Verruchte Begierde: Roman (German Edition)
Temperament schon wieder mit ihm durchgegangen war. Um ihre eigene Verlegenheit zu überspielen, rieb sie sich den Arm, damit er dächte, er hätte sie tatsächlich zu hart angefasst.
Sie nahm das Gespräch mit herablassender Stimme
wieder auf, als spräche sie mit einem Rohling, der von ihr in seine Schranken verwiesen worden war. »Es stand kein Bewacher vor der Tür, und ich bin einfach reinmarschiert.«
Sie hatte ihn noch lange nicht in seine Schranken verwiesen, merkte sie. Denn er hakte unbarmherzig nach. »Jemand hat Ihnen die Zimmernummer gegeben. Wer?«
»Ist das Gespräch noch immer inoffiziell?«
»Ganz sicher nicht! Ich werde mich von hier aus auf direktem Weg ins Krankenhaus begeben und den Angestellten die Leviten lesen«, knurrte er.
»Dann tut es mir leid, Mr McKee. Ich enthülle meine Quellen nie . Das ist, wie Sie wissen sollten, bei Journalisten, denen ihre Glaubwürdigkeit am Herzen liegt, ein ungeschriebenes Gesetz.«
Er zitterte vor Wut, und Kari empfand die Euphorie eines Triumphs. Sie hatte ihn genau dorthin gebracht, wo sie ihn haben wollte. Er war erniedrigt und frustriert und konnte nichts dagegen tun. Hatte sie nicht auf genau dieselbe Art gelitten, als Thomas von ihm schwerer Vergehen bezichtigt worden war?
Doch sie sollte bald erfahren, dass Hunter McKee sich nicht so schnell geschlagen gab. Zumindest jetzt noch nicht. Er trat so dicht vor sie, dass seine Jacke über ihre Bluse strich. Näher konnte er nicht kommen, ohne sie tatsächlich zu berühren. Er lenkte den Blick seiner phänomenalen Augen auf ihren lächelnden Mund und stellte leise fest: »Sie fordern die Probleme geradezu heraus.«
Er sah noch immer auf ihren Mund, allerdings hielt
sie seinem Blick entschlossen stand. Oh nein, sie würde ihn nicht merken lassen, dass sie diese eingehende Musterung als höchst beunruhigend empfand. Schließlich aber hielt sie es nicht länger aus, fuhr sich mit der Zungenspitze über die trockenen Lippen und stieß mit rauer Stimme aus: »Ich habe keine Angst vor Ihnen.«
Das Zucken seiner Mundwinkel verriet seinen Wunsch zu grinsen. Langsam wanderte sein Blick an ihr herauf, und als er ihr in die Augen sah, sank ihr der Magen in die Kniekehlen.
»Ich glaube, doch.«
Ohne ein weiteres Wort machte er auf dem Absatz kehrt und ging.
»Diesmal haben Sie es wirklich schwer.«
Hunter, der mit hochgelegten Füßen hinter seinem Schreibtisch saß, nahm seine Brille ab und rieb sich die Augen. »Das ist mir klar. Bereits die Auswahl der Geschworenen war ein echter Knochenjob.«
Guy Brady und er hatten stundenlang Akten und juristische Fachbücher gewälzt. Es war spät, und er war hundemüde. Schließlich stellte er die Füße wieder auf dem Boden ab, stand auf, streckte sich, bog seinen Rücken durch und bohrte sich die Fäuste in das schmerzende Kreuz.
»Wobei die Entscheidung des Richters ein erster Durchbruch für uns war. Jetzt können wir den Jungen wenigstens nach Erwachsenenrecht verurteilen.«
Das Interview mit Hopkins lag inzwischen vier Wochen zurück. Hopkins war nie vor Gericht erschienen, denn den ausführlichen psychiatrischen Gutachten
verschiedener Ärzte zufolge war er mental nicht in der Lage, eine Verhandlung durchzustehen. Er war in eine psychiatrische Klinik eingewiesen worden unter der Bedingung, dass er noch für den Mord an seiner Frau zur Rechenschaft gezogen werden könnte, falls man ihn je wieder entließ.
Der aktuelle Fall war ebenso brisant. Wollte Hunter nicht einen Mörder wieder in die Gesellschaft entlassen, hatte er keine andere Wahl, als bis an die Grenzen des Möglichen zu gehen.
Guy blickte stirnrunzelnd auf seine handschriftlichen Notizen. »Bestimmt werden irgendwelche Gutmenschen einen Riesenaufstand veranstalten. Warum muss er erst sechzehn sein?«
»Auch wenn er dem Pass nach sechzehn ist«, spielte Hunter den Advokat des Teufels, »hat er bereits weit mehr auf dem Kerbholz als viele erwachsene Straftäter. Haben Sie sein Vorstrafenregister gesehen? Es ist länger als mein Arm. Dieb, Einbruch, Raub, tätlicher Angriff, Vandalismus, Drogen- und Waffenbesitz. Er ist also ganz eindeutig kein durchschnittlicher Teenie. Seit seinem neunten Lebensjahr hat er uns nur Scherereien gemacht. Es war klar, dass er irgendwann auch einen Mord begehen würde. Und jetzt ist es passiert.«
»Er plädiert auf Notwehr. Was verdammt schwer zu beweisen ist.«
»Das ist Sache der Verteidigung. Ich denke, der Bericht des Pathologen spricht für unsere Theorie.
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