Verruchte Begierde: Roman (German Edition)
Genesungszeit kam ihr wie eine Strafe vor, aber irgendwie stand sie sie durch, und als sie endlich die ärztliche Musterung bestand und wieder arbeiten gehen durfte, musste sie sich eingestehen, dass die Zeit der völligen Ruhe durchaus gut für sie gewesen war.
Sie fühlte sich fast wie ein neuer Mensch. Seit Thomas’Tod waren fast fünf Monate vergangen. Es war Zeit, mit ihrem Leben fortzufahren. Vor ihrer Fehlgeburt hatte sie das Gefühl gehabt, sich in einer Art Schwebezustand zu befinden, jetzt aber hatte sie ein echtes Ziel – dafür zu sorgen, dass der kommissarische Bezirksstaatsanwalt von Denver seine wohlverdiente Strafe bekam.
Hunter McKee hatte die Verurteilung der Stadträte Parker und Haynes erreicht. Und obwohl Thomas tot und deshalb nicht mehr in der Lage war, sich zu verteidigen, hatte er ihn zusammen mit den beiden anderen dazu verurteilt, dass sein Name für alle Zeit mit Schande verbunden war. Das würde ihm Kari Stewart Wynne nicht vergessen und niemals verzeihen.
Sie war seit drei Wochen zurück am Sender, als sie ein Gerücht vernahm, das sie aus dem Schneideraum direkt zu Pinkie laufen ließ.
»Ich habe gerade gehört, dass Dick Johnson uns verlassen und bei KABC anfangen wird.«
Pinkie blies eine Wolke Zigarettenrauch in Richtung Decke. »Die Gerüchte machen hier schneller die Runde als die Zeiger der Uhren in einem Stundenhotel«, stieß er übellaunig aus. »Ich habe es selber erst vor einer Viertelstunde erfahren.«
»Ich will seinen Job.«
Pinkie runzelte die Stirn und sah sie reglos an, während er einem vorbeilaufenden Kameramann hinterherschrie, dass er sich seine Kamera schnappen und einen Reporter auf dem Hubschrauberlandeplatz treffen sollte. »Eine Explosion in einem Chemiewerk, also nimm genug Kassetten mit«, rief er ihm noch nach und wandte sich dann wieder Kari zu. »Lass uns reden.«
Sie folgte ihm in sein Büro, in dem er nur sehr selten war. Der von Glaswänden umgebene Raum lag direkt neben der Redaktion, damit er immer sehen konnte, was passierte und wer frei und wer beschäftigt war. Wenn Pinkie jemanden in dieses Zimmer bat, ging es meistens um ein ernsthaftes Gespräch. Er machte die Tür hinter sich zu, setzte sich hinter seinen Schreibtisch, und Kari nahm ihm gegenüber Platz.
»Warum?«, fragte er ohne Umschweife.
Sie blinzelte verwirrt. »Warum was?«
»Warum willst du wieder ins Politikressort?«
»Da war ich auch schon, bevor ich Thomas geheiratet habe. Du weißt, weshalb ich den Posten damals aufgegeben habe, und du weißt auch, dass das Ressort immer meine große Liebe war.«
»Uh-huh.« Pinkie klang nicht überzeugt. Er zündete
sich die nächste Zigarette an und sah ihr durch den aufsteigenden Rauch hindurch reglos ins Gesicht. »Du hast dir im Unterhaltungssektor eine hübsche Nische eingerichtet.«
»Aber sie langweilt mich, Pinkie. Mir fehlt die Politik. Und ich habe im Rathaus noch immer wirklich gute Quellen.«
»Das hast du echt schön gesagt, Kari, aber ich bin nicht auf den Kopf gefallen.« Er stützte seine kurzen, dicken Arme auf der Schreibtischplatte ab und beugte sich ein wenig vor. »Du willst diesen Job, damit du Hunter McKee fertigmachen kannst.«
Sie blickte schuldbewusst auf ihre Hände. »Ich bin eine gute Journalistin, Pinkie. Ich würde meine journalistische Urteilskraft nicht durch meine persönlichen Gefühle trüben lassen.«
Er starrte sie durchdringend an, und sie erklärte nachdrücklich: »Ganz sicher nicht!«
Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und stellte einen Fuß auf dem Rand des Schreibtischs ab. »Und was wird aus deinem bisherigen Job? Rein hypothetisch. Ich habe nämlich nicht gesagt, dass du den anderen Job bekommst.«
»Gib den Sally Jenkins. Als sie mich vertreten hat, hat sie ihre Sache doch ganz gut gemacht.«
»Du kennst dieses Metier, Kari. Die Regeln sind knallhart. Manchmal kommt man aus dem Urlaub zurück und muss erfahren, dass man keinen Job mehr hat. Wenn du den Job an Miss T. und A. abtrittst und den anderen Job vermasselst, gibt es für dich kein Zurück mehr. Bist du bereit, dieses Wagnis einzugehen?«
»Ich werde ihn nicht vermasseln. Glaubst du etwa nicht mehr an meine Fähigkeiten?«
»Doch. Aber ich glaube auch, dass du entsetzlich stur und leidenschaftlich bist. Du hegst diesen Groll gegen den Staatsanwalt und …«
»Ich hege keinen Groll!«
»Red doch keinen Unsinn«, fuhr Pinkie sie rüde an. »Spiel keine Wortspiele mit mir. Wahrscheinlich ist das Gefühl, das du dem
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