Verruchte Begierde: Roman (German Edition)
machte er sie sich noch mehr zur Feindin und setzte sich selber unnötigen Qualen aus. Aber er könnte nicht gehen, bevor er sie nicht auch noch wegen einer anderen Sache um Verzeihung bat.
Um klarer denken zu können, vergrößerte er den Abstand zwischen ihnen, baute sich vor ihrer Kommode auf und sah sich die Gegenstände, die sie täglich benutzte und gedankenlos berührte, an. Eine Bürste, eine goldene Armbanduhr, eine Flasche Parfüm. Am liebsten hätte er den Kristallflakon an seine Nase gehalten und den Duft tief eingeatmet, aber das wagte er nicht.
»Ich schulde Ihnen eine weitere Entschuldigung.« Seine ruhige Stimme hallte durch den Raum.
Sie atmete scharf ein, als hätte er nicht nur mit ihr gesprochen, sondern sie berührt. Sie wusste, was als Nächstes käme, doch es war undenkbar, dass er davon sprach. »Ich will nichts mehr hören«, flüsterte sie erstickt. »Gehen Sie.«
»Es tut mir leid, dass ich Sie geküsst habe.«
Ihr entfuhr ein Stöhnen, und eilig warf sie eine Hand vor ihren Mund. »Gehen Sie. Lassen Sie mich in Ruhe.«
»Oder vielmehr tut es mir leid, dass ich es getan habe, als Sie völlig wehrlos waren. Dass ich Sie geküsst habe, tut mir bestimmt nicht leid.«
Sie hob den Kopf und blickte auf sein Spiegelbild. »Hat es Ihnen nicht gereicht, den Ruf meines Mannes zu zerstören? Hat es Ihnen nicht gereicht, mich der Lächerlichkeit preiszugeben und dafür zu sorgen, dass ich mein Kind verliere?« Sie ballte ihre kleinen Fäuste, drosch wütend auf ihre Matratze ein, und ein Strom von Tränen rann ihr über das Gesicht. »Aber davon abgesehen
hatten Sie kein Recht, mich zu berühren, vor allem nicht … auf diese Art.«
Er schloss schuldbewusst die Augen. »Ich weiß.«
»Wie konnten Sie mich dann küssen?«, fragte sie erbost.
Er fuhr zu ihr herum. Er war nicht alleine schuld daran gewesen, dass es zu dem Kuss gekommen war. Sie hatte ihren Teil zu der Liebkosung beigetragen, und, bei Gott, er weigerte sich rundheraus, als der Alleinschuldige dazustehen. »Ich werde Ihnen sagen, wie.« Der Ton, den er bei diesen Worten anschlug, führte dazu, dass ihr Tränenstrom versiegte und sie erschrocken die Luft anhielt. »Ich wollte Sie schon küssen, als ich Sie zum ersten Mal gesehen habe. Sie können um sich treten und schreien, einen Tobsuchtsanfall bekommen und nach Ihren Wachhunden rufen, damit sie mich rauswerfen, aber so ist es nun einmal. Ich wollte Sie ganz einfach küssen. Und es hat nicht so gewirkt, als hätten Sie etwas dagegen. Tatsächlich haben Sie noch nicht mal zugelassen, dass ich mich von Ihnen löse, als ich merkte, was ich tat.«
»Ich habe … Sie sind mindestens dreißig Kilo schwerer als ich!«
Er wirkte ordnungsgemäß zerknirscht. Es war vollkommen absurd zu behaupten, er hätte sich nicht gegen sie wehren können. Trotzdem trat er abermals entschlossen ans Fußende des Betts. »Sie haben mich umarmt. Sie haben mich gestreichelt. Sie haben mich geküsst. Sie …«
»Hören Sie auf!«
»… haben den Mund geöffnet und …«
»Aufhören, habe ich gesagt!«
»… Sie haben mich zurückgeküsst.«
Sie fing an zu keuchen. »Ich war praktisch bewusstlos und habe geträumt. Ich habe ganz bestimmt nicht Sie geküsst. Ich dachte, Sie wären mein Mann!«
Hunter riss sich frustriert die Brille von der Nase, beugte sich vor und stützte sich links und rechts von ihren Beinen auf ihrer Matratze ab. »Nun, ich will Ihnen was sagen, Kari Stewart. Wenn ich Ihr Mann wäre, wäre ich ganz sicher nicht so dumm, etwas zu tun, wodurch ich Sie verlieren könnte.«
Die Bedeutung seiner Worte war unmissverständlich. Nämlich, dass ihr Mann so dumm gewesen war.
»Raus«, stieß sie zwischen zusammengebissenen Zähnen aus.
»Und Sie können es so lange leugnen, wie Sie wollen, aber Sie haben mich aktiv zurückgeküsst und diesen Kuss genossen.«
»Habe ich nicht!«
Er sah sie unter halb geschlossenen Lidern hervor an, beugte sich noch dichter über sie und erklärte nachdrücklich: »Sie sind eine Lügnerin!«
»Verschwinden Sie!«
Bei ihrem lauten Schrei kamen sofort ihre beiden Freunde angestürzt. Sie tauchten gerade rechtzeitig im Zimmer auf, um zu sehen, wie sich Hunter seelenruhig die Brille auf die Nase schob. Es schien ihn nicht zu stören, dass der Strauß mit gelben Rosen seinen Rücken traf, als er mit einem gemurmelten »Entschuldigung« an ihnen vorbei den Raum verließ, und einen Moment später fiel geräuschvoll die Wohnungstür ins Schloss.
5
Die
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