Verruchte Begierde: Roman (German Edition)
erstaunlicher Effizienz und endloser Geduld entgegennahm, hatte schon seit Jahren eine Schwäche für den bärbeißigen Redakteur. »Du wirst dich niemals ändern, Pinkie. Du bist voreingenommen, stur, knurrig und berechenbar. Genau das ist es, was ich an dir liebe.« Sie pikste fröhlich in den Rettungsring, der über seinem Gürtel hing.
»Wie ist das Interview gelaufen?«
»Er war genauso ätzend wie sein Ruf.« Kari hatte morgens einen alternden Schauspieler besucht, der bisher vor allem in Comedy-Serien aufgetreten war, jetzt aber zum »richtigen Theater« gewechselt hatte und mit einer Truppe bei sogenannten Theater-Dinnern seine Kunst zum Besten gab. »Ich kann verstehen, warum seine diversen Serien derart den Bach runtergegangen sind. Er war unhöflich, widerlich und herablassend. Aber wie heißt es doch so schön? Wer zuletzt lacht, lacht am besten. Ich habe mir die Probe gestern Abend angesehen. Es war einfach grauenhaft. Ich hätte nicht gedacht, dass jemand ein tolles Neil-Simon-Stück derart ruinieren kann.«
Pinkie zerknüllte seinen leeren Becher, warf ihn Richtung Mülleimer und merkte nicht, dass er daneben traf. »Mach den alten Knacker ohne Rücksicht auf Verluste fertig, ja? Ich will Biss in meiner Sendung haben, selbst in deinem Unterhaltungsteil.«
Kari salutierte. »Zu Befehl, Herr General.«
Er verzog sein leuchtendes Gesicht zu einem Grinsen und zündete sich eine neue filterlose Zigarette an. »Das ist es, was ich an dir liebe. Du machst mir niemals irgendwelche Scherereien.« Er schlenderte in Richtung des Redaktionsraumes davon und rief ihr über die Schulter zu: »Außerdem hast du phänomenale Beine.«
Kari nahm das Kompliment als die neckische Geste zwischen Freunden, die es war. Pinkie war ihr Freund und ihr Verbündeter, seit sie fünf Jahre zuvor von WBTV unter Vertrag genommen worden war. Während andere sich von dem knurrigen Redakteur einschüchtern ließen, hatte sie als grüne Praktikantin ohne jedwede Erfahrung seinen Bluff nach ein paar Monaten durchschaut und sich dadurch seinen ewigen Respekt verdient. Sie sprach mit ihm, wie es kein anderer jemals wagen würde, und kam, weil sie sich gegenseitig wirklich mochten, damit durch. Sie wusste, dass er nicht mal annähernd so bissig war, wie er immer tat.
Pinkie sah in ihr eine engagierte, eifrige und gründliche Reporterin, bei der er sich darauf verlassen konnte, dass sie keinen »Bockmist« fabrizierte wie die meisten anderen, wenn man ihnen nicht andauernd auf die Finger sah. Er mochte auch ihre warme, herzliche Persönlichkeit und ihre ausgeprägte Weiblichkeit, und seine Hoffnung hatte sich bestätigt, dass die Zuschauer des Senders von ihr ebenso begeistert wären wie er selbst.
Als Kari zwei Jahre zuvor die Frau von Thomas Wynne geworden war, hatte Pinkie Angst gehabt, er würde sie verlieren. Doch sie hatte ihm versichert, dass sie ihre Arbeit weiterführen würde und dass Thomas damit einverstanden
war. »Bis wir beschließen, eine Familie zu gründen, will er, dass ich weiter tue und lasse, was ich will. Und ich will weiter für dich arbeiten«, hatte sie ihm erklärt.
»Vielleicht gerätst du dabei in einen Interessenkonflikt, Kari«, hatte Pinkie düster festgestellt. »Wie kannst du unvoreingenommen über die Politik in unserer Stadt berichten, wenn dein eigener Mann im Stadtrat sitzt?«
»Darüber habe ich auch schon nachgedacht. Und auch wenn ich es schrecklich finde, mich aus dem Bereich zurückzuziehen, habe ich wahrscheinlich keine andere Wahl.«
»Und was willst du stattdessen tun?«
»Ich habe bereits eine Idee. Wir wäre es, wenn die Nachrichtensendung einen Unterhaltungsteil bekäme?«
Seine weißen Augenbrauen waren hochgeschossen, dann aber hatte er nachdenklich die Stirn in Falten gelegt. »Was stellst du dir genau darunter vor?«
Er hatte auf ihre Urteilskraft und ihre Fähigkeit, ihre Idee erfolgreich umzusetzen, vertraut. Kari Stewarts Kritiken waren ein Highlight jeder Sendung. Sie war scharfsinnig und amüsant, ohne jemals bösartig oder beleidigend zu sein, und die Zuschauer beteten sie an.
Jetzt ging Kari in den Schneideraum, machte die Tür hinter sich zu, setzte sich auf einen Stuhl und fischte die Videokassette aus der überdimensionalen Tasche, die sie immer bei sich trug. Dann schob sie sich ihre blonde Lockenmähne aus dem Gesicht, steckte die Kassette in
den dafür vorgesehenen Schlitz des Schneidegeräts und sah sich das Interview, das sie vor kaum einer Stunde geführt
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