Zoll müssen?«
»Ja.«
»Da es ja das einschlägige Versteck für Kassetten ist?«
»Ich dachte einfach, es würde …« Er zuckte die Achseln.
»Im Waschbeutel weniger auffallen?«
»So ungefähr.«
»Wusste Gail davon?«
»Was? Natürlich nicht. Nein.«
»Hätte mich auch gewundert. Ist die Aufnahme auf Englisch oder auf Russisch?«
»Woher soll ich das wissen? Da ich sie mir nicht angehört habe.«
»Dima hat Ihnen nicht gesagt, in welcher Sprache sie ist?«
»Er hat überhaupt nichts dazu gesagt, außer dem, was Sie schon von mir wissen. Prost.«
Erkippte die letzten Tropfen seines sehr dünnen Scotchs und setzte das Glas dann mit fester Hand auf dem Tisch ab, ein Schlusspunkt. Doch Hector ließ sich von seiner Eile nicht anstecken. Ganz im Gegenteil. Er blätterte in Perrys Dokument eine Seite zurück. Dann zwei nach vorne.
»Aber warum das alles?«, insistierte er.
»Warum was?«
»Warum tun Sie sich das an? Warum schmuggeln Sie ein dubioses Päckchen für einen russischen Gauner durch den britischen Zoll? Warum haben Sie es nicht in der Karibik versenkt, und basta?«
»Ich hätte gedacht, das liegt auf der Hand.«
»Für mich, ja. Aber bei Ihnen wundert mich das. Inwiefern liegt es denn für Sie auf der Hand?« Perry suchte nach einer Antwort, schien aber keine zu finden.
»Weil’s einfach da war , vielleicht?«, schlug Hector vor. »Deshalb klettern die Leute doch auch auf Berge: weil sie da sind.«
»Heißt es, ja.«
»Absoluter Blödsinn, wenn Sie mich fragen. Weil die Leute da sind, von mir aus. Kein Grund, es auf die armen Berge zu schieben. Oder?«
»Möglich.«
»Der Bergsteiger ist es schließlich, der den fernen Gipfel erspäht. Dem Berg ist es schnurzpiepegal.«
»Höchstwahrscheinlich, ja« – ein nicht sehr überzeugendes Grinsen.
»Hat Dima mit Ihnen über Ihre persönliche Beteiligung an diesen Verhandlungen gesprochen, sollte es zu Verhandlungen kommen?«, fragte Hector mit einer Verzögerung, die Perry endlos erschien.
»Ein bisschen.«
»Und was heißt ein bisschen?«
»Er wollte, dass ich dabei zugegen bin.«
»Nämlichwozu?«
»Um das Fairplay sicherzustellen, denke ich doch.«
»Wessen Fairplay, verflucht noch mal?«
»Ihres, würde ich vermuten«, sagte Perry verstockt. »Er wollte, dass ich dafür sorge, dass Sie Wort halten. Er hat etwas gegen Apparatschiks, wie Ihnen vielleicht auch aufgefallen ist. Er möchte Sie bewundern, weil Sie englische Gentlemen sind, aber gleichzeitig misstraut er Ihnen, weil Sie Apparatschiks sind.«
»Empfinden Sie das auch so?« – die grauen
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