Verruchte Begierde: Roman (German Edition)
Oder können Sie sich vorstellen, dass er dreiundvierzig Mal auf seinen Vater eingestochen hat, ohne ihn umbringen zu wollen?« Auf dem Tisch lag eine ganze Auswahl
Junk-Food aus dem Süßigkeitenautomaten, und Hunter griff nach einer cremegefüllten Biskuitschnitte, wickelte sie aus, sah sie argwöhnisch von allen Seiten an, biss dann aber hinein. »Mein Urteil steht fest. Ich habe den Jungen vernommen und die Berichte gelesen. Er ist ein durch und durch gewissenloses Subjekt.«
»Aber die Verteidigung wird das niedrige sozioökonomische Niveau der Familie, die engen Wohnverhältnisse, die verantwortungslose Mutter, den Missbrauch des Jungen durch den alkoholabhängigen Vater und …«
»Sie sollten in Kari Stewarts Lager wechseln«, warf Hunter trocken ein. »Genauso redet sie auch immer.«
»Sie hat Sie ganz schön auf dem Kieker«, stellte Guy mit einem leisen Lachen fest.
»Allerdings, und dieses Verfahren ist bestimmt ganz nach ihrem Geschmack. Es wird ihr die Munition geben, die sie braucht, um mich erneut als Oberschurken dastehen zu lassen, und ich kann nur hoffen, dass die Leute ihr nicht glauben, es würde mir Freude machen, dafür zu sorgen, dass der Junge die Höchststrafe bekommt. Aber ich muss es nun mal tun. Dafür werde ich bezahlt.«
Er stopfte die Hände in die Hosentaschen, trat ans Fenster und blickte in den spätabendlichen Regen, der gegen die Scheibe schlug. Die Lichter der Scheinwerfer der Wagen, die sich in den nassen Straßen spiegelten, sahen wie verschwommene rote und weiße Bänder aus. Inzwischen hatte sich in den Regen Schnee gemischt, und Hunters Blick wanderte über die Skyline, bis er den WBTV-Turm sah.
Ob sie noch am Sender war? Wahrscheinlich nicht.
Schließlich war es schon spät. Er hoffte, dass sie nicht mehr hinter ihrem Schreibtisch saß. Denn schließlich wäre es gefährlich, führe sie so spät alleine heim.
Weshalb, zum Teufel, ging ihm das jetzt durch den Kopf?
Es war eindeutig, dass sie ihn verachtete. Sie hatte es sich zum Ziel gesetzt, dafür zu sorgen, dass die Öffentlichkeit ihn im besten Fall als fürchterlichen Stümper und im schlimmsten Fall als politischen Manipulator sah. Und trotzdem stand er hier wie ein Idiot und machte sich Gedanken darüber, dass sie vielleicht allein auf glatten Straßen unterwegs wäre und ihr etwas geschah.
Gib’s zu, Kumpel, du denkst die ganze Zeit an sie.
Genau das war das Problem. Er verfolgte wütend ihre Berichte im Fernsehen, und dann ging er ins Bett und hatte erotische Träume von ihr, sobald er die Augen schloss. Was für einen Mann, der für gewöhnlich durch und durch pragmatisch war, nicht den geringsten Sinn ergab.
Er war sogar so weit gegangen, seine Motive für sein Vorgehen im Fall der unterschlagenen öffentlichen Gelder eingehend zu hinterfragen. Hatte er auch Wynne als Täter präsentieren wollen, weil er dessen Witwe hoffnungslos verfallen war? Er stellte kaum eine Entscheidung je in Frage, nachdem sie einmal von ihm getroffen worden war. Hatte sich bisher noch nie so gründlich selbst analysiert.
Doch egal, wie oft er diese Frage in Gedanken durchging, wusste er, er hatte eindeutig das Richtige getan. Er hatte sich die ganze Zeit im Rahmen der Gesetze bewegt
und nur seine Pflicht erfüllt. Dass es dieser Frau gelungen war, Zweifel an sich selbst in ihm zu wecken, zeigte nur, wie groß ihr Einfluss auf ihn war.
»Dieses Mal werde ich ihr das Maul stopfen«, erklärte er im Ton größter Entschlossenheit.
Guy verschluckte sich an der lauwarmen Cola, die er gerade trank. »Sie wollen Kari Stewart einen Maulkorb verpassen? Wie?«
»Indem ich den Richter dazu bringe, Kameras aus dem Gerichtssaal zu verbannen. Und ohne passenden Film zu ihrem Bericht kann sie kaum was ausrichten. Dieser Fall ist wirklich heiß. Er hat es bereits landesweit in die Nachrichten geschafft. Und unsere Arbeit wird schon schwer genug, ohne dass der Prozess in eine Zirkusaufführung verwandelt wird.«
»Dieser Richter liebt seine Publicity, Hunter. Glauben Sie, er wird dem Antrag stattgeben?«
Hunter kehrte hinter seinen Schreibtisch zurück, ließ sich wieder in seinen Sessel sinken, setzte seine Brille auf und schlug den nächsten Aktenordner auf. »Ich werde alles in meiner Macht Stehende dafür tun.«
Doch es genügte nicht. Der Richter wies den Antrag ab. »Lassen Sie uns ein, zwei Tage abwarten und sehen, wie es läuft. Wenn es so chaotisch wird, wie Sie vorhersagen, denke ich noch mal darüber nach.«
Fluchend
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