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Verr�ter wie wir

Titel: Verr�ter wie wir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carr�
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miteinander Häuser tauschen und gegenseitig ihre prachtvollen Kinder bewundern.
    Perry nippt noch einmal an seinem Whisky.
    »Das war zu Zeiten des alten Prinzen«, sagt er beinahe wehmütig. »Für Dima das Goldene Zeitalter. Der alte Prinz war ein echter Wor. Er war unfehlbar.«
    »Und der neue Prinz?«, fragt Hector provozierend. »Dieser junge? War von dem auch irgendwann die Rede?«
    Das kann Perry nicht komisch finden. »Das wissen Sie haargenau«, knurrt er. Und ergänzt: »Der Prinz ist das größte Dreckschwein aller Zeiten. Der Erzverräter schlechthin. Er ist der Prinz, der die Wory gegen den Staat ausspielt, was das übelste Verbrechen ist, das man als Wor begehen kann. Einem solchen Mann in den Rücken zu fallen ist kein Verrat, es ist Pflicht.«
    * * *
    »Dumagst gern die zwei Kleinen, Professor?«, fragt Dima in gespielter Nonchalance, indem er den Kopf zurückwirft und so tut, als würde er die abblätternden Panele an der Decke studieren. »Katja? Irina? Magst du, ja?«
    »Ja, natürlich. Sie sind eine Wucht.«
    »Und Gail, sie mag auch?«
    »Das wissen Sie doch. Sie fühlt so sehr mit den beiden mit.«
    »Was sagen sie ihr, die kleinen Mädchen, wie ihr Vater gestorben ist?«
    »Bei einem Autounfall. Vor zehn Tagen. Außerhalb von Moskau. Eine Tragödie. Vater und Mutter beide zugleich.«
    »Ja. War Tragödie. War Autounfall. Stinkeinfacher Autounfall. Stink normaler Autounfall. In Russland wir haben viel solchen Autounfall. Vier Männer, vier Kalaschnikows, vielleicht sechzig Kugeln, scheißegal. Das ist gottverdammter Autounfall, Professor. Zwanzig, dreißig Kugeln für jeden. Mein Mischa, mein Jünger, so jung noch, vierzig Jahre. Dima hat ihn zu Wory gebracht, hat ihn Mann gemacht.«
    Und in plötzlicher Wut:
    »Aber warum ich habe nicht beschützt mein Mischa? Warum ich lass ihn nach Moskau? Dass die Schweine von Dreckschwein-Prinz ihm zwanzig, dreißig Kugeln reinjagen. Dass sie Olga totschießen, schöne Schwester von mein Tamara, Mutter von Mischas kleine Mädchen. Warum ich hab ihn nicht beschützt? Du bist Professor! Du sagst mir, bitte, warum hab ich nicht beschützt mein Mischa?«
    Wenn es die Wut war und nicht die Lautstärke, die seiner Stimme solch ungeheure Kraft verlieh, dann ist es seine chamäleonhafte Natur, die es ihm nun erlaubt, diese Wut gegen ein bedrücktes slawisches Sinnieren zu vertauschen:
    »Okay. Kann sein, Olga, die Schwester von Tamara, sie istnicht so verdammt fromm«, gibt er einem Einwand statt, den Perry nicht erhoben hat. »Sag ich zu Mischa: ›Vielleicht dein Olga, sie schaut noch zu viel andern Männern nach, mit so ein Superarsch, wie sie hat. Vielleicht du hörst auf mit Rumficken, Mischa, bleibst lieber zu Hause wie ich jetzt, passt auf sie auf.‹« Seine Stimme senkt sich wieder zu einem Flüstern. »Dreißig gottverdammte Kugeln, Professor. Dieser Dreckschwein-Prinz muss bezahlen für dreißig Kugeln in mein Mischa.«
    * * *
    Perry war verstummt. Es war, als hätte irgendwo weit weg ein Gong das Ende der Stunde geschlagen, und nun, verspätet, hörte er es auch. Einen Augenblick schien er verblüfft, sich hier am Tisch wiederzufinden. Dann ging ein Ruck durch seinen langen, eckigen Körper, und er kam in der Gegenwart an.
    »Und das war’s mehr oder weniger«, sagte er in abschließendem Ton. »Dima sank ein Weilchen in sich zusammen, fuhr wieder hoch, schien nicht gleich zu wissen, wie ich hierherkam, wirkte empört darüber, fand sich dann damit ab, vergaß mich neuerlich, schlug sich die Hände vors Gesicht und murmelte auf Russisch vor sich hin. Dann stand er auf, fischte in seinem Satinhemd und riss das kleine Päckchen heraus, das ich meinem Dokument beigelegt habe«, fuhr er fort. »Gab es mir, umarmte mich. Es war ein emotionaler Moment.«
    »Für Sie beide.«
    »Auf ganz unterschiedliche Weise, ja. Doch, ich glaube, ja.«
    Plötzlich schien er es sehr eilig zu haben, zu Gail zurückzukommen.
    »Irgendwelche Anweisungen das Päckchen betreffend?«, erkundigte Hector sich, während sein kleiner Freund aus derzweiten Liga auf seine adrett gefalteten Hände hinablächelte.
    »Sicher. ›Bringst du das dein Apparatschiks, Professor. Ein Geschenk von Nummer-Eins-Geldwäscher von ganzer Welt. Sagst du, ich will Fairplay.‹ Genauso, wie ich es in meinem Dokument geschrieben habe.«
    »Irgendeine Vorstellung, was in dem Päckchen war?«
    »Nur Vermutungen. Es war in Watte gepackt und mit Frischhaltefolie umwickelt. Wie Sie ja gesehen haben. Ich nahm

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